Illustration von Kindern und Schüler:innen im Schulalltag

Schulen können die Demokratie noch stärker machen – wenn sie richtig unterstützt werden

Wenn junge Menschen an der Gestaltung von Unterricht und Schulleben beteiligt werden, fördert das nicht nur ihre Persönlichkeitsentwicklung und Lernbereitschaft, sondern auch ihre demokratischen Kompetenzen. Vor allem Ganztagsschulen zeigen, dass Mitbestimmung gelingen kann. Insgesamt gibt es jedoch Verbesserungsbedarf. Um das Potenzial zu nutzen, brauchen Schulen Unterstützung seitens der Politik und Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung.

Ansprechpartner

Foto Arne-Christoph Halle
Arne-Christoph Halle
Senior Project Manager

Content

Schulen sind mehr als Lernorte – sie sind Orte, an denen junge Menschen Demokratie erfahren und gestalten können. Unsere neuen Daten zeigen: Dort, wo Schüler:innen mehr mitbestimmen können, sind ihre demokratischen Kompetenzen und die empfundene Selbstwirksamkeit ausgeprägter. Sie trauen sich eher zu, vor der Klasse über ein politisches Thema zu sprechen, eine Debatte zu verfolgen sowie den eigenen Standpunkt zu begründen. Das gilt insbesondere für Schulen mit Ganztagsangebot.

Zugleich geht aus der Studie "Demokratisierung des Lernens in Schule" hervor, dass sich das demokratische Potenzial der jungen Menschen besser fördern ließe: So geben 63 Prozent der befragten Schüler:innen an, selten oder nie darüber mitbestimmen zu können, welche Themen und Inhalte sie im Unterricht bearbeiten. 55 Prozent berichten, dass sie kaum Einfluss auf die verwendeten Methoden und Materialien nehmen können. Auch bei der Feedback-Kultur gibt es Luft nach oben: 41 Prozent können den Lehrkräften selten oder nie mitteilen, was sie am Unterricht gut oder schlecht finden. Nur die Hälfte glaubt, Entscheidungen beeinflussen zu können, die die ganze Schule betreffen. Insbesondere in Gymnasien ohne Ganztagsangebot erleben die Schüler:innen wenig Möglichkeiten der Mitbestimmung.

Unsere Demokratie braucht engagierte junge Menschen, die gelernt haben, ihre Stimme zu erheben, unterschiedliche Perspektiven einzubeziehen und Kompromisse zu finden. Schulen können dazu einen entscheidenden Beitrag leisten – wenn wir ihnen die richtigen Rahmenbedingungen geben.

Brigitte Mohn, Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung

Mehr Beteiligung führt zu besseren Lernbedingungen

Wissenschaftlich erwiesen ist zudem: Wenn Schüler:innen mitentscheiden dürfen, was und wie sie lernen, steigt ihre Motivation im Unterricht. Sie fühlen sich ernst genommen und übernehmen mehr Verantwortung für ihren Lernprozess, wodurch sie gefordert und gefördert werden. Außerdem lässt sich der Unterricht besser auf die Schüler:innen zuschneiden, was Bildungserfolg und Chancengleichheit erhöht. Die Stiftung plädiert daher dafür, über alle Schulformen hinweg jungen Menschen die Chance zur Mitgestaltung zu geben: "Eine zukunftsfähige Schule ist ohne Beteiligung nicht mehr vorstellbar", sagt Arne Halle, unser Experte für schulische Bildung.

Mit verschiedenen Initiativen haben wir bereits Wege aufgezeigt, wie Demokratiebildung an Schulen gelingen kann - von Projekten wie jungbewegt über Demokratiekosmos Schule bis hin zum kommunalen Monitoring UWE. Auch der "Themenpreis Demokratie", der in diesem Jahr von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Rahmen des Deutschen Schulpreises am 30. September verliehen wird, würdigt Schulen, die Demokratie vorbildlich in ihren Alltag integrieren.

Beteiligung ist vor allem eine Frage der Haltung

Damit Schulen flächendeckend die Potenziale für die Demokratiebildung ausschöpfen können, brauchen sie Unterstützung auf mehreren Ebenen. Unsere Stiftung empfiehlt den Bundesländern, Schulen Instrumente zur Verfügung zu stellen, um Feedback von Schüler:innen verbindlich und regelmäßig einzubeziehen. Dabei kann es sich um digitale Befragungen handeln, die auch die Schüler:innen selbst durchführen können. Ebenso gefragt sind Konzepte für eine veränderte Lern- und Prüfungskultur, in der Schüler:innen stärker mitbestimmen, was und wie sie lernen. Dafür bräuchten Schulen mehr Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung sowie flexiblere Lehrpläne. Zentral ist zudem, Schulleitungen und Lehrkräfte durch gezielte Angebote zu qualifizieren und ihnen das Wissen zu vermitteln, um mehr Beteiligung sinnvoll umsetzen zu können. Nicht zuletzt ist es wichtig, die Mitbestimmungsrechte der Schülervertretungen zu stärken und sie enger in schulpolitische Diskussionen einzubinden.

Grundlegende Voraussetzung ist jedoch ein Mentalitätswandel vor allem in Schulpolitik und -verwaltung. Mit den entsprechenden Rahmenbedingungen kann es nach Ansicht der Autor:innen unabhängig von Schulart und Ganztagstyp gelingen, Schüler:innen an der Gestaltung von Unterricht und Schulleben stärker zu beteiligen. "Den Auftrag, junge Menschen für das Leben in einer sich schnell verändernden Gesellschaft vorzubereiten, können Schulen nur erfüllen, wenn sie sich selbst verändern. Dafür brauchen sie die politische Rückendeckung, die Mittel und die nötigen Freiheiten", erklärt Halle.

Studie

Materialien