Bürger an der Gesetzgebung zu beteiligen ist in Deutschland bisher noch weitgehend Neuland. In Baden-Württemberg und in Rheinland-Pfalz haben die Landesregierungen ihre traditionellen Gesetzgebungsverfahren geöffnet. In transparenten Verfahren mit unterschiedlichen innovativen Formen der Face-to-Face- und der Online-Beteiligung ermöglichte die Exekutive Bürgern, Gesetzesvorhaben zu kommentieren und inhaltlich mit zu entwickeln. Die Bertelsmann Stiftung nennt dies "Partizipative Gesetzgebungsverfahren".
Unsere neuen Studien zeigen, dass die Bürger bereit sind, sich konstruktiv in komplizierte landespolitische Themen einzubringen. In beiden Bundesländern haben sie wertvolle Anregungen und Kommentare beigesteuert und das Gesetzesvorhaben damit bereichert. "In Zeiten eines zunehmend populistischen Klimas und einer wachsenden Distanz zwischen der Politik und den Bürgern sind partizipative Gesetzgebungsverfahren ein ermutigender Ansatz für ein konstruktives Zusammenspiel von Politik, Verwaltung und Bürgern", kommentiert Projektleiterin Anna Renkamp die Ergebnisse. "Bürger können auf diesem Wege direkt Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Je frühzeitiger sie beteiligt werden, desto größer ist dieser 'partizipative Fußabdruck', den sie im Gesetz hinterlassen." Beim Integrierten Energie- und Klimaschutzkonzept Baden-Württembergs etwa wurden zirka 25 Prozent der Bürgervorschläge in den Gesetzestext aufgenommen.
Bürger an Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen, bedeutet für die Exekutive zwar Mehraufwand. Jedoch überwiegen deutlich die Vorteile, denn so kann die Regierung dem Landtag einen qualitativ hochwertigen Gesetzentwurf vorlegen. Viele Landtagsabgeordnete bewerten die Bürgerbeteiligung positiv, weil sie so mehr daüber erfahren, wie die Bürger - und damit die Betroffenen - ein Gesetzesvorhaben einschätzen.