Von links Irans Staatspräsident Rohani, Russlands Präsident Putin und der Präsident der Türkei Erdogan

Gegner oder Partner? Die EU und die Nachbarn ihrer Nachbarn

Politische Entscheidungen Russlands, der Türkei, Irans und Saudi-Arabiens wirken sich unmittelbar aus auf Stabilität und Wohlstand in der Nachbarschaft der Europäischen Union sowie auf die EU selbst. In einer neuen Projektinitiative der Bertelsmann Stiftung, in deren Mittelpunkt die EU-Nachbarn stehen, analysieren Länderexperten deshalb auch die Interessen dieser „Schlüsselstaaten“, sowie die Ziele ihrer Politik und Interdependenzen untereinander und im Verhältnis zur EU.

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Aktuell wirft die Offensive auf Idlib, eine Region im Norden Syriens, in der fast drei Millionen Menschen leben, viele Fragen auf. Das sind neben der Lage der Zivilbevölkerung und zu erwartenden Flüchtlingsströmen etwa Ungewissheiten zu Motivation, Handlungen und Positionierungen Russlands, Irans und der Türkei im Nahen Osten. Entsprechend viel beachtet ist das für Freitag, 7. September, in Teheran anstehende Gipfeltreffen der Staatschefs der drei genannten Länder.

Der EU und ihren Mitgliedstaaten ist daran gelegen, dass ihre unmittelbaren Nachbarn einen „Ring stabiler, befreundeter Staaten“ bilden. Das sind in der südlichen Nachbarschaft neben Syrien noch Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten, Israel, die palästinensischen Gebiete, Jordanien und Libanon, im Osten der Nachbarschaft und seit 2009 unter dem Dach der „Östlichen Partnerschaft“ Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau und die Ukraine.

Aber die „Nachbarn der Nachbarn“ Russland, die Türkei, Iran und Saudi-Arabien spielen in der gemeinsamen Nachbarschaft eine aktive Rolle. Werte- und Interessenkonflikte haben zugenommen. Die Reformen, die Brüssel anregt, stehen häufig in Konkurrenz zu Handlungen der "Schlüsselstaaten", denen es ihrerseits weder auf Rechtsstaatlichkeit und Grundfreiheiten noch auf Strukturreformen in den Nachbarländern ankommt.

Es ist selbstverständlich, dass die Nachbarschaftspolitik der EU die Interessen der Nachbarn im Vordergrund sieht. Darüber hinaus gilt es aber, die Interessen der "Nachbarn der Nachbarn" richtig zu erfassen – und einordnen zu können, wie sich diese auf die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in der gemeinsamen Nachbarschaft auswirken. Dasselbe gilt für die Interdependenzen zwischen der EU und den "Schlüsselstaaten" und zwischen den "Schlüsselstaaten" untereinander.

Themen-Landkarte: Schlüsselstaaten und EU

Das Projekt "Strategien für die EU-Nachbarschaft" hat im Rahmen des Programms "Europas Zukunft" eine Strategiegruppe aus unabhängigen Länderexpertinnen und -experten ins Leben gerufen, um die Politik der aufgrund ihrer geographischen Nähe und Geschichte ausgewählten "Schlüsselstaaten" umfassend zu untersuchen. Das vorliegende Papier bietet einen ersten Überblick und Hintergrundwissen, um die komplexe Gemengelage in den betroffenen Regionen besser einordnen zu können. In den kommenden Monaten werden weitere Policy Briefs die Initiative ergänzen und vertiefen.