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Deutsche Schuldenbremse auf dem Prüfstand

Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November 2023 hat die Frage der Finanzierung wichtiger gesamtgesellschaftlicher Herausforderungen wie die der ökologischen Transformation erneut in den Mittelpunkt der politischen Auseinandersetzung gebracht. Wieder einmal stellt sich damit auch die Frage nach der Angemessenheit und Zukunftsfähigkeit der deutschen Schuldenbremse, die die Neuverschuldung des Bundes- und der Länderhaushalte grundgesetzlich regelt. Unser neues Focus Paper führt einige grundlegende Überlegungen zu den Chancen und Risiken höherer staatlicher Verschuldung zusammen, bettet sie in den aktuellen Kontext ein und gibt Handlungsempfehlungen für die Politik.

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Dr. Thieß Petersen
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Dr. Marcus Wortmann
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Inhalt

Deutschland sieht sich zahlreichen großen und zeitgleich zu bewältigenden Herausforderungen gegenüber: Während der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine auch unsere Sicherheit bedroht, wird uns insbesondere durch die Umwelt- und Klimakrisen eine beispiellose ökologische Transformation abverlangt. Gleichzeitig dürfte sich der globale Standort- und Systemwettbewerb verschärfen, sodass der Konkurrenzdruck gerade auf heimische Industrieunternehmen steigt. Mit dem demografischen Wandel wird es hierzulande nicht nur schwieriger werden, ausreichend Fachkräfte zu finden, sondern auch die Finanzierung öffentlicher Investitionen sicherzustellen, die zum Erhalt der Standortattraktivität in der Transformation nötig sind.

Diskussion um Angemessenheit höherer Schulden

Entsprechend hohe Finanzbedarfe werden in den kritischen staatlichen Handlungsfeldern von der Bildung, über die Infrastruktur und Dekarbonisierung bis zur Verteidigung prognostiziert. Doch was spricht für und was spricht gegen eine Ausweitung der Neuverschuldung zur Finanzierung (zusätzlicher) öffentlicher Ausgaben? Zu welchen Zwecken und in welcher Höhe wäre sie angemessen? Dahinter liegen sehr unterschiedliche Vorstellungen über die Rolle des Staates in der Wirtschaft und ihrer Transformation sowie die wirtschaftspolitischen Ansätze, mithilfe derer ökonomische, ökologische und soziale Ziele erreicht werden sollen. Auch die finanziellen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind für die Bewertung der Angemessenheit höherer Schulden unbedingt zu berücksichtigen. Der Vergleich mit anderen Industrienationen zeigt etwa, dass Deutschland sich hinsichtlich der Schuldenquote auf einem vergleichsweise vorteilhaften Niveau befindet (Abbildung 1).

Diskussion um Reform der Schuldenregeln

Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gab es zahlreiche Forderungen nach einer Reform der deutschen Schuldenbremse. Doch selbst wenn man zu dem Schluss gelangt, dass schuldenfinanzierte öffentliche Investitionen in Zukunft wahrscheinlich in größerem Umfang nötig sein werden, welche Vor- und Nachteile sind dann mit den verschiedenen Reformvorschlägen oder mit anderen Lösungen verbunden? Wie kann gewährleistet werden, dass einerseits genügend fiskalischer Spielraum zur Bewältigung zentraler Herausforderungen existiert und andererseits die Tragfähigkeit öffentlicher Finanzen sichergestellt bleibt? Auf diese Fragen soll das Focus Paper Antworten geben.

Auf Grundlage der Analyse volkswirtschaftlicher Zusammenhänge und Kennzahlen sowie der Abwägung verschiedenster Argumente und Reformvorschläge leistet das Papier einen Beitrag zur Versachlichung und Einordnung der aufgeheizten Debatte über eine zukunftsfähige Finanzpolitik. Es werden Kriterien aufgezeigt, die bei einer Reform der Schuldenbremse Berücksichtigung finden sollten, um angesichts der großen Herausforderungen unserer Zeit staatliche Handlungsfähigkeit, finanzpolitische Tragfähigkeit und Generationengerechtigkeit in Einklang zu bringen.

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