Mikrofon und Laptop zum podcasten

„Von den unterschiedlichen Communities aus denken!“

In den meisten Fällen wird über Schutzsuchende aus der Ukraine, Geflüchtete aus Syrien und anderen Ländern berichtet. Das gilt selbst für hier aufgewachsene Menschen aus Einwanderungsfamilien. Selten sind sie selbst diejenigen, die in Medien berichten oder gar als Journalist:innen in Print, Film und Funk wirken. Ihre Perspektive zu Wort kommen zu lassen und Menschen mit Migrationsgeschichte eine Plattform zu bieten, ist dabei ein wichtiges Ziel. Es geht hierbei sowohl um Empowerment als auch um eine Sensibilisierung der Gesellschaft für Vielfalt und Empathie.

Inhalt

Es wurden zwei Ansätze in unserem Willkommen: Online Austausch – Journalist:innen mit Flucht- und Migrationsgeschichte in Print, Film und Funk vorgestellt: das  Redaktionsnetzwerk AMAL, gegründet von Julia Gerlach, das von Journalistinnen aus der Ukraine, aus Syrien, Afghanistan, Ägypten und Iran als Nachrichtenplattform betrieben wird. Zum zweiten Nalan Sipar, die als freie Journalistin und Reporterin u.a. für den WDR und den Spiegel arbeitet. Sie betreibt einen YouTube-Kanal für die deutsch-türkische Community und moderierte die deutsch-türkische Kindersendung "Kelebek" (Schmetterling) für den WDR5. Für die Deutsche Welle entwickelte und moderierte sie das Kommentar-Format „Echt?!“ 

Amal, so Julia Gerlach, ist „wie eine Tageszeitung, aber nicht auf Deutsch, sondern Farsi, arabisch, ukrainisch oder in anderen Sprachen“. Berichtet wird über Kriminalfakten, erfolgreiche Leute, Ereignisse, die die Leute bewegen. Entstanden ist Amal 2015 am Küchentisch, berichtet Jutta Gerlach. Sie und ihre Schwester wollten einen Beitrag zur Aufnahme und Integration der Kriegsflüchtlinge aus Syrien leisten. Journalist:innen aus dem Bürgerkriegsland Syrien und aus anderen Herkunftsländern sollten die Möglichkeit erhalten, in Deutschland redaktionell tätig zu werden. Starthilfe kam von der evangelischen Kirche. Inzwischen besteht Amal in Berlin, Hamburg und Frankfurt. 25-26 Stellen wurden geschaffen. Auf Facebook werden 247.493 Follower erreicht. Und die Journalist:innen sind froh, aktiv einen Beitrag leisten zu können, „meaningful“ tätig zu sein. Einer wird zitiert: „Es ist schön einen Platz gefunden zu haben“.

Nalan Sipar ist Politikwissenschaftlerin und Publizistin. Das war ein weiter Weg: als Kurdin von Istanbul nach Bielefeld. Über den WDR kam sie, die den 1. Preis von WDR Cosmo erhielt, zum Journalismus. Danach machte sie ihr journalistisches Volontariat bei der Deutschen Welle. Ein Aha-Erlebnis war die Corona-Pandemie, als viele Menschen der türkeistämmigen Community in Deutschland türkische Medien schauten und Desinformation zur Covid Pandemie erhielten. „Bitte veröffentlichen Sie ein kurzes Aufklärungsvideo auf Türkisch!“, appellierte Nalan Sipar damals an Bundeskanzlerin Merkel. Es gab einen großen Bedarf an Informationen in türkischer Sprache zum Thema Gesundheit. In ihrem YouTube-Beitrag erklärt sie, wie man Schnelltests durchführe. Ein späteres Video mit Bundeskanzler Scholz erhielt rund 1.900 „likes“. „Storytelling funktioniert in jeder Community anders“, so Nalan Sipar. Wichtig ist beispielsweise Vertrauen. Themen, die man künftig auf Türkisch oder anderen Sprachen angehen sollte: Klima, Gesundheit oder die Frage: Wie funktioniert eigentlich Kommune? Zudem empfiehlt sie: „Einfach dahin gehen, wo die Leute aus den Communities sind!“ Für die deutsch-türkische Community seien es Social Media Plattformen wie YouTube, Instagram oder TikTok.

Der anschließende Austausch machte deutlich, dass auch die Akteure vor Ort von den Profis lernen können: „Von den verschiedenen Communities her denken“, so wurde ein wichtiges Prinzip auf den Punkt gebracht. Wir sollten die Perspektive wechseln, meinte eine Teilnehmerin: nicht von uns aus denken, was wir als Kommunalverwaltung vermitteln wollen, sondern von unseren Zielgruppen her denken, wie wir sie am besten erreichen können. Auch über Social Media. Und – wie wir sie auch als Akteur:innen einbeziehen und empowern können.

Der nächste Online-Austausch von Bertelsmann Stiftung und Welcome Alliance (welcome-alliance.org) findet am 17. Oktober statt. Das Format wird einmal pro Monat, dienstags in der Mittagszeit, in der Regel von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr angeboten.