Am 08. April 2014 trafen sich rund 120 Fachleute aus Kommunen, Politik, Vereinen und Verbänden in der Landesvertretung Nordrhein Westfalen in Berlin, um sich über freiwilliges Engagement auf lokaler Ebene auszutauschen. Eingeladen zur Veranstaltung hatten das Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW, die Herbert Quandt Stiftung sowie das Stiftungsprojekt "Zivilgesellschaft in Zahlen".
Im Zentrum der Veranstaltung stand hierbei die Frage, wie Chancen für die Zusammenarbeit zwischen engagierten Bürgern und politisch Verantwortlichen erkannt und besser genutzt werden können, um das freiwillige Engagement auf kommunaler Ebene stärker zu fördern. Dr. Holger Krimmer vom Stifterverband für die deutsche Wissenschaft stellte zunächst die wichtigsten Ergebnisse des ZiviZ-Survey 2012 vor. Die hier erhobenen Daten zeigen, dass von den über 618.000 zivilgesellschaftlichen Organisationen in der Bundesrepublik mehr als 80 Prozent Vereine sind. "Heute gibt es sieben Mal mehr Vereine als vor 50 Jahren und die Mehrzahl - also gut Dreiviertel von ihnen - arbeitet rein ehrenamtlich. Informelle Strukturen sind nicht die Ausnahme. Wir konnten bei unseren Untersuchungen keine Ehrenamtskrise oder gar ein Vereinssterben feststellen", erklärte Dr. Holger Krimmer. Bei traditionellen Vereinen wie beim Sport oder Karneval sei ein Mitgliederrückgang zu verzeichnen, der aber durch Steigerungen im Umwelt- und Naturschutz, im Bildungs- und Gesundheitswesen oder bei sozialen Diensten mehr als ausgeglichen werde. Krimmer betonte "die wichtige Rolle der Städte und Gemeinden bei der finanziellen und strukturellen Förderung von Engagement. Ein Drittel der Organisationen erhält öffentliche Mittel. Die Kommunen stellen das Gros der öffentlichen Mittel bereit und sind die tragende Säule der Engagementförderung." Uwe Meergans (infratest dimap) gab einen Überblick, welche hemmenden und fördernden Faktoren für bürgerschaftliches Engagement in Mecklenburg-Vorpommern identifiziert werden konnten. Anhand der mehrerer Gemeinden zeigte er auf, wie sich bürgerschaftliches Engagement in einer strukturschwachen Region mit hoher Arbeitslosigkeit, der Abwanderung junger Menschen und dadurch bedingten beschleunigten Alterung entwickelt. Die Ergebnisse seiner Untersuchungen liegen unter dem Titel "Auf der Suche nach dem WIR-Gefühl" (Herbert Quandt-Stiftung) vor. Andrea Hankeln, Referatsleiterin im Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen erklärte, dass die Verantwortlichen in den Ländern und Kommunen noch viel zu lernen hätten, wenn es um nachhaltige Finanzierungsstrategien, Qualifizierungsangebote, eine bedarfsgerechte Infrastruktur oder Formen der Anerkennung beim bürgerschaftlichen Engagement gehe. Als positive Entwicklung hobsie die Einführung einer "Ehrenamtskarte" in über der Hälfte aller NRW-Kommunen hervor. Auch das neue Format der "Entwicklungswerkstatt für kommunale Engagementstrategien" (siehe Weblink), das auf eine "Beratung und Begleitung bei der Entwicklung von Engagementstrategien und dem Kommunennetzwerk" abziele, habe bereits an mehreren Pilotstandorten erste Erfolge erzielt. In der Schlussdiskussion betonte Dr. Christof Eichert, dass bürgerschaftliches Engagement in den Kommunen ein eigener Wert und kein Ersatz für finanziell klamme Rathäuser sei. Nach Meinung von Franz-Reinhard Habbel, Pressesprecher des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, gilt es "Ermöglichungsorte zu schaffen. Wir sind auf dem richtigen Weg, denn die neue Botschaft lautet: Vom Vaterstaat zum Bürgerstaat!". Der Wandel im Verhältnis von Staat, Wirtschaft und Bürger ist dabei für Habbel nicht nur an Finanzfragen geknüpft, "sondern er entsteht zuerst im Kopf". Vor diesem Hintergrund seien die neuen Formen der Diskussionen im Internet besonders wichtig.