Die Experten der Bertelsmann Stiftung für die EU-Nachbarschaft Süd und Ost Christian Hanelt und Miriam Kosmehl haben deshalb eine Strategiegruppe aus Länderexperten gegründet – mit Stefan Meister und Wilfried Jilge als zuständigen Experten für Russland, mit Erdal Yalcin für die Türkei, Adnan Tabatabai für Iran und Christian Koch für Saudi-Arabien. Almut Möller bringt ihre EU-Expertise ein, Michael Bauer die internationale Dimension.
Realitätscheck EU-Nachbarschaft: Wie steht die EU zu den Nachbarn ihrer Nachbarn?
Russland, die Türkei, Iran und Saudi-Arabien nehmen zunehmend Einfluss auf die Länder in der unmittelbaren EU-Nachbarschaft.
Debatte auf dem CEPS Ideas Lab 2019
Weil im Zentrum der politischen Debatten in Europa aktuell die Zukunft Syriens steht, diskutierten die Experten auf dem #CEPSlab19 in Brüssel eine nachhaltige Friedenslösung und den Wiederaufbau dieser auch aus EU-Sicht sicherheitspolitisch relevanten Region vor allem aus russischer, türkischer, iranischer und saudischer Perspektive. Die autoritär regierten Nachbarstaaten Russland, Türkei, Iran und Saudi-Arabien stoßen aktiv in die von den USA unter Präsident Trump geschaffenen Freiräume vor und geraten zum Teil ihrerseits in Konflikt über Unsicherheiten, die durch den angekündigten Rückzug entstehen.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob sich die EU in den Wiederaufbau Syriens einbringen solle, zu welchen Bedingungen und wer überhaupt ihre Ansprechpartner seien – der syrische Staat oder etwa der Kreml und Teheran, die massiv in nichtstaatliche Kräfte investiert haben, über die sie Einfluss nehmen. Kritisch hinterfragt wurde aber ebenso, inwiefern die EU überhaupt willens sei, mehr Verantwortung als Gestaltungsmacht in der Region zu tragen – und ob sie in der Lage sei, eine einheitliche Position zu erarbeiten, die das Ziel und die Rolle ihres Engagements klar definiert. Denn um die Situation vor Ort mit zu gestalten, bedarf es, da waren sich alle Experten einig, eindeutiger Ziele und strategischer Kooperationen.
Erkenntnisse und weitere Überlegungen, wie realistische Ziele der EU aussehen könnten und wie eine mittel- bis langfristige Syrienstrategie zu ihrer Durchsetzung, fließen in einen aktuellen Policy Brief ein, der auch US-amerikanische und Israel-Expertise berücksichtigt (Veröffentlichung Anfang April 2019).
Die politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Lage in den Schlüsselstaaten interessierte auch den Vorstandsvorsitzenden der Bertelsmann Stiftung Aart de Geus, der das Zusammentreffen mit der Strategiegruppe in Brüssel für einen persönlichen Austausch nutzte.
Majlis im Bussola-Institut, Brüssel
Das golfarabische Bussola Institute lud die Strategiegruppe zu einem orientalischen Diskussionsabend ein. „Bussola“ ist Arabisch für „Kompass“ – und so lag auch den Teilnehmer an dieser Abendrunde daran, Klarheit zu gewinnen über mögliche Wege aus Krieg und Krise.