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Teil 2: Lessons learned: Was kann Deutschland von Dänemark, Frankreich, Israel, Niederlande und der Schweiz lernen?

In Sachen Digital Health sind viele Länder erfolgreicher als Deutschland. Aber welche Kriterien und Prozesse sind für ihren Erfolg ausschlaggebend? Und wie sehen gelungene Lösungen für digitale Gesundheitsdienste aus? Ein vertiefter Blick in fünf Länder bietet spannende Erkenntnisse und viele „learned lessons“.

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Dänemark hat ein Gesundheitsportal namens sundhed.dk, über das Patienten sich nicht nur über Krankheiten und deren Behandlung informieren können, sondern auch Zugriff auf ihre elektronische Patientenakte (ePA) haben. Auch in Israel gehören ePAs und E-Rezepte seit Langem zum Alltag der Bürger. Frankreich startete vor Kurzem die landesweite Einführung von ePAs. Die Niederlande haben mit AORTA eine funktionierende nationale IT-Infrastruktur für den Austausch von Gesundheitsdaten. Und die Schweiz schaffte es, trotz der erschwerten politischen Konstellationen durch die dezentrale kantonale Struktur des Gesundheitswesens, Einigkeit unter den beteiligten Akteuren bei der nationalen E-Health-Strategie zu schaffen.

Wie haben diese fünf Länder diese Fortschritte in der Digitalisierung des Gesundheitswesens erreicht? Um das zu untersuchen, haben Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung sowie der empirica Forschungsgesellschaft die Schweiz, Niederlande, Dänemark, Israel und Frankreich besucht und vor Ort verschiedene Interviews geführt: mit Vertretern nationaler Ministerien oder von Digital-Health-Behörden, Experten aus der akademischen Forschung sowie Vertretern von Interessenverbänden und Gesundheitsversorgern.

Ziel der Interviews war es, neben der empirischen Analyse der 34 Indikatoren des Digital-Health-Index aus Teil 1 der #SmartHealthSystems-Studie tiefergehende Einblicke zu gewinnen und die Digitalisierungsbemühungen des jeweiligen Landes besser zu verstehen: Welche Historie hat Digital Health in den einzelnen Ländern? Welche politischen Entscheidungen haben den Entwicklungsfortschritt gefördert oder gebremst? Wie verläuft die Zusammenarbeit unter den verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen? Welche kulturellen Einflüsse gibt es in den Ländern? Was sind die Gründe für den Erfolg oder Misserfolg von digitalen Lösungen? Wie wird der digitale Wandel wirtschaftlich und kulturell gestaltet?

Während es also im ersten Teil der Studie eher um die Makroperspektive ging und sich deren Fragestellungen um das „Was“, „Wieviel“ und „Wieoft“ drehen, möchte der zweite Teil der Studie die Fragen nach dem „Warum“ oder „Wie“ beantworten. Das Ergebnis sind strukturierte Berichte zu den einzelnen Ländern, die hier jeweils abgerufen werden können: SchweizNiederlandeDänemarkIsraelFrankreich.

Die Struktur der einzelnen Länderberichte orientiert sich jeweils an einem Wirkungsmodell. Dieser wurde eigens für die Studie entwickelt. Das Ziel: Es sollen jene Faktoren herauskristallisiert werden, die Einfluss auf die Digitalisierung des Gesundheitssystems nehmen. Unterteilt sind die Faktoren in die beiden Bereiche „Politik, Kultur und Gesundheitssystem“ sowie „Digital Health Governance“. Gemeint sind damit zum einen möglichst objektiv vergleichbare Kriterien wie etwa das politische System, das Verhältnis von Föderalismus und Zentralismus oder die Art des Sozialversicherungssystems. Zum anderen umfasst der zweite Block die Gesamtheit der Strukturen und Prozesse zur Umsetzung von Digital Health. Dazu zählen beispielsweise E-Health-Strategien oder Gesetze sowie die institutionelle Verankerung der Digitalisierungsprozesse im Gesundheitswesen.

SPOTLIGHT Gesundheit

Publikation: SPOTLIGHT Gesundheit: #SmartHealthSystems

Die Studie #SmartHealthSystems zeigt: Deutschland hinkt bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens im internationalen Vergleich deutlich ...

Aus unserem Blog

15. Februar 2023 / Marion Grote Westrick: „Wie geht es Ihnen?“ – das Potenzial patientenberichteter Daten besser ausschöpfen

Die Gesundheitsversorgung in Deutschland braucht eine stärkere Patienten- und Ergebnisorientierung. Denn oft genug wissen Ärzte- und Pflegeteams nicht, inwiefern die angestrebten Behandlungsziele bei ihren Patientinnen und Patienten kurz-, mittel- und langfristig eingetreten sind. Um zu erfahren, wie es den Erkrankten wirklich geht, spielen systematisch erhobene Patientenrückmeldungen zu Behandlungsergebnissen und -Prozessen – so genannte Patient-Reported Outcomes (PROs) und Patient-Reported Experiences (PREs) – eine zentrale Rolle. Sie vervollständigen die rein klinische Perspektive auf die Qualität der Gesundheitsversorgung.

28. Juni 2022 / Marion Grote Westrick: DiGA als Vorreiter patientenzentrierter Versorgung

Eine am Patientenwohl orientierte Gesundheitsversorgung sollte die Patientenperspektive systematisch einholen und einbeziehen. Doch gegenwärtig werden Patientinnen und Patienten noch nicht regelmäßig über die von ihnen wahrgenommenen Therapieergebnisse und -erfolge befragt. Für die Umsetzung solcher Befragungen gilt es nun, die Chancen der fortschreitenden Digitalisierung zu nutzen: Mit dem Einsatz von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) wäre es möglich, Patient-Reported Outcome Measures (PROM) schnell und strukturiert zu erfassen, auszuwerten und gezielt für die Verbesserung der laufenden Therapie zu nutzen.

11. April 2022 / Dr. Thomas Kostera: Lernendes Gesundheitssystem: Tech-Giganten als Bindeglied zwischen Versorgungsalltag und Forschung?

Tech-Giganten sind dank ihrer finanziellen Ressourcen in der Lage, Daten in großen Mengen zu erheben und zu analysieren. Das bringt für eine freie Forschung sowie für Gerechtigkeit und Solidarität große ethische Herausforderungen mit sich. Gelingt es aber, sie zu bewältigen, bieten die Aktivitäten der Großkonzerne ein enormes Potenzial, die Entwicklung eines innovativen Lernenden Gesundheitssystems voranzutreiben. In unserem Auftrag hat ein Team unter Leitung der Ethikerin Prof. Christiane Woopen die verschiedenen Perspektiven und möglichen Ansätze analysiert. 

16. März 2022 / Dr. Thomas Kostera: „Mich beschäftigt immer wieder die große Macht der Tech-Giganten“ – Christiane Woopen im Interview

In welchen Bereichen des Gesundheitswesens sind weltweit agierende Technologie-Konzerne aktiv? Wie kann der Einsatz ihrer Produkte und Dienstleistungen die Medizin verbessern?  Und welche Herausforderungen entstehen durch die Aktivitäten dieser Tech-Giganten? Unter Leitung der Ethikerin Prof. Christiane Woopen hat ihr Forschungsteam in unserem Auftrag eine breit angelegte Studie zu den Tech-Giganten im Gesundheitswesen erstellt. Im Interview erklärt Christiane Woopen, welche Auswirkungen die digitale Transformation aus ihrer Sicht hat. Mit Blick auf die verschiedenen Chancen und Risiken fordert die Ethikerin eine Positionierung der Politik und eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, welche Rolle die Tech-Giganten im Gesundheitssystem in Zukunft spielen sollen.