Die Erwerbstätigenquote von Frauen in Deutschland ist mit knapp 78 Prozent im europäischen Vergleich zwar eine der höchsten, gleichzeitig arbeitet aber fast die Hälfte aller 20- bis 64-jährigen Frauen (48 Prozent) in Teilzeit, sodass die durchschnittliche Stundenzahl – vor allem in Partnerschaften mit Kindern – relativ gering ist. Frauen arbeiten in viel geringerem Umfang als Männer, obwohl sie häufig hochqualifiziert sind und mehr arbeiten würden, wenn die Rahmenbedingungen günstiger wären.
Um den Erwerbsumfang von Frauen zu steigern, beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Frauen mehr Souveränität und Flexibilität über ihr Arbeitszeitbudget erlangen können. Bisherige Reformen konnten zwar für eine bessere Integration von Frauen in den Arbeitsmarkt sorgen, brechen aber den entscheidenden Problemkomplex um die informelle Care-Arbeit und die Mehrfachbelastung von erwerbstätigen Frauen nicht auf. Denn: Erwerbstätigkeits- und Arbeitszeitentscheidungen sind die Folge komplexer Aushandlungsprozesse, in denen wahrgenommene kulturelle Werte, finanzielle Auswirkungen unterschiedlicher Arbeitszeiten und damit verbundene Anreizwirkungen, partnerschaftliche Dynamiken und zeitliche Ansprüche miteinander interagieren. Um einer heterogenen Gesellschaft mit verschiedensten Familienmodellen und Bedürfnissen gerecht zu werden, untersuchen wir daher differenziert, welche politischen Hebel in welchem Kontext Wirkung zeigen.
Unsere Leitfragen:
- Welche Hindernisse und Gelingensbedingungen lassen sich für die Hebung weiblichen Erwerbspotenzials identifizieren?
- Welche Auswirkungen haben existierende Arbeitszeitmodelle auf Frauen und Männer mit verschiedenen sozioökonomischen Hintergründen?
- Wie können wir die prohibitive Wirkung existierender Rollenbilder und kultureller Wertvorstellungen auf die Erwerbstätigkeit von Frauen dynamisieren?
Durch wissenschaftliche Studien zeigen wir Entwicklungen und Handlungsoptionen für das Erwerbspotenzial der Frauen differenziert auf. Auf Basis einer bundesweit repräsentativen Umfrage sowie gezielter internationalen Vergleichsstudien identifizieren und bewerten wir mögliche Reformoptionen. Zusammen mit Partnern begleiten wir die politische und gesellschaftliche Debatte im Rahmen von Workshops und Veranstaltungen und bringen neue Fakten und Ideen ein.
Chancengleichheit ist kein Nullsummenspiel – weder auf dem Arbeitsmarkt noch in anderen gesellschaftlichen Sphären. Neben der weiterhin nicht verwirklichten Gleichstellung erweist sich die mangelnde Erwerbsintegration von Frauen zunehmend als Hemmnis für die Linderung des Fachkräftemangels. Auch würde der Staat durch weniger Überbelastung von Frauen und Männern – und dadurch sinkende Krankheitseffekte - sowie durch weniger Altersarmut entlastet.
Unsere vorherige Projektarbeit
Neben der Arbeitszeitsouveränität und -flexibilität sind die finanziellen Anreizwirkungen des Steuer, Abgaben- und Transfersystems in Deutschland ein weiterer wichtiger Einflussfaktor für die Arbeitsmarktteilhabe von Frauen. Zu dieser Thematik haben wir in der vorherigen Projektphase zwischen 2020 und 2022 intensiv gearbeitet. Frauen verharren in partnerschaftlichen Beziehungen oftmals in der Rolle der Zweitverdienerinnen. Wir haben mit empirischen Analysen gezeigt, wie das Steuer-, Abgaben und Transfersystem zu einer Verfestigung dieser Aufteilung beiträgt. Reformvorschläge zum Ehegattensplitting und den Minijob-Regelungen zeigen Wege auf, um Anreizstrukturen für eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen zu schaffen. In Zukunft wird es weiterhin wichtig sein, bestehende Fehlanreize zu beseitigen, darüber hinaus Zeitsouveränität durch passgenaue Work-Care Arrangements zu verbessern und Frauen Übergänge in neue Beschäftigung, die ihren Qualifikationen und Arbeitszeitwünschen entsprechen, zu ermöglichen.
Schlagworte
#Frauen #Frauenerwerbstätigkeit #Carearbeit #Arbeitsmarkt #Fachkräftemangel