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Automatisierung und Jobverlust: Welche Regionen sind besonders gefährdet?

Auf Einladung des Programms Europas Zukunft stellte der OECD-Ökonom David Bartolini am 2. Oktober in Berlin einen neuen Bericht zur regionalen Analyse von Jobverlusten durch die Automatisierung vor. Demnach lohne sich bei der Beurteilung von Arbeitsmarkteffekten vor allem der Blick auf Regionen innerhalb von Ländern – und nicht nur die gesamtstaatliche Betrachtung.

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Diese Zahl ging um die Welt: Jeder zweite Job sei durch die Automatisierung gefährdet, so die Ökonomen Carl Frey und Michael Osborne im Jahr 2013. Die OECD schätzt in ihren eigenen Analysen, dass rund 14% der Jobs in OECD-Staaten durch die Automatisierung akut gefährdet seien, ein weiteres Drittel würde sich stark verändern. Eine bisher weitgehend unbeantwortete Frage hingegen ist jedoch die regionale Perspektive: wo genau – das heißt in welchen Regionen – laufen Jobs Gefahr, durch den technologischen Fortschritt obsolet zu werden?

Diese Frage war Gegenstand der Veranstaltung des Programms Europas Zukunft mit dem Titel „Roboter übernehmen unsere Jobs? Eine geographische Analyse der bedrohten Arbeitsplätze in Europa“. Christian Kastrop, Direktor des Programms Europas Zukunft, begrüßte die Gäste und stellte das Thema in einen breiteren politischen Kontext: In Zeiten wachsender regionaler Disparitäten innerhalb der EU und auch darüber hinaus sei die regionale Analyse von Phänomenen wie der Automatisierung ein wichtiger politikrelevanter Teil der Debatte. OECD-Ökonom und Referent David Bartolini war Teil des Teams, das Ende September den vielbeachteten Bericht „Job Creation and Local Economic Development 2018“ veröffentlichte.

Bartolinis Team untersuchte anhand von Regional- und Arbeitsmarktdaten das Risiko des Jobverlustes durch die Automatisierung. Demnach sei jenes Risiko sehr unterschiedlich ausgeprägt: sind es in Oslo nur 4% der Jobs, die gefährdet sind, so liegt das Risiko bei rund 40% im Westen der Slowakei. Auch innerhalb von Ländern gäbe es große Unterschiede: Spitzenreiter ist dabei Spanien, wo die Werte zwischen Regionen mit den höchsten und den niedrigsten Risiken rund zwölf Prozentpunkte auseinanderliegen – in Kanada liegt der Unterschied bei nur einem Prozentpunkt. Große regionale Unterschiede können Arbeitsmarktunterschiede und letztlich auch Verteilungsfragen verschärfen. Denn fast Zweidrittel der Regionen ersetzt stark gefährdete Jobs durch solche, die nur ein niedriges Rationalisierungsrisiko aufweisen – aber eine bessere Ausbildung benötigen, so Bartolini.   

Nach dem Vortrag leiteten Dominic Ponattu (Europas Zukunft) und Manuela Barišić (Arbeit neu Denken) mit Kurzkommentaren in die Diskussion über. Die Gäste aus verschiedenen Bundesministerien, Botschaften und Verbänden beschäftigte neben methodischen Fragen vor allem auch, was die Politik tun kann. Laut Bartolini sei die Frage besonders dringlich, denn Regionen mit geringem Produktivitätswachstum seien besonders gefährdet. Eine neue Regionalpolitik, die insbesondere Weiterbildungsmöglichkeiten in strukturschwachen Regionen fördert, sei hier angezeigt; ebenso wie eine orchestrierte Innovationspolitik. Gerade die EU hält dafür Instrumente bereit: der Nachfolger der EU-Innovationsförderung („Horizon 2020“) sowie eine neue EU-Kohäsionspolitik könnten etwa einen Beitrag zur besseren regionalen Wettbewerbsfähigkeit leisten.