Alter Rathaussaal Passau

Europa auf Augenhöhe: Bürger diskutieren mit Martin Selmayr in Passau

An einem Tisch gemeinsam mit Europaabgeordneten, Bürgermeistern oder dem Generalsekretär der Europäischen Kommission Martin Selmayr diskutieren – das ermöglichte unser Bürgerdialog in Passau. Bürger aus Deutschland, Österreich und Tschechien waren eingeladen, um über Fragen zur europäische Sozial-, Flüchtlingspolitik und dem Zusammenleben in der Grenzregion Donau-Moldau zu diskutieren.

Ein flirrendes Sprach- und Stimmgewirr unter opulent dekorierten Kuppeln, mächtigen Säulen und barocken Gemälden. Wer nicht so genau hinschaute, konnte meinen, er habe sich an Harry Potters mystische Zauberschule Hogwarts verirrt. Doch in Wahrheit ging es im prächtigen Passauer Rathaussaal nicht um Zauberformeln, sondern um handfeste Argumente zu EU-Themen: Wie soll es weitergehen mit der EU-Flüchtlingspolitik? Wie lässt sich grenzübergreifende Zusammenarbeit zwischen Städten und Gemeinden besser organisieren?

Zu diesen und weiteren Fragen haben wir 120 Bürger aus Deutschland, Tschechien und Österreich in die Dreiflüssestadt Passau geladen, wo wir gemeinsam mit der Europäischen Kommission einen EU-Bürgerdialog organisiert haben. Die Teilnehmer wurden im Vorfeld per Zufallswahl eingeladen, um ein möglichst breites Spektrum an Personen und Lebensläufen abzudecken. So saßen Schüler neben Senioren, Deutsche, Österreicher und Tschechen bunt gemischt Schulter an Schulter. Die älteste Teilnehmerin war 91 Jahre jung, wohnhaft in Passau, gebürtig aus Böhmen – eine wahrhafte Europäerin. Damit die mehrsprachigen Diskussionen in Verständigung und nicht Sprachverwirrungen münden konnten, mussten über zwölf Dolmetscher ganze Arbeit leisten und an jedem der zwölf Tische die Debatten simultan übersetzen. Eine Herkulesaufgabe die sich lohnen sollte.

BILDGALERIE EU-BÜRGERDIALOG

Offener Meinungsaustausch untereinander und zwischen Politik und Bürgern

Die Bürgerinnen und Bürger tauschten sich zunächst untereinander an 12 Tischen über ihre Erfahrungen aus und diskutierten intensiv zu den drei Themengebieten europäischer Sozialpolitik, dem Zusammenleben in der Grenzregion und der europäischen Flüchtlingspolitik. Trotz der großen Meinungsvielfalt verständigten sich die Bürger auf gemeinsame Reformthemen. „Es ist faszinierend, wie durch das Setting in kleinen Gruppen und den direkten Austausch konstruktive Dialoge entstehen und das Verständnis für die Sichtweisen der anderen wächst“, so Anna Renkamp, unsere Bürgerbeteiligungsexpertin.

Nach den Tischdebatten wurden die Diskussionen für das gesamte Plenum geöffnet, um die gesammelten Ergebnisse mit Politikern zu diskutieren. Neben Martin Selmayr, Generalsekretär der Europäischen Kommission diskutierten unter anderem auch der Passauer Oberbürgermeister Jürgen Dupper, oder František Vácha, Abgeordneter im tschechischen Parlament. 

Europäisches Blame-Game: „Brüssel ist nicht immer schuld. Wir alle sind Europa“

Die Teilnehmer machten deutlich, dass sie sich in vielen Bereichen, zum Beispiel beim grenzübergreifenden Kulturaustausch oder der Anerkennung schulischer und beruflicher Leistungen durchaus mehr Europa und Zusammenarbeit wünschen. Auch in der Sozialpolitik wurden mehrfach Forderungen nach europäischen Standards laut. Gleichzeitig wurde immer wieder das Imageproblem der EU thematisiert, das häufig mit Bürokratie oder Brüsseler Bevormundung assoziiert wird. Martin Selmayr erwähnte in diesem Zusammenhang ein grundlegendes Verständnisproblem über die EU: „Wer ist die EU?“, fragte er in die Runde. „Natürlich wir alle. Doch viele Nationalstaaten machen es sich zu einfach, wenn sie Regeln, die sie selbst formuliert und verabschiedet haben, als Fremdbestimmung aus Brüssel geißeln, sobald diese im Volk unpopulär werden“, so der Generalsekretär. 

Am Ende einer lebhaften Debatte gingen die Bürger, aber auch die anwesenden Politiker mit einem Gefühl der gegenseitigen Wertschätzung und Inspiration auseinander. Gerade die reibungslosen Übersetzungen und Diskussionsrunden an den Tischen, wo jeder zu Wort kommen konnte, hatten es vielen Teilnehmern angetan. Ein interessantes Lob gab es schlussendlich noch von Martin Selmayr persönlich. „So ein Bürgerdialog zeigt mir immer wieder, dass die Bürger oft viel klüger sind und besser diskutieren können, als so manche Politikerrunde im Europäischen Rat.“

Krátké video
Dialog občanů EU v Pasově

Evropská komise a my jsme uspořádali 6.12.2018 v Pasově inovativní evropský dialog občanů. Sto dvacet náhodně vybraných občanů České republiky, Rakouska a Německa diskutovalo o budoucnosti Evropy.

V centru byla evropská uprchlická politika, sociální politika a soužití v pohraničním regionu Dunaj - Vltava. Občané nejprve ve dvanácti smíšených skupinách u stolů vypracovalo reformní návrhy, o kterých potom diskutovali s Martinem Selmayrem, generálním tajemníkem Evropské komise, a s českými, rakouskými a německými politiky.