Junger Manager mit Mitarbeiter in einer Produktionshalle

Stagnierende Produktivität bei kleinen und mittleren Unternehmen gefährdet Deutschlands Wohlstand

Zwischen kleinen und mittleren Unternehmen und Großunternehmen in Deutschland klafft eine zunehmende Produktivitätslücke: Die Produktivität der großen Firmen ist zwischen 2012 und 2016 um zwölf Prozent stärker gewachsen als die von kleineren Arbeitgebern. Diese Entwicklung wird in der globalen und digitalisierten Wirtschaft zu einem wachsenden Problem für die Wohlstandsverteilung in Deutschland.

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Deutschlands Wohlstand steht auf wackeligen Füßen, denn eine wesentliche Stütze der heimischen Wirtschaft droht den Anschluss zu verlieren: Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) hinken in puncto Arbeitsproduktivität immer stärker sogenannten Großunternehmen (GU) hinterher. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie, für die das IfM Bonn in unserem Auftrag die Produktivitätsentwicklung deutscher Unternehmen zwischen 2000 und 2016 auf Grundlage des IAB-Betriebspanels untersucht hat.

Verpasst der Mittelstand den Anschluss, leidet die gesamte deutsche Wirtschaft

Die Lücke zwischen großen und kleineren Unternehmen ist gerade für Deutschland alarmierend, weil die KMU eine entscheidende Säule der deutschen Wirtschaft sind: 99,4 Prozent aller deutschen Unternehmen zählen mit bis zu 250 Mitarbeitern definitionsgemäß laut Studie zu den sogenannten KMU. Darüber hinaus sind sie hierzulande Arbeitgeber für 52 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten.

Je größer die Unterschiede in der Produktivität zwischen großen und kleineren Unternehmen, Wirtschaftssektoren oder Regionen, desto stärker können auch die Einkommensunterschiede in einem Land ausfallen.

Marcus Wortmann, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung

Entscheidend für die Entwicklung der Produktivität sind vor allem Investitionen und die Innovationskraft der Unternehmen. Doch genau hier hapert es bei den kleineren Unternehmen: Die großen Unternehmen investieren laut Studie jährlich insgesamt rund fünfmal so viel wie die KMU. Vor allem in den zukunftsrelevanten Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sind die Großen tonangebend. Zuletzt investierten prozentual etwa doppelt so viele Großunternehmen wie KMU in diesem Bereich.

Jedes dritte Unternehmen nennt Fachkräftemangel als Innovationshemmnis

Mit Blick auf die einzelnen Wirtschaftsbranchen schauen die Studienautoren vor allem besorgt auf das produzierende Gewerbe. Hier sind die Unterschiede zwischen kleineren und großen Unternehmen mit acht Prozent am größten. Im tertiären Sektor, der alle Dienstleistungen umfasst, ist die Arbeitsproduktivität im Durchschnitt und über den Zeitverlauf jedoch gleich hoch.

Als wesentliche Ursachen für das stagnierende Produktivitätswachstum identifiziert die Studie zwei Faktoren: hohe Kosten und einen zunehmenden Mangel an Fachkräften. Am häufigsten nennen Betriebe im Rahmen der jährlichen Befragung durch das IAB-Betriebspanel zu hohe Investitionskosten als Grund für ausbleibende Innovationen. Außerdem macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar: Zwischen 2006 und 2016 ist der Anteil der Betriebe, die den Fachkräftemangel als Innovationshemmnis angeben, signifikant gestiegen. Von rund 21 Prozent bei den KMU und 13 Prozent bei den GU (jeweils 2006) hat er sich bei allen Unternehmenstypen auf über ein Drittel erhöht (2016).

Aus diesen Ursachen der schwachen Produktivitätsentwicklung leiten die Autoren ihren Maßnahmenkatalog ab. Hinsichtlich politischer Stellschrauben empfehlen die Autoren Zielorientierung und Fokussierung: Eine pauschale Forschungsförderung würde primär denen helfen, die auch ohne Hilfe bereits viel Geld in Forschung und Entwicklung stecken können. Anreize und Eingriffe sollten sich laut Autoren daher vor allem auf Rahmenbedingungen konzentrieren, die besonders KMU helfen, ihre Produktivität zu steigern. Dazu gehören die Förderung von Forschungseinrichtungen, der Ausbau der digitalen Infrastruktur, der Abbau von Marktzutrittsregulierungen oder ein erleichterter Zuzug von internationalen Fachkräften. Aber auch eine größere Offenheit der Unternehmen selbst gegenüber Innovationen ist nötig.