Veränderte Lebensbedingungen von Kindern und Familien führen zu einer seit Jahren wachsenden Nachfrage nach „Hilfen zur Erziehung“. Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher Angebote ambulanter, teil- und stationärer Erziehungshilfen, die im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) festgelegt sind. Dies reicht von der Erziehungsberatung über die Sozialpädagogische Familienhilfe bis hin zur Heimerziehung.
Gute Heime – Möglichkeiten der Sichtbarmachung der Qualitäten stationärer Hilfen zur Erziehung
Das Projekt „Gute Heime“ knüpft an die Qualitätsentwicklungs- und Qualitätssicherungsdiskurse der letzten Jahre an. Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, wesentliche Dimensionen zur Beschreibung der Qualität stationärer Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe herauszuarbeiten. Die Qualitätsdimensionen sollen sowohl der Komplexität des Feldes als auch der Vielschichtigkeit der Einrichtungen Rechnung tragen. Von den Projektergebnissen sollen sowohl die Adressatinnen und Adressaten der Hilfen zur Erziehung als auch die Jugendämter und die Einrichtungen selbst profitieren.
Ausgangssituation
Im Jahr 2019 waren rund 136.000 junge Menschen in Deutschland in einer Maßnahme der stationären Jugendhilfe untergebracht (Destatis 2022).
Vor diesem Hintergrund wundert es nicht, dass die Frage, ob stationäre Angebote auch die Qualität haben, die junge Menschen, ihre Familien und die Gesellschaft von ihnen erwarten, intensiv diskutiert wird. Mit stationären Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe wird ein stark ausdifferenziertes Angebotsfeld beschrieben, das von einer Erziehungsstelle bis hin zum „traditionellen“ Waisenhaus reicht. Auch die Zielgruppen und pädagogischen Schwerpunkte der Einrichtungen unterscheiden sich deutlich. In den letzten Jahrzehnten gab es viele Versuche, Qualitätsentwicklungssysteme in diesem Handlungsfeld zu implementieren und es fand eine intensive Auseinandersetzung über die Bedeutung und Messbarkeit von abstrakten Qualitätsdimensionen statt. Dies wurde durch einen differenzierten Fachdiskurs kritisch begleitet.
Heute haben wir es mit einem Nebeneinander vieler verschiedener Ansätze zur Qualitätsbeurteilung in den stationären Hilfen zur Erziehung zu tun. Es fehlt eine gemeinsame Verständigung zwischen Fachpraxis, Wissenschaft und finanzierenden Stellen darüber, auf welcher Basis vor Ort die Qualitäten von Einrichtungen sichtbar gemacht werden können.
Das Projekt „Gute Heime – Möglichkeiten zur Sichtbarmachung der Qualitäten stationärer Hilfen zur Erziehung“ knüpft an diese Qualitätsentwicklungs- und Qualitätssicherungsdiskurse an. Im Kooperationsverbund zwischen dem Deutschen Jugendinstitut e.V., dem Deutschen Verein und der Bertelsmann Stiftung wurde dieses Forschungsprojekt ins Leben gerufen. Ziel ist es, wissenschaftlich fundierte und der Vielschichtigkeit der stationären Hilfen angemessene Dimensionen zur Qualitätsbeurteilung zu erarbeiten. Das Projekt entwickelte sich aus dem Modellvorhaben „Kein Kind zurück lassen!“ und wird durch das Land Nordrhein-Westfalen, den Europäischen Sozialfond und die Bertelsmann Stiftung finanziert.
Zielsetzung
Das Forschungsprojekt hat zum Ziel, die wesentlichen Dimensionen zur Beschreibung der Qualität stationärer Einrichtungen herauszuarbeiten. Die Qualitätsdimensionen sollen sowohl der Komplexität des Feldes als auch der Vielschichtigkeit der Einrichtungen Rechnung tragen. Daher werden die Struktur-, die Prozess- und die Ergebnisebene berücksichtigt. Von den Projektergebnissen sollen sowohl die Adressatinnen und Adressaten der Hilfen zur Erziehung als auch die Jugendämter und die Einrichtungen der stationären Kinder- und Jugendhilfe profitieren.
Methodisches Vorgehen
Die Forschungsfrage soll mit einem mehrstufigen Vorgehen bearbeitet werden:
- Herausarbeitung von Qualitätsdimensionen aus dem Fachdiskurs
- Analyse bestehender Qualitätsentwicklungssysteme, Zertifizierungsprozesse und Ähnlichem
- Qualitätsdimensionen aus der Perspektive der verschiedenen Adressatinnen und Adressaten
- Entwicklung eines Instruments zur Qualitätsbeschreibung
Um möglichst alle Perspektiven und Sichtweisen zu erfassen, werden folgende methodischen Zugänge genutzt:
- Aufarbeitung des nationalen und internationalen Forschungstandes
- Befragung von Einrichtungen, Trägern, Fachverbänden, Landesjugendämtern und Jugendämtern zu vorhandenen Verfahren der Qualitätsbeurteilung, inkl. den Festlegungen zu Mindeststandards im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis
- Befragung von unterschiedlichen Adressatengruppen (z.B. Jugendämtern, Eltern, Jugendlichen, Kindern, Ehemaligen/Careleavern) zu ihren Qualitätskriterien
Das Forschungsprojekt wird durch einen fachlichen Beirat begleitet.
- Frau Birgit Brochhagen-Beier, Stiftung "Die gute Hand", Institut für Qualität in Erziehungshilfen - quer, Kürten
- Herr Dr. Peter Büttner, Projekt PETRA GmbH & Co. KG, Schlüchtern
- Herr Jörg Freese, Deutscher Landkreistag, Berlin
- Frau Carolin Krause, Dezernat für Soziales, Bildung und Gesundheit der Bundesstadt Bonn
- Herr Hubert Lautenbach, AWO Bundesverband e.V., Berlin
- Herr Prof. Dr. phil Joachim Merchel, Fachhochschule Münster
- Herr Michael Mertens, Graf Recke Stiftung, Düsseldorf
- Herr Prof. Dr. Olaf Neumann, Alice Salomon Hochschule Berlin
- Herr Hans Scholten, Jugendhilfezentrum Raphaelshaus, Dormagen
- Frau Dr. Kerstin Schröder, Amt für Kinder, Jugendliche und Familien - Jugendamt, Nürnberg
- Herr Dr. Florian Straus, Institut für Praxisforschung und Projektberatung, München
- Herr Norbert Struck, Der Paritätische Gesamtverband e.V., Berlin
- Herr Wolfgang Trede, Jugendamt - Landratsamt Böblingen
- Frau Prof. Dr. Ulrike Urban-Stahl, Freie Universität Berlin
- Herr MinDirig. Manfred Walhorn, Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf