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Kohlendioxid braucht einen Preis – und eine politische Flankierung

Kaum ein Thema erhitzt die Gemüter so sehr wie der Preis für Benzin und Diesel. Ein paar Cent mehr an der Tankstelle – schon ist die Aufregung groß und ein neues Wahlkampfthema gefunden. Grund für die höheren Kosten sind die immer stärker steigenden CO2-Preise, die auf die immer größeren klimapolitischen Ambitionen vieler Staaten und der EU zurückgehen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft hat im Auftrag der Bertelsmann Stiftung modelliert, wie sich ein um weitere 50 Dollar erhöhter Preis pro Tonne Kohlendioxid auf den CO2-Ausstoß weltweit auswirken würde und welche Einkommenseffekte sich daraus langfristig in verschiedenen Staaten ergeben würden. 

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Dr. Thieß Petersen
Senior Advisor

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Die erste Erkenntnis: "Alleine kann die EU mit einer solchen Preiserhöhung nur einen kleinen Beitrag zum Klimaschutz leisten – die globalen Emissionen sinken nur um 2,5 Prozent", sagt Thomas Rausch, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung. "Mit Verbündeten in einem globalen Klimaclub lassen sich die Treibhausgas-Emissionen mit 50 Dollar höheren CO2-Preisen jedoch um fast 40 Prozent senken – und das zu eher moderaten wirtschaftlichen Kosten." Wenn die Einnahmen aus den Steuern über eine Kopfpauschale rückerstattet würden, müsste jedes Land dafür durchschnittlich einen langfristigen Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von nur 0,5 Prozent hinnehmen. Verständigen sich mit den USA, der Europäischen Union und China immerhin die drei größten Emittenten, sinken die Emissionen immerhin noch um 20 Prozent.  

Da eine solche weltweite oder überregionale Einigung derzeit unwahrscheinlich ist, bergen wie auch immer gestaltete regionale Lösungen, wie etwa ein Alleingang der EU, die Gefahr, dass CO2-intensive Industrien – zum Beispiel die Stahl- oder Zementindustrie – ihre Herstellung in andere Regionen verlagern, in denen CO2 gar nicht oder nur gering besteuert wird. Dieses Phänomen nennt sich Carbon Leakage. Um diesem Problem entgegenzuwirken, will die Europäische Union daher im Juli einen Grenzausgleich-Mechanismus vorstellen, mit dem die Differenz zwischen dem CO2-Preis der EU und dem von Handelspartnern mit weniger strengen Klimapolitiken ausgeglichen wird. Alle in der EU verkauften Produkte werden dadurch mit dem in der EU gelten Emissionspreis belegt – egal, ob das Produkt aus der EU oder dem Ausland stammt. Dieser Grenzausgleichmechanismus (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM) sorgt zwar für weniger Carbon Leakage und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit CO2-intensiver europäischer Industrien, er hat aber kaum einen Effekt auf das globale CO2-Emissionsvolumen: Die ohne Ausgleichsmechanismus ins Ausland abwandernde Produktion findet nun wieder innerhalb der EU statt. Statt 2,5 Prozent globalen Emissionseinsparungen kann die EU mit einem Grenzausgleich 2,7 Prozent erreichen. 

Auch wenn langfristig eine strenge Klimapolitik durch Anreize für Forschung und Investitionen Wettbewerbsvorteile für Volkswirtschaften bietet und die finanziellen Kosten verkraftbar sind, dürfen die kurzfristigen wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen von steigenden CO2-Preisen nicht ignoriert werden. Durch steigende CO2-Preise werden energieintensiv produzierende Sektoren, ihre Beschäftigten und ärmere Haushalte besonders stark belastet und es kommt zu einem massiven Strukturwandel. So werden nicht nur die sozialen Spaltungen innerhalb von Staaten, sondern auch die zwischen ihnen verstärkt, besonders zwischen den ost- und westeuropäischen Mitgliedstaaten der EU sowie zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. „Deshalb sollte eine Initiative für einen Klimaclub auch immer sozialpolitisch flankiert werden, z. B. durch zeitlich begrenzte Transferzahlungen für besonders stark betroffene Sektoren und Volkswirtschaften“, fordert Thieß Petersen, Wirtschaftsexperte der Bertelsmann Stiftung.

Grundlage der Simulationsrechnungen ist ein Außenhandelsmodell, das „Kiel Institute Trade Policy Evaluation“ Modell („KITE-Modell“). Dieses Modell umfasst den Außenhandel von 141 Ländern. Das Modell ist um CO2-Emissionen ergänzt worden. Durch die Berücksichtigung von 65 Sektoren wird dieses Emissionsvolumen über den Einsatz von Vorleistungen und Einzelteilen in jedem Produkt erfasst und damit bis hin zum Endverbraucher quantifiziert. Die Bepreisung von fossilen Brennstoffen verändert die internationale Wettbewerbsfähigkeit einzelner Sektoren in einem Land und führen so langfristig zur Veränderung des Bruttoinlandsproduktes. Die für das Modell erforderlichen umfangreichen Daten liegen aktuell für das Jahr 2014 vor. Alle berechneten Effekte stellen daher Veränderungen gegenüber dem Gleichgewicht in diesem Jahr unter Annahme gleichbleibender Technologie dar. Die Preiserhöhungen sind als zusätzliche Erhöhung zu den 2014 bereits bestehenden CO2-Preisen zu verstehen. 

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Cover CO2-Bepreisung

Dr. Thieß Petersen, Prof. Dr. Sonja Peterson, Thomas Rausch, Prof. Dr. Joschka Wanner