Moderatorin vor dem Bildschirm

Heiße Debatten beim ersten Digitalen Bürgerdialog in Oestrich-Winkel

Bei 33 Grad Außentemperatur diskutierten rund 50 Bürger*innen miteinander über das Thema Corona und wie der Zusammenhalt in Oestrich-Winkel gestärkt werden kann. Mit dabei waren Bürgermeister Kay Tenge und Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung. Damit startete Oestrich-Winkel in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung als erste von deutschlandweit zehn Pilotkommunen den Digitalen Bürgerdialog für Kommunen.

Foto Anna Renkamp
Anna Renkamp
Senior Project Manager
Foto Christian Huesmann
Dr. Christian Huesmann
Senior Project Manager

Inhalt

Ohne beisammenzusitzen und doch von Angesicht zu Angesicht mit Menschen sprechen zu können, die ganz unterschiedliche Erfahrungen und Meinungen haben – das hat die Oestrich-Winkler Bürger*innen fasziniert. „Tolles Format“, „Super gute Sache“, „Jetzt muss das Format weitergeführt werden“ – die Reaktionen der Bürger*innen sprechen eine deutliche Sprache. Besser hätte der Auftakt des Pilotprojektes kaum sein können. Das Konzept: da die Pandemie wenig Möglichkeiten für persönliche Treffen in einem größeren Maßstab zulässt, helfen Digitale Bürgerdialoge mittels Videotelefonie den Kommunen, mit Bürger*innen in Kontakt zu bleiben.

Konkrete Vorschläge

Kommunikation zwischen Bürger*innen und Verwaltung, Digitalisierung und Kundenorientierung, ehrenamtliches Engagement sowie kulturelle Angebote unter Corona-Bedingungen – diese Aspekte wurden an dem heißen Sommerabend innerhalb von zweieinhalb Stunden beleuchtet. In Kleingruppen tauschten sich die Bürger*innen über ihre Erfahrungen aus und erarbeiteten konkrete Verbesserungsvorschläge. Die Vorschläge wurden im Plenum vorgestellt, mittels Chat-Funktion kommentiert und abschließend in einer digitalen Abstimmung priorisiert.

Die meisten Bürger*innen wünschten sich eine gute Erreichbarkeit der Stadtverwaltung und eine transparente Kommunikation über viele Kanäle, sowohl traditionelle als auch digitale. Hohe Priorität hatte auch der Vorschlag der Bürger*innen nach einer besseren Koordination des Ehrenamtes. Sie wünschten sich die Einrichtung einer Kontakt- und Vermittlungsbörse. Dass der Dialog fortgesetzt werden soll, darüber waren sich alle einig. Der Bürgermeister versprach, ab sofort vierteljährliche Bürgersprechstunden anzubieten und diese auch online per Videokonferenz auszurichten. 

Überzeugendes Format

"Der Digitale Bürgerdialog ist kein Eliteprojekt. Der Zugang zur Technik und die Handhabung sind einfach, so dass eine breite Beteiligung unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen möglich ist,“  so Anna Renkamp, Projektleiterin des Projekts „Demokratie und Partizipation in Europa“. Der Beteiligungsexperte Christian Huesmann ergänzt: „Besonders überzeugt hat uns auch, dass die Bürger*innen in den digitalen Kleingruppen in kurzer Zeit sehr gute Ergebnisse erarbeitet haben“.

In einer Abschlussbefragung bewerteten 93 Prozent der Teilnehmenden das neue Format mit gut bis sehr gut. Und über 96 Prozent würden an einer solchen Veranstaltung erneut teilnehmen.

Neben Oestrich-Winkel nehmen Dortmund, Castrop-Rauxel, Geilenkirchen, Klein-Machnow, Pforzheim, Schwelm, Duderstadt, Coburg und Eltville als Pilotkommunen teil. Für die Vielzahl an Kommunen, die nicht als Pilotkommunen zum Zuge kommen konnten, werden auf Basis der gesammelten Erfahrungen eine Handreichung und ein Online-Seminar konzipiert.

Mehr Informationen zum Projekt

In der Corona-Krise ist der Bedarf an direktem Austausch zwischen Politik, Verwaltung und den  Bürger*innen gewachsen. Digitale Bürgerdialoge helfen den Kommunen, mit Bürger*innen in Kontakt zu bleiben. Inspiriert durch die Videotelefonie-Technik entwickelte das Projekt „Demokratie und Partizipation in Europa“ das neue partizipative Format, das digital und doch von Angesicht zu Angesicht funktioniert. Bis zu 75 Bürger*innen können in den Digitalen Bürgerdialogen über einen Zeitraum von rund zwei Stunden zusammenkommen und im Plenum und in Kleingruppen diskutieren. 

Das Konzept ist eine Alternative bzw. eine Ergänzung zu partizipativen Formaten der Bürgerbeteiligung, die auf direkter Begegnung und persönlichem Kontakt beruhen.