Teilqualifikationen sind Bausteine eines anerkannten Ausbildungsberufs. Statt sofort die komplette Ausbildung zu stemmen, lernen Erwachsene Schritt für Schritt, was sie für einen klar umrissenen Tätigkeitsbereich brauchen – inklusive Praxis im Betrieb und einem Kompetenzcheck am Ende. Unter dem Dach von MY·TQ haben seit 2021 inzwischen bundesweit rund 30 Bildungsträger solche Bausteine für 20 Berufe entwickelt und erprobt. Die Bertelsmann Stiftung hat diese Arbeit wissenschaftlich begleiten lassen. Grundlage sind u. a. rund 850 erfasste Teilnahmen und gut 350 dokumentierte Übergänge nach einer Teilqualifikation. Mittlerweile haben mehr als 2.500 Teilnehmende an Teilqualifizierungen der MY·TQ Initiative teilgenommen.
KI-generiert (Adobe Firefly)
Mit Teilqualifikationen in Arbeit – und Richtung Abschluss: Was die Initiative MY·TQ bewirkt
Viele Menschen haben keinen Berufsabschluss. Die Initiative MY·TQ des Bundesverbands der Träger beruflicher Bildung setzt genau dort an – mit kompakten Lernbausteinen, die zügig in den Job führen und den Weg zum Berufsabschluss öffnen. Unsere neue Evaluation zeigt: Neun von zehn Teilnehmenden bestehen den Kompetenzcheck, über die Hälfte wechselt danach in eine reguläre Beschäftigung. Zugleich wird deutlich, wo Verfahren und Förderung nachgeschärft werden müssen.
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Inhalt
MY·TQ erreicht die Zielgruppe – niedrigschwellig, anschlussfähig
Die Teilnehmenden sind mehrheitlich zwischen Mitte zwanzig und fünfzig, viele ohne Berufsabschluss und oft ohne einschlägige Erfahrung im angestrebten Beruf. Genau diese Menschen will MY·TQ erreichen: Wer mitten im Leben steht, Erziehungs- oder Pflegeverantwortung hat oder schon lange nicht mehr gelernt hat, braucht ein Angebot, das machbar ist und Perspektiven eröffnet. Das Konzept trägt: Viele starten mit einem ersten Baustein, lernen im eigenen Tempo – und behalten den Abschluss im Blick.
Lernen, das ins Leben passt – mit Online-Phasen und Teilzeit
Entscheidend ist, dass Lernen in den Alltag passt. In den Rückmeldungen wird besonders geschätzt, dass MY·TQ auch in Teilzeit und mit digitalen Anteilen funktioniert. Unterricht, Üben und Praxis lassen sich so besser mit Alltag und Arbeit vereinbaren. Die Zufriedenheit mit dem Unterricht ist hoch, und ein großer Teil würde wieder überwiegend online lernen. Diese Flexibilität macht den Einstieg leichter – für Eltern, Pflegende und alle, die sich langsam (wieder) ans Lernen herantasten.
Kompetenzen nachweisbar – und der Schritt in Beschäftigung gelingt
Am Ende jedes Bausteins steht ein Kompetenzcheck. Neun von zehn Teilnehmenden bestehen – meistens direkt beim ersten Versuch. Die Abbrüche bleiben mit gut 13 Prozent deutlich unter denjenigen von Umschulungen (ca. 29 Prozent). Noch wichtiger: Der Übergang in Arbeit gelingt häufig schon nach einem einzigen Baustein. Insgesamt wechselt mehr als die Hälfte der Absolvent:innen in eine reguläre, sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – in der Arbeitslosenversicherung (SGB III) liegt dieser Anteil noch höher (68 Prozent), in der Grundsicherung (SGB II) etwas niedriger (50 Prozent). Der Befund ist klar: MY·TQ öffnet Türen in den Arbeitsmarkt und perspektivisch zum Berufsabschluss.
Wo es hakt – und was jetzt hilft
Die größte Hürde bleibt die Bekanntheit: bei Jobcenter und Agenturen sowie bei Unternehmen. Nicht überall sind Teilqualifikationen schon „gesetzt“, und Träger ringen oft um ausreichend große Gruppen. Dort, wo aktiv aufgeklärt, gemeinsam geplant und auch trägerübergreifend kooperiert wird, steigt der Einsatz. Für mehr Wirkung braucht es deshalb mehr Informationen in Jobcentern und Agenturen, verlässliche Kooperationen zwischen Trägern untereinander – auch standortübergreifend mit gemeinsamen Online-Gruppen – und auch mit Betrieben. Zugleich sollten die MY·TQ-Stärken bei der Umsetzung von Teilqualifikationen konsequent ausgespielt werden: einheitliche Module, garantierte Start- und Kompetenzfeststellungstermine und trägereinheitliche Prüfungen sichern Anschlussfähigkeit und planbare Übergänge. Die Theorievermittlung kann online erfolgen, sodass Teilnehmende standort- und trägerübergreifend gebündelt und Gruppen wirtschaftlich beschult werden. Sinnvoll ist zudem eine Förderung, die nicht bei einem Baustein stehen bleibt, sondern Modulketten ermöglicht. Idealerweise werden von Beginn an zwei Module pro Person per Bildungsgutschein bewilligt – denn ab zwei absolvierten Modulen steigt die Wahrscheinlichkeit, weiterzumachen, deutlich (Fortführung ins dritte Modul bei 49 Prozent; bei drei/vier Modulen setzen 73 Prozent fort).
Warum das zählt – Fachkräfte gewinnen, Chancen öffnen
Deutschland braucht Menschen, die können, was gefragt ist. Teilqualifikationen zeigen, wie man Kompetenzen gezielt entwickelt, schnell in Beschäftigung führt und zugleich den Anschluss an einen vollwertigen Berufsabschluss sichert. Für Unternehmen sind sie eine pragmatische Einstiegsschiene in (Engpass-)Berufe. Für die Teilnehmenden sind Teilqualifikationen ein Türöffner: schneller Einstieg in reguläre Arbeit und ein klarer Weg zum Berufsabschluss. Die Evaluation bestätigt: MY·TQ wirkt. Jetzt gilt es, die Erfolgsfaktoren bei der Umsetzung von Teilqualifikationen zu verstetigen.
Grundlage der Evaluation, die durch die InterVal GmbH durchgeführt wurde, ist ein Mixed-Methods-Design aus Monitoringdaten, einer standardisierten Online-Befragung sowie leitfadengestützten Interviews mit Teilnehmenden und Bildungsträgern. Der Evaluationszeitraum erstreckt sich von November 2021 bis Januar 2025. Das Monitoring erfasst u. a. 850 dokumentierte Teilnahmen. Die Online-Befragung mit 216 dokumentierten Fällen lief von Februar 2023 bis November 2024. Ergänzend wurden 15 telefonische, teilstandardisierte Interviews mit Teilnehmenden und neun Interviews mit Trägerverantwortlichen geführt. Weitere Details zur Methodik können dem Methodenkapitel der Evaluation entnommen werden.


