Grafik 2 Personen stehen vor einer Brücke

Brücken in die Zukunft: Wie Arbeitsmarktpolitik berufliche Übergänge stärken kann

Der Arbeitsmarkt steht vor einer doppelten Herausforderung: Während in einigen Branchen und Berufsfeldern Arbeitsplätze wegfallen, entstehen in anderen neue – oft mit veränderten Anforderungsprofilen. Damit Beschäftigte diesen Wandel erfolgreich bewältigen können, braucht es funktionierende „Brücken“ zwischen alter und neuer Beschäftigung. Eine vom Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung erstellte Analyse zeigt, wie bestehende arbeitsmarktpolitische Instrumente Übergänge heute unterstützen – und wo sie diese eher erschweren.

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Luisa Kunze
Project Manager

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Berufliche Mobilität ist ein zentraler Mechanismus im Strukturwandel. Übergänge scheitern jedoch häufig an vier Passungsproblemen: temporären, regionalen, qualifikatorischen und monetären Hürden. Arbeitsmarktpolitik wird insbesondere dann wichtig, wenn innerbetriebliche Anpassungen an ihre Grenzen stoßen. Deutschland verfügt über eine Reihe etablierter Instrumente, doch in Transformationssituationen zeigen sich teils deutliche Fehlanreize oder Effizienzverluste – und damit Potenziale für Verbesserungen.

Eine Bestandsaufnahme: Was die deutsche Arbeitsmarktpolitik heute für Übergänge leistet

Im Zentrum der Untersuchung steht eine systematische Bewertung von sieben arbeitsmarktpolitischen Instrumenten – Kurzarbeitergeld, Transfergesellschaften, Entgeltsicherung, Förderung regionaler Mobilität, Qualifizierung, Arbeitsmarktinformation und Arbeitsmarktdrehscheiben. Die Analyse zeigt: Alle Instrumente haben jeweils spezifische Stärken und Schwächen, doch besonders im Kontext der Transformation unterstützen sie Übergänge in unterschiedlichem Maße.

So stabilisiert Kurzarbeit Beschäftigung in Krisen, wirkt aber in strukturellen Umbrüchen konservierend. Transfergesellschaften werden vor allem in Großbetrieben genutzt und beziehen aufnehmende Unternehmen bislang kaum ein. Qualifizierungsangebote erreichen wichtige Zielgruppen nur eingeschränkt. Und Arbeitsmarktinformationen sind in der Regel nicht auf die Bedarfe von Beschäftigten in beruflichen Veränderungssituationen zugeschnitten. Die Studie zeigt zugleich, dass die Wirksamkeit vieler Instrumente in Transformationskontexten noch unzureichend empirisch belegt ist.

"Die Transformation braucht eine Arbeitsmarktpolitik, die sich stärker an Beschäftigten orientiert und Übergänge präventiv begleitet, noch bevor Arbeitslosigkeit entsteht“, sagt Luisa Kunze, Arbeitsmarktexpertin der Bertelsmann Stiftung. 

Von Erfahrungen aus dem In- und Ausland lernen

Drei ausgewählte Fallstudien zeigen, wie berufliche Übergänge in unterschiedlichen institutionellen Kontexten gestaltet werden können. Am Beispiel des Saarlandes zeigen sich exemplarisch die Struktur und Grenzen des deutschen arbeitsmarktpolitischen Instrumentariums in der Transformation: Übergänge werden hier häufig über betriebsnahe Lösungen, Transfergesellschaften oder Abfindungsregelungen organisiert.

Österreich und Schweden zeigen, wie frühzeitige Orientierung, enge Kooperation zwischen Unternehmen, Sozialpartnern und Arbeitsmarktinstitutionen sowie stärker qualifizierungsorientierte Ansätze berufliche Neuorientierungen erleichtern können. Beide Länder setzen auf Modelle, die Beschäftigte intensiv begleiten und aufnehmende Betriebe systematisch einbinden.

In Zeiten der Transformation muss Arbeitsmarktpolitik Brücken bauen

Damit Beschäftigte die anstehenden Veränderungen bewältigen können, muss Arbeitsmarktpolitik künftig stärker Übergänge gestalten – und weniger bestehende Strukturen absichern. Das bedeutet: frühzeitige Unterstützung, bessere Informationen, realistische Orientierung, bedarfsgerechte Qualifizierung und eine stärkere Ausrichtung auf aufnehmende Betriebe.

Beispiele für mögliche Weiterentwicklungen bestehender Instrumente zeigen, wie solche Brücken aussehen könnten: Kurzarbeit könnte in Richtung einer „Brücken-Kurzarbeit“ weitergedacht werden, bei der die Bindung an den bisherigen Betrieb im Zeitverlauf gelockert wird. Qualifizierung sollte sich stärker an Zukunftsbranchen orientieren und Beschäftigte in kleinen und mittleren Unternehmen besser erreichen. Transferinstrumente könnten – nach österreichischem und schwedischem Vorbild – vermehrt Implacement-Elemente enthalten, also Qualifizierung und Vermittlung direkt am Bedarf der aufnehmenden Betriebe ausrichten. Abfindungen ließen sich durch steuerliche Anreize gezielt als Unterstützung beim Wiedereinstieg nutzen.

“Die Transformation birgt enorme Chancen – wenn Politik, Wirtschaft und Sozialpartner berufliche Übergänge aktiv gestalten“, betont Luisa Kunze. ”Gelingende und passgenaue Übergänge stärken Beschäftigungsperspektiven, Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit gleichermaßen.“

Studie