Hebende Hände zum internationalen Demokratietag am 15. September

Regierungen müssen mehr tun zum Schutz der Demokratie

Zum internationalen Tag der Demokratie erscheint heute die 10. Ausgabe der Sustainable Governance Indicators der Bertelsmann Stiftung. Die Ergebnisse zeigen einen besorgniserregenden Langzeittrend.

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Dr. Christof Schiller
Senior Project Manager

Inhalt

Seit 14 Jahren feiern wir am 15. September mit dem Internationalen Tag der Demokratie einen Tag, der Regierungen weltweit dazu ermutigen soll, die Demokratie zu stärken und wetterfest zu machen. Grund genug für uns, einmal zu reflektieren, in welche Richtung sich die OECD- und EU-Staaten aktuell gerade entwickeln; diejenigen Staaten also, die sich am stärksten dem Leitbild einer liberalen Demokratie verpflichtet fühlen sollten.

Gäbe es so etwas wie eine Durchschnittsnote für die Stärkung und Konsolidierung essenzieller liberaler demokratischer Prozesse und Institutionen, gemittelt über alle Regierungen hinweg, so wäre sie in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich rückläufig gewesen. So sank das durchschnittliche (ungewichtete) Rating unserer Experten über alle Regierungen hinweg in der Kategorie Demokratiequalität von 7,3 auf 7,0. Von wenigen positiven Ausnahmen wie Südkorea einmal abgesehen, dominieren kontinuierliche und teils dramatische Einbußen in der Demokratiequalität das Gesamtbild. Angeführt wird unser Demokratie-Ranking unverändert von den Nordischen Staaten Schweden, Finnland, Norwegen, Dänemark und Estland. Deutschland belegt einen guten 7. Platz. Die Türkei, Ungarn, Polen, Rumänien und Mexiko bilden unverändert die Schlussgruppe mit teils gewaltigen weiteren Einbußen.

Politische Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger nehmen ab

Treiber dieses Abwärtstrends sind Verschlechterungen in den politischen Beteiligungsmöglichkeiten der Bürger:innen und hier insbesondere bei der Versorgung mit relevanten Informationen.  Informationsfreiheit, Medienpluralismus und Medienfreiheit sind in nahezu der Hälfte unserer Staaten (19 Staaten Insgesamt) in der zurückliegenden Dekade - teils heftigen - Angriffen ausgesetzt gewesen.  Gerade Staaten, in denen Beteiligungsmöglichkeiten bereits unterdurchschnittlich ausgeprägt waren, haben sich hier weiter verschlechtert. Auch bei der Frage der Garantie bürgerlicher, politischer Rechte sowie der Nichtdiskriminierung durch staatliche Institutionen zeigen sich in 12 Staaten teils erhebliche Verschlechterungen gegenüber 2012. Dagegen haben die Nordischen Staaten ihre Spitzenposition in beiden Untersuchungskategorien weiter gefestigt.

Demokratie und gute Regierungsorganisation müssen Hand in Hand gehen

Robuste demokratische Institutionen und Prozesse sind eine notwendige Voraussetzung, aber allein noch kein Garant für die Bewältigung der neuen, alten Krisen unserer Zeit: politischer Systemwettbewerb, Klimakrise, Corona-Pandemie, soziale Spaltung und steigende Ungleichheit fordern Regierungen sowohl Krisenmanagement als auch Weitblick ab. Sollen diese Krisen erfolgreich gemeistert werden, kommt es - neben der Schaffung nachhaltiger Politiklösungen selbst -  auch darauf an, die Politikgestaltung selbst inklusiver und vorausschauender anzulegen. Es zeigt sich, dass gut organisierte Demokratien insgesamt besser durch die Krise kommen. Nachhaltige Politiklösungen und gute Regierungsführung ergänzen daher seit jeher als weitere tragende analytische Säulen das Messinstrument der Sustainable Governance Indicators.

Unser neugestaltetes Datenportal www.sgi-network.org bietet die Möglichkeit, sich diesen Fragestellungen aus ganz unterschiedlichen Perspektiven zu widmen. Nutzer:innen können Entwicklungen über Zeit nachverfolgen, eigene Rankings und Gewichtungen einzelner Aspekte erstellen oder sich Korrelationen anzeigen lassen. Gleichzeitig bieten unsere umfangreichen Ländergutachten neben den Ratings selbst auch wichtige länderspezifische Einordnungen und Einschätzungen der jeweiligen Daten durch unsere Länderexperten. Im Herbst veröffentlichen wir zudem weitere vertiefende Analysen zur Frage des Fortschritts in den Bereichen Strategieentwicklung, Politikkoordinierung und Konsensfindung.

Unsere heute erschienene 10. Ausgabe der SGI untersucht die ersten zwei Jahre der COVID-19-Pandemie und liefert wichtige Erkenntnisse über die Krisenresistenz von Staaten in Bezug auf Demokratie, politische Leistungsfähigkeit und Governancekapazitäten. Jeder Länderbericht und alle quantitativer Daten sind online unter www.sgi-network.org kostenlos zugänglich. Zum dritten Mal umfasst unsere Umfrage auch Experteneinschätzungen zu Themen wie politische Polarisierung, Open Government, Digitalisierung in der interministeriellen Koordination, Wirksamkeit und Qualität von Ex-post-Evaluierungen sowie Durchsetzung von Vorschriften.

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