Großdemonstration in Kiev, Ukraine

Mitten in Europa – Die Ukraine zwischen Reformen, Krise und Krieg

Seit dem Euromaidan ist die Ukraine auf einem temporeichen Reformkurs. Der Weg nach Europa steht für Demokratie, Recht und Zukunft. Die Richtungsentscheidung provozierte Russland, das erst die Krim annektierte und dann den Osten der Ukraine zu destabilisieren begann. Vor allem Berlin engagiert sich im Umgang mit dem Konfliktherd. Nun treffen sich nach langer Pause wieder die Regierungschefs der Ukraine und Russlands sowie Deutschlands und Frankreichs.

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2014 übernahmen Bewaffnete Stadtverwaltungen im Grenzgebiet der Ukraine zu Russland. Einige Besitznahmen konnten rückgängig gemacht werden, andere leiteten die Besetzung durch russische Truppen ein bzw. eine umfassende politische, administrative und wirtschaftliche Kontrolle durch den Nachbarn Russland. Die mündete in sogenannte "Volksrepubliken“, Marionettenregime mit diktatorischen Verwaltungs- und Befehlsstrukturen.

Die Ukraine hat so keine Kontrolle mehr über ein zusammenhängendes Gebiet auf ihrer Seite der rechtlichen Grenze zu Russland: den Großteil der Bezirke (Oblaste) Luhansk und Donezk. Eine sogenannte Kontaktlinie bildet die neue, faktische Grenze, eine mal mehr und mal weniger umkämpfte Front. Eine Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beobachtet die Lage, hat aber auch keinen freien Zugang jenseits der Kontaktlinie.Über 10.000 Menschen sind bisher gestorben, und die humanitäre Notlage von Millionen Menschen droht als dauerhafte Armut und Unterentwicklung zu enden.

Doppelte Herausforderung: Reformdruck und Krieg

Im Umgang mit dieser Herausforderung hat sich eine Arbeitsteilung herausgebildet: Die EU und ihre Mitgliedstaaten unterstützen die Reformen in der Rest-Ukraine und halten die Sanktionen gegen Russland aufrecht. Deutschland und Frankreich bemühen sich, einen dauerhaften Waffenstillstand und die Reintegration der umkämpften Gebiete zu verhandeln. Grundlage sind die 2014 und 2015 mit ihrer und OSZE-Unterstützung ausgehandelten Minsker Abkommen. Berlin hat, gemeinsam mit Paris, eine zentrale Rolle im sogenannten Normandie-Format übernommen. Es ist bis heute die wichtigste politische Verhandlungsebene, um den Krieg inmitten Europas zu befrieden.

Das letzte Gipfeltreffen der Staatschefs Russlands, der Ukraine, Deutschlands und Frankreichs war im Oktober 2016. Vor allem auf die Initiative des neuen ukrainischen Präsidenten Selenskyjs hin kommt es nun zu einem neuen Anlauf im Umgang mit dem besorgniserregenden Konfliktherd in Europa.

Das Assoziierungsabkommen mit der EU als Reformanker

Die Menschen in der Ukraine sprechen weniger vom Euromaidan als von ihrer "Revolution der Würde“. Damit meinen sie die Würde jeder Ukrainerin und jedes Ukrainers, die der eigene Staat achten muss – so die Forderung des Euromaidans. Deshalb sind die Reformen so wichtig – und das Assoziierungsabkommen mit der EU rechtlicher Rahmen und Motivation gleichermaßen.

Dezentralisierung als Erfolgsgeschichte unter den zahlreichen Reformen

Die Entscheidung der Ukrainer für den Weg nach Europa steht auch für die Etablierung europäischer Subsidiaritätsprinzipien. Die Ukraine ist flächenmäßig größer als Frankreich oder Spanien. Eine Dezentralisierungsreform baut den Staat grundlegend um, hin zu mehr Bürgernähe und lokaler Selbstverwaltung. Deshalb kann Dezentralisierung eine bedeutende Grundlage für "Gutes Regieren“ sein. Die Verschiebung politischer Macht von der nationalen auf die kommunale Ebene ermöglicht Bürgern mehr Zugang und Beteiligungsmöglichkeiten, ihren Lebensraum mitzugestalten.

… und als Bollwerk gegen Destabilisierungsversuche oder Modell?

Deshalb glauben Experten, die nichtföderale, sondern subregionale Ausrichtung der ukrainischen Dezentralisierungsreformen könne wie ein Antidot gegen Destabilisierungsversuche wirken, die sich gegen Regionen der Ukraine richten. Mehr Selbstverwaltung auf der kleinsten Verwaltungsebene Kommune könne regionalen Autonomie- und Sezessionsbestrebungen die Grundlage entziehen.

In jedem Fall ist der ukrainische Weg staatlicher Verwaltung auf der Basis eines nichtföderalen Zwei-Ebenen-Systems über die Grenzen der Ukraine hinweg spannend – und gegebenenfalls ein Modell für andere, ehedem autoritär regierte Staaten, deren Zentralregierung Föderalisierung misstraut und eher bereit wäre, Kompetenzen auf die kommunale, anstatt auf die regionale Ebene, zu verlagern.

Eine aktuelle Analyse benennt künftige Herausforderungen und umreißt die Ergebnisse des fortlaufenden Prozesses der Dezentralisierungsreformen in der Ukraine. Letztere sind Erfolge, die unter schwierigsten Bedingungen erreicht wurden.

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