Wir hatten hier an dieser Stelle in den letzten Wochen bereits ein Diskussionspapier und eine Meta-Studie veröffentlicht. In einem ersten Schritt wurden die definitorischen Zusammenhänge von Digitalisierung und Nachhaltigkeit erarbeitet, um diese dann im zweiten Schritt mit einem umfassenden Blick auf die Studienlandschaft vorerst zu verifizieren oder zu falsifizieren. Für den zweiten Schritt hatten wir 11 Hypothesen (s.a. oben verlinkter Text) gebildet, die nunmehr wiederum in einem dritten Schritt in Form von teilstrukturierten Interviews mit Geschäftsführern oder aber Mitglieder der Geschäftsführern von 18 Unternehmen respektive Betrieben einem Realitäts-Check unterworfen wurden. Ziel der Interview-Reihe war es, den Kontext von nachhaltiger und digitaler betrieblicher Transformation in der Praxis zu analysieren.
Unternehmen und Nachhaltigkeit
Wo steht der deutsche Mittelstand bezüglich Nachhaltigkeitsansätzen in den Unternehmen? Nach welchen Maximen handeln Unternehmen, die sich bereits heute der Nachhaltigkeit verschrieben haben? Wie greifen für sie Nachhaltigkeit und Digitalisierung ineinander, und welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur? Das Papier spürt anhand von zentralen Erkenntnissen aus Interviews mit Unternehmensvertretern und -vertreterinnen dem Stand der Dinge zu diesen Themen nach.
Vom Diskussionspapier zur Meta-Studie zur Interview-Reihe
Unsere Vorgehen
So wurden durch das Team von Future Impacts und auch uns selbst beispielsweise diese Fragen gestellt:
Wo steht der deutsche Mittelstand bezüglich Nachhaltigkeitsansätzen in den Unternehmen? Nach welchen Maximen handeln Unternehmen, die sich bereits heute der Nachhaltigkeit verschrieben haben? Wie greifen für sie Nachhaltigkeit und Digitalisierung ineinander, und welche Rolle spielt dabei die Unternehmenskultur?
Wir haben 20 Personen aus 18 Unternehmen jeweils ca. 1 1/2 Stunden interviewt. Die Audiomitschnitte wurden transkribiert und danach auf Schnittmengen in den Antworten hin analysiert. Diese Schnittmengen wurden dann wiederum geclustert. Diese Clusterung mündete in den folgenden Kernaussagen.
Kernaussagen
- Die interviewten Unternehmen sind bereits damit beschäftigt, beide Arten der Transformation voranzubringen und sind sich darin einig, dass Nachhaltigkeit ohne digitale Werkzeuge nicht zu erreichen ist – unabhängig vom eigenen Beweggrund.
- Nachhaltigkeit ist bei den interviewten Unternehmen Resultat der Unternehmenskultur und nicht primär getrieben durch rein ökonomische Rahmenbedingungen.
- Die Missachtung des Nachhaltigkeitsprinzips wird zukünftig aus rein ökonomischen Zwängen heraus nicht mehr möglich sein: Ohne Nachhaltigkeit keine Wettbewerbsfähigkeit. Politik besitzt theoretisch das Handlungspotenzial, diese Entwicklung zu beschleunigen.
- Die Idee eines „nachhaltigen Geschäftsmodells“ wird zunehmend abgelöst durch das Konzept des „regenerativen Geschäftsmodells“. Es geht also immer weniger darum, den Schaden an Menschen und Umwelt zu reduzieren sondern vielmehr darum, für Menschen und Umwelt durch die unternehmerische Tätigkeit einen Mehrnutzen anzubieten.
- Investitionen in Nachhaltigkeit sollten nach Ansicht der Unternehmer durch eine entsprechende politische Regulierung endlich mit einer entsprechenden Renditeaussicht versehen werden. Meint: Die Missachtung von Nachhaltigkeit darf sich marktwirtschaftlich nicht mehr lohnen. Auf Ebene der Kunden und Beschäftigten muss durch Konzepte wie eine Klimaprämie die Möglichkeit gegeben werden, sich eigenverantwortlich für die vorübergehend teureren nachhaltigen Produkte entscheiden zu können.
- Die Unternehmer fordern einen stärkeren Staat in dem Sinne, dass dieser eine klare zielorientierte Regulierung vorgibt, damit Unternehmen einerseits endlich Investitionssicherheit ermöglicht wird und andererseits schädigendes Verhalten durch den Markt bestraft werden kann.
New Work als wesentliche Voraussetzung?
Bemerkenswert ist außerdem, dass bei der Frage nach der Art und Weise der Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele stets auf Elemente der Arbeitskultur und der Arbeitsorganisation hingewiesen wird, die aus dem Themenbereich „New Work“ bekannt sind, ohne dass dies explizit als New Work gekennzeichnet oder benannt werden: Flache Hierarchien, wertegetriebene Beschäftigte, flexible Arbeitszeiten und -orte, kooperative Arbeitsmethoden, Eigenverantwortung und die Möglichkeit zur Potenzialentfaltung. Dass diese Art der Arbeitskultur unabdingbare Voraussetzung einer nachhaltigen betrieblichen Transformation ist, kann jedoch auf Basis der 18 Interviews nicht geschlussfolgert werden.
Die Interviewreihe war für die Mitglieder beider Teams insofern prägend, als dass ganz klar deutlich wurde, dass Unternehmen der Politik – im positiven Sinne – weit voraus sind, dass Regulierung nicht als Hindernis sondern als etwas Förderliches gesehen wird und dass Nachhaltigkeit inzwischen zu einem ökonomischen Kernprinzip – bei den Vorreitern der nachhaltigen betrieblichen Transformation – geworden ist.