Der deutsche Krankenhausbereich war zu Beginn der Corona-Pandemie im internationalen Vergleich sehr reichhaltig mit Ressourcen ausgestattet. Es gab mehr Krankenhäuser und Betten als in nahezu jedem anderen Land Europas. Allerdings scheint das stationäre Gesundheitssystem reformbedürftig zu sein: zu viele stationäre Fälle, zu wenig ärztliches und pflegerisches Fachpersonal pro Fall und vor allem zu wenig Konzentration und Spezialisierung, um eine effiziente und qualitativ hochwertige Versorgung zu ermöglichen.
Internationaler Vergleich zur Reaktionsfähigkeit von Kliniken
Deutschland ist recht gut durch die erste Corona-Welle gekommen. Aber der Preis war hoch. Viele Milliarden Euro wurden für Betten ausgegeben, die leer standen. Tausende medizinisch erforderliche Eingriffe wurden verschoben oder ganz unterlassen. Musste das sein? Haben andere Länder die Klinikkapazitäten besser gesteuert? Diese Fragen haben Expertinnen und Experten aus Dänemark, Schweden, Spanien und Israel für uns beantwortet.
Die Ausgangslage: viele Kliniken, viele Betten, viele Fälle
Der deutsche Pandemieplan: Viel hilft viel
Trotz der vielen Häuser und Betten wurden knapp neun Milliarden Euro an Freihaltepauschalen an deutsche Kliniken gezahlt. Bis Ende September 2020 wurden damit faktisch über 300 Kliniken von durchschnittlicher Größe aus der Versorgung genommen. Kein anderes Land der Welt gab mehr Geld dafür aus, Krankenhausbetten leer stehen zu lassen. Gleichwohl wurden noch über 13.000 Intensivbetten zusätzlich bezahlt. Ob und wo diese gebraucht wurden, war lange unklar: Auch weil die aktuellste Übersicht über die in Deutschland vorhandenen Intensivbetten zu Beginn der Pandemie aus dem Jahr 2017 stammt.
Die schwedische Bettenplanung: präzise Steuerung statt Gießkanne
In Schweden existiert bereits seit 2001 ein Register, in dem die Intensivkapazitäten aktuell ausgewiesen werden. Normalerweise wird das Register einmal wöchentlich aktualisiert; zu Beginn der Coronapandemie wurde dies auf eine tägliche Aktualisierung umgestellt. Somit konnte die Zahl der Intensivbetten in Abhängigkeit vom steigenden oder sinkenden Bedarf gesteuert werden. Anders ausgedrückt: Es wurden weit weniger Ressourcen verschwendet.
Lehren für Deutschland gehen über die Pandemie hinaus
Die Ableitungen aus dem internationalen Vergleich sind vielfältig und betreffen nicht nur die Kapazitätsplanung. Auch die Steuerungsprozesse zwischen Bundesministerium und Regionen, die Mechanismen der Vorhaltung von erforderlichem Schutzmaterial und technischer Ausstattung, die Steuerung von Patientenströmen sowie der Umgang mit Personalengpässen werden von den Ländergutachtern thematisiert. Die Ableitungen gehen dabei häufig über die Zeiten der Pandemie hinaus. Sie werden auch bei der zukünftigen Neuordnung der Krankenhauslandschaft von Bedeutung sein.
Ländergutachterinnen und -gutachter
Ländergutachterinnen und -gutachter
Dänemark
Prof. Karsten Vrangbæk (University of Copenhagen)
Deutschland
Prof. Tanja Klenk (Helmut-Schmidt-Universität Hamburg)
Dr. Uwe Preusker (Health System Analysis / Health Policy Research, Vantaa)
Israel
Ruth Waitzberg (Ben-Gurion University of the Negev / Myers-JDC-Brookdale Institute)
Oren Miron (Harvard Medical School)
Nadav Davidovich (Ben-Gurion University of the Negev)
Schweden
Dr. Uwe Preusker (Health System Analysis / Health Policy Research, Vantaa)
Spanien
Prof. Kristin Edquist (Eastern Washington University)
Mario Martínez-Jiménez (Lancaster University)