Das Konzept zum Anonymen Krankenschein wurde zunächst im Auftrag des Runden Tisches für Flüchtlingsfragen Köln in einem Arbeitskreis unter Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen, dem Amt für Integration und Vielfalt und dem Gesundheitsamt der Stadt Köln erarbeitet, erläuterte Dr. Julia Gläser-Zorn die Entstehungsgeschichte. Der Rat der Stadt beschloss im Juni 2023 die Umsetzung. Mit Hilfe des AKS können Menschen ohne Krankenversicherung medizinische Behandlungen in Anspruch nehmen. Im Vorfeld erfolgt immer die Beratung und Unterstützung bei der Eingliederung in die medizinische Regelversorgung (Clearing) durch das Netzwerk für Menschen ohne Papiere oder die Clearingstelle Migration und Gesundheit. Außerdem eine fachärztliche Untersuchung und Indikationsstellung in einer der beteiligten Stellen mit medizinischem Sprechstundenangebot für Menschen ohne Zugang zur Regelversorgung bei Maltesern für Menschen ohne Krankenversicherung und dem Gesundheitsamt der Stadt Köln. Die Umsetzung startete im Juli 2023 und ist vorerst befristet bis Ende Dezember 2024. Die Hälfte der Beratungsgespräche wurde mit Menschen ohne Papiere geführt. Manche Menschen befinden sich in einem Teufelskreis, schildert Dr. Gläser-Zorn: So bekommen beispielsweise manche Menschen mit einer Abhängigkeitserkrankung keinen Zugang zur Krankenversicherung weil sie ohne ärztliche Behandlung keine Arbeit aufnehmen können, dies trägt zu finanziellen Schwierigkeiten bei und so weiter. Der AKS kann dazu beitragen, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Teilweise kann durch den AKS in Situationen, die aussichtslos scheinen, geholfen werden. So können Krankheiten behandelt und geheilt, es können aber auch enorme Folgekosten vermieden werden. Im Einzelfall können sogar Leben gerettet werden, wenn beispielsweise durch den Anonymen Krankenschein eine frühzeitige Krebsdiagnose erfolgt. Weitere Informationen und der Halbjahresbericht finden sich unter: Anonymer Krankenschein Köln - Stadt Köln (stadt-koeln.de)
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„Vorsorge kann Leben retten!“
Für Geflüchtete, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, ist der Umfang an medizinischen Leistungen zum Teil eingeschränkt. Das gilt sowohl für Flüchtlinge, die sich noch im Asylverfahren befinden, als auch für solche mit Duldung oder mit einer Grenzübertrittsbescheinigung. Zudem gibt es auch andere Bevölkerungsgruppen, die keine Krankenversicherung und somit eine eingeschränkte medizinische Versorgung haben. In einigen Kommunen gibt es Projekte, um dennoch eine Gesundheitsversorgung für alle Geflüchteten und andere Gruppen sicherzustellen. Ein wichtiges Thema rund um den Zugang zu medizinischer Versorgung ist zudem die Sprachmittlung und Übersetzung. Als Good-Practice-Beispiel wurde diesmal zum einen der Anonyme Krankenschein (AKS) durch Dr. Anna Julia Gläser-Zorn, Gesundheitsamt der Stadt Köln, vorgestellt. Zum zweiten stellte Marthe Hammer von TRIA:PHON ihre Arbeit zum Thema Sprachmittlung bei der medizinischen Versorgung dar.
Inhalt
TRIA:PHON hilft, Verständigungsschwierigkeiten im medizinischen Alltag zu überwinden und Missverständnisse zu vermeiden. Obwohl viele Menschen mit internationaler Familiengeschichte nicht genug Deutschkenntnisse für eine gesundheitliche Beratung oder einen Krankenhausaufenthalt haben, werden die Kosten einer Sprachmittlung in diesem Bereich nicht von der Krankenversicherung übernommen, erläutert Marthe Hammer, Geschäftsführerin von TRIA:PHON. Bei TRIA:PHON gibt es eine zentrale Nummer und 10 Sprachen, die unter dieser zentralen Nummer ausgewählt werden können. Der Vorteil ist eine schnelle und spontane Verfügbarkeit, 24 Stunden an allen 7 Tagen der Woche. Hierbei gehe es nicht um lange, komplexe Gespräche, sondern um eine Ergänzung am Telefon. TRIA:PHON arbeitet mit 170 Einrichtungen in Deutschland und Österreich zusammen. Das Netzwerk umfasst 170 Sprachmittler:innen. Im Monat erfolgen durchschnittlich ca. 2.000 Anrufe à 8 Minuten. Die Hauptsprachen sind russisch, arabisch und vietnamesisch. „TRIA:PHON ist passend für Kommunen, die nicht mehr selbst abwarten wollen“, so Marthe Hammer (zur Präsentation).
Im anschließenden Austausch wurde betont, dass es wichtig ist, allen Menschen, auch denjenigen mit Einschränkungen, Sprachbarrieren oder fehlenden Dokumenten, einen Zugang zur Gesundheit zu ermöglichen. Hier gehe es um Behandlung bereits bestehender Erkrankungen, aber auch Prävention, die in der Regel günstiger ist als die Folgekosten, wenn Krankheiten nicht rechtzeitig erkannt oder behandelt werden. Das gilt vor allem auch für psychosoziale Versorgung. Auch sprachliche Verständigung ist ein Gelingensfaktor, um Fehler infolge von Missverständnissen zu vermeiden. Und schließlich haben beide Projekte erneut gezeigt, dass Kooperation und Zusammenarbeit zwischen Zivilgesellschaft, staatlichen Stellen und Gesundheitseinrichtungen, wie Kliniken, unverzichtbar sind.
Der nächste Online-Austausch von Bertelsmann Stiftung und Welcome Alliance (welcome-alliance.org) findet am Dienstag, 5. November, statt. Das Format wird auch künftig einmal pro Monat, dienstags in der Mittagszeit, in der Regel von 12:30 Uhr bis 13:30 Uhr angeboten.