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Altersarmut - auch ein kommunales Thema : Wir werden älter - und ärmer?

Altersarmut ist im Vergleich zur Armut in der Gesamtbevölkerung zurzeit noch nicht besonders hoch. Erwartet wird jedoch, dass sich dies in wenigen Jahren ändern wird. Die „Rückkehr der Altersarmut“ ist zu befürchten. Vor dem Hintergrund der zunehmenden Alterung der Gesellschaft als eine Folge des demographischen Wandels braucht diese Thematik bereits jetzt Weitblick und valide Daten.

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Rückkehr der Altersarmut?

Viele Studien, die vor allem Gesamtdeutschland oder einzelne Bundesländer im Blick haben, zeigen, dass die Altersarmut im Vergleich zur Armut in der Gesamtbevölkerung noch nicht besonders hoch ist. Erwartet wird jedoch, dass sich dies in wenigen Jahren ändern wird. So wird die „Rückkehr der Altersarmut“ befürchtet. Bereits jetzt herrscht weitgehender Konsens, dass das Armutsrisiko für künftige Ältere ansteigen wird.

Altersarmut ist regional unterschiedlich verbreitet. Bisher liegen jedoch eher Ergebnisse für einzelne Bundesländer und Stadtstaaten vor. Ein Gesamtüberblick und eine Analyse für Deutschland auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte fehlen derzeit. 

Wie wird Armut definiert?

„Altersarmut“ lässt sich auf unterschiedliche Art und Weise definieren. Die empirischen Befunde hinsichtlich des Ausmaßes des zukünftigen Anstiegs von Altersarmut sind nicht einheitlich, sie sind abhängig von der verwendeten Definition von Altersarmut und der zugrundeliegenden Datenbasis. Eine Möglichkeit besteht in der Verwendung des Bevölkerungsanteils über 65 Jahre, der Grundsicherung nach SGB XII erhält.

In der Wissenschaft durchgesetzt hat sich, dass von „Armut“ dann gesprochen wird, wenn das äquivalenzgewichtete Nettohaushaltseinkommen den Grenzwert von 60 Prozent des Medianeinkommens unterschreitet. Die Quoten auf Basis der Grundsicherung und auf Basis der Einkommensverteilung unterscheiden sich aber sehr deutlich:

Eine regionale Analyse von Altersarmut

Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung untersucht die Ruhr Universität Bochum die sozialstrukturellen und regionalen Schwerpunkte von Altersarmut. So wird analysiert,

1.    wie sich Altersarmut auf der Kreis- und Gemeindeebene bundesweit im Zeitverlauf verteilt und wie die Altersarmutsquoten mit anderen soziostrukturellen Merkmalen auf Aggregatebene (z. B. SGB-II-Quote, Arbeitslosenquote, Altersquotient, Migrantenanteil, Median der erzielten Entgelte etc.) zusammenhängen.

2.    inwieweit Einkommensarmut in der Bevölkerung ab 65 Jahren auf Mikroebene (Mikrozensus) durch soziodemografische Merkmale (wie Geschlecht, Alter, Migrationshintergrund, Familienstand, Bildungsstand, letzter ausgeübter Beruf etc.) und Haushaltsvariablen (z. B. Lebenspartner, (Enkel-)Kinder im Haushalt, Wohnsituation etc.) und Kontextvariablen (z. B. Arbeitslosenquote und SGB-II-Quote auf Kreisebene) determiniert wird. 

Entwicklung der Altersarmut

Die Zahl der Rentner, die Grundsicherung nach SGB XII im Alter erhalten, ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Im Jahr 2012 erhielten bundesweit etwa 465.000 Menschen über 65 Jahre (Quote von 2,7 Prozent) Grundsicherung, dies sind ca. 6,6 Prozent mehr als im Vorjahr (436.000) und etwa 13,4 Prozent mehr als im Jahr 2008 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Als "einkommensarm" sind sogar 12 Prozent der Menschen über 65 Jahre zu bezeichnen, schreibt etwa Dr. Eva Munz-König als eine der Autorinnen des Sozialberichtes für NRW. 

Ursachen für Altersarmut

Grundsätzlich sind die Ursachen für Altersarmut vielfältig.

Die ökonomische Situation von Rentnern ist im Wesentlichen durch die regelmäßig bezogenen Renten und die eventuellen Rentenanpassungen determiniert. Die private Altersvorsorge wie auch private Vermögen spielen zu einem geringen Teil und dann vor allem bei den Beziehern höherer Renten eine größere Rolle. Insofern ist im Falle einer unterdurchschnittlichen Einkommensposition bei Renteneintritt dauerhaft mit Altersarmut (und mit einer mehr oder weniger ausweglosen Lage) zur rechnen. Die Ursachen für die zukünftige Altersarmut werden primär in unvollständigen/fragmentierten Erwerbsbiographien und atypischen Beschäftigungsverhältnissen gesehen, wobei weniger in das Rentensystem eingezahlt und letzten Endes von einer geringeren Höhe der Ansprüche bei Renteneintritt auszugehen ist. Dabei ist das Armutsrisiko zusätzlich von der Haushaltszusammensetzung abhängig: Ältere Paare sind im Vergleich zu älteren Alleinstehenden weniger von Armut betroffen. Hauptsächlich erklären lässt sich das durch haushaltinterne Umverteilungsprozesse. Ein anhaltender Anstieg an Einpersonenhaushalten im Alter, so wie er von amtlicher Seite belegt ist und prognostiziert wird (Statistisches Bundesamt 2011), kann somit auch als eine Ursache für einen zu erwartenden Anstieg der Altersarmut angesehen werden.

Von Altersarmut bedroht sein können nicht nur Frauen aufgrund von fragmentierten Erwerbsbiographien (Berufsunterbrechungen durch Kindererziehung und Pflege von Angehörigen). Auch Vollzeitbeschäftigte mit durchgängiger sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit können betroffen sein, wenn die Entgelte gering sind.

Neben den Auswirkungen von geschlechtsspezifischen Tätigkeitsschwerpunkten zeigen sich aber auch bei gleicher Tätigkeit und Berufsausbildung große regionale Unterschiede in der Entgeltstatistik. In strukturschwachen Kreisen liegen die Bruttomonatsentgelte teilweise deutlich niedriger als im Landesschnitt. 

 Die Studie zur Altersarmut wird voraussichtlich bis August 2015 abgeschlossen sein. Die Themen "Armut" und "Soziale Benachteiligung" bleiben aber weiterhin Schwerpunkte. 

 

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