Steuerung im Kontext von Unsicherheiten

Veränderte Lebensbedingungen von Heranwachsenden und Familien führen zu einer seit Jahren wachsenden Nachfrage nach Hilfen zur Erziehung. Damit gehen neue Anforderungen an das System einher. Eine Weiterentwicklung des Hilfesystems und die Verknüpfung der Hilfen zur Erziehung und angrenzender Unterstützungssysteme  sind wichtige anstehende Aufgaben, so das Fazit der Expertenkonferenz am 1. und 2. Juni 2016 in Berlin. 

Erzieherische Hilfen 2025...

Unter diesem Motto diskutierten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger von öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe, von angrenzenden Unterstützungssystemen, aus Verbänden und Vereinen, aus Landes- und Bundesbehörden und aus der Wissenschaft über die Weiterentwicklung der für die Gestaltung und Steuerung der erzieherischen Hilfen relevanten Rahmenbedingungen.

Über die Auswirkungen von rechtlichen Änderungen auf  Organisationen und Institutionen wurde ebenso nachgedacht, wie über die Zukunftsfähigkeit von Konzepten und Methoden für die erzieherischen Hilfen, Strukturen der Leistungserbringung und Finanzierung, das Thema Personalentwicklung, die Stärkung von Kinderrechten, und die Weiterentwicklung der Hilfen durch Evaluation und Forschung.

Steuern ist in der Tat eine Verantwortung, die wir allein aus dem Gesetz heraus haben. Dazu brauchen wir Netzwerkpartner, auf die wir uns verlassen können.

Johannes Horn, Leiter des Jugendamtes der Landeshauptstadt Düsseldorf

In der Diskussion bekannten sich die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter zu ihrer Steuerungsverantwortung. Jedes Jugendamt müsse die eigenen Daten zu Hilfeverläufen und Fallzahlen analysieren und für die Weiterentwicklung nutzen. Dabei müsse das Augenmerk auf der Gestaltung von Prozessqualität und Strukturqualitäten liegen und nicht nur darauf, ob die zu Beginn des Hilfeprozesses gesteckten Ziele erreicht wurden.  Professionalität im beruflichen Handeln und die Weiterentwicklung von Organisationsstrukturen waren hier die meist genannten Stichworte.

Zu häufig bleibe keine Zeit für eine gemeinsame Bewertung der Ausgangslage und die Verständigung über Ziele. Dabei mangele es nicht an klugen Konzepten, sondern an deren Umsetzung, so die Analyse eines Teilnehmers.

Wir brauchen Handwerkszeug in Kommunikation und Beteiligungsmethoden.

Roswitha Vogel, Fachberatung Erziehungshilfe der Stadt Mannheim

In der Diskussion wurde auch deutlich, dass mehr Flexibilität im System notwendig ist, damit die Leistungserbringer auf sich verändernde Lebensbedingungen eingehen  können. Eine zunehmende Spezialisierung von Hilfen und deren Festschreibung für lange Zeiträume wurde als teilweise hinderlich kritisiert.  Auch wiesen mehrere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter  freier Träger darauf hin, dass  Prävention und die Hilfen zur Erziehung nicht gegeneinander ausgespielt werden dürften.

Silke Naudiet vom Bundesverband für Erziehungsberatung und Heinz Hilgers vom Deutschen Kinderschutzbund beschrieben zentrale Einflüsse, die Lebensbedingungen von Kindern und Jugendlichen heute prägen. Wachsende Kinder- und Jugendarmut wurde ebenso angesprochen, wie Stress im Bildungssystem und eine zunehmende Präsenz unterschiedlicher Formen von Gewalt in Medien und Alltag.

Jugendhilfe muss die Leute neugierig auf das Leben machen und Anreize setzen sich mit einem möglichst weiten Feld auseinander zu setzen und dabei Selbstständigkeit in Schritten zu entwickeln.

Katharina Ronstedt, Careleaverin

Ausgangspunkt auf der Suche nach Antworten müsse stets das inhaltliche Anliegen sein, auf das sich die Kinder- und Jugendhilfe bezieht. Die Probleme die Kinder haben, nicht die, die sie machen, müssten im Mittelpunkt stehen. Die Diskussion zeigte eindrücklich, dass für den Erfolg der Kinder- und Jugendhilfe weniger  zentrale Steuerungsimpulse als  gemeinsam entwickelte Ziele und eine im Tun entstehende Qualität entscheidend sind.

Die Expertenkonferenz fand auf Einladung der Bertelsmann Stiftung statt und wurde gemeinsam mit dem Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. und dem Deutschen Jugendinstitut durchgeführt. Die drei Partner bilden zu diesem Thema einen Kooperationsverbund, der einen Beitrag zur Versachlichung der Debatte um die Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung leisten will.

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