Mann spricht in ein Megafon

Kritische Sozialplanung hat einen Veränderungsauftrag

Vom 10. – 12. September 2018 diskutierten Sozialplanerinnen und Sozialplaner aus dem gesamten Bundesgebiet gemeinsam mit Impulsgebern aus Wissenschaft, Politik und Praxis über Auftrag und Selbstverständnis einer kritischen Sozialplanung in Zeiten zunehmender gesellschaftlicher Spaltung. Zu der Fachtagung hatte der Verein für Sozialplanung in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung nach Bielefeld eingeladen.

(Selbst)Verortung bei unklarem Auftrag

Die Tagung widmete sich der Frage, mit welcher Haltung, mit welchem Auftrag und mit welchen Methoden die Sozialplanung mit den gewonnenen Befunden - etwa zur gesellschaftlichen Spaltung in Deutschland - umgehen kann, wie sie aus geeigneten Verfahren mutig Handlungsempfehlungen ableiten und Aktivitäten initiieren kann, um eine Verbesserung der Situationen für die Betroffenen zu erreichen. In Ihrer Begrüßungsansprache verdeutlichte Kirsten Witte, Programmdirektorin der Bertelsmann Stiftung, dass im Rahmen der KeKiz-Begleitforschung wichtige Ansatzpunkte für eine kritische Sozialplanung erarbeitet wurden.

In der Diskussion und den Gesprächen wurde deutlich, dass es für Sozialplanerinnen und Sozialplaner in der Praxis eine anspruchsvolle Aufgabe ist, eine gestaltende Rolle wahrzunehmen. Ein klarer gesetzlicher Auftrag an die Sozialplanung fehlt, die Erwartungen und konkreten Aufgaben vor Ort sind vielfach immens. Welche Themen auf die Agenda kommen, so die Erfahrung der Anwesenden, wird eher von politischen Motiven und Logiken bestimmt als von der fachlichen Meinung der Sozialplanung geschweige denn von lebensweltlichen Belangen marginalisierter sozialer Gruppen.  

Positionierung im Gespräch mit anderen

Mit welchen Strategien Planerinnen und Planer vorgehen können, um im Sinne einer „kritischen Haltung“ Einfluss darauf zu nehmen, dass auch die Bedürfnisse sozialer Gruppen eine Stimme bekommen, die im Kampf um Anerkennung ansonsten kein Gehör finden, darüber wurde in den drei Tagen in Bielefeld intensiv diskutiert.

Sozialplanung müsse strukturelle Ungerechtigkeit aufzeigen und zum Thema machen. Es gehe auch, aber nicht nur darum, Daten auszuwerten, sondern ebenso darum Dynamiken und Konfliktlinien in den Quartieren wahrzunehmen und Allianzen zu organisieren. Und möglicherweise auch darum, Begegnungen zu organisieren, so einige Voten in den drei Tagen. In einer „Live-Abstimmung“ gab außerdem die Mehrheit der Anwesenden an, dass Ausmaß und Auswirkungen der gesellschaftlichen Spaltung nicht allen Menschen klar seien, woraus sich ein Aufklärungsauftrag an die Sozialplanung ableiten lässt. 

Der sozialen Spaltung etwas entgegensetzen

Auf großes Interesse stieß daher auch der KECK-Atlas, der am zweiten Tag vor großer Runde vorgestellt wurde. Hanna Münstermann und Nora Jehles informierten gemeinsam mit den örtlichen KECK-Koordinatoren aus Solingen und Worms darüber, wie der Atlas Kommunen dabei unterstützt, soziale Ungleichheit sichtbar zu machen und Handlungserfordernisse für den politischen und öffentlichen Diskurs aufzubereiten. Aktuelle Befunde zur (sozial)räumlichen Spaltung mit Auswertungen auch aus der KeKiz-Begleitforschung stellte Volker Kersting vor, der beim Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung die Mikrodatenanalyse leitet.

 Am Ende der Tagung war klar, dass sowohl im Verein für Sozialplanung als auch im KECK-Netzwerk der Austausch darüber weitergeht, mit welchen Strategien es der kommunalen Sozialplanung vor Ort gelingen kann, der sozialen Spaltung unserer Gesellschaft etwas entgegenzusetzen.