Impressionen aus der Konferenz

Kinder- und Jugendkonferenz „Zukunftsstimmen: Jetzt sind wir gefragt!“

Am Freitag, den 17.11.2023 führte das JugendExpert:innen-Team (JEx- Team) der Projekte Schulische Bildung und Familie und Bildung die erste Konferenz der Serie „Zukunftsstimmen: Jetzt sind wir gefragt“ im Seminaris CampusHotel in Berlin-Dahlem durch. An der Konferenz nahmen mehr als 50 junge Menschen zwischen 8 und 20 Jahren teil. Mit dem innovativen Konferenzformat möchten wir die Partizipation von Kindern und Jugendlichen an politischen Prozessen stärken und mehr über ihre Bedarfe, Wünsche und Forderungen erfahren.

Ansprechpartner:innen

Foto Simone Reichelt
Simone Reichelt
Project Manager
Foto Julian Storck-Odabaşı
Dr. (phil.) Julian Storck-Odabaşı
Project Manager

Bewegungs- und Spielangebote sorgten für ein niederschwelliges Ankommen der Kinder und Jugendlichen. Anschließend begrüßten der KiKa-Moderator Johannes Büchs und zwei Co-Moderator:innen aus dem JEx-Team die Teilnehmer:innen.

Darauf folgte die erste Workshop-Phase, in der die Teilnehmenden Erfahrungen und Forderungen zu vier politischen Themenbereichen erarbeiteten:

  • Kinderarmut
  • Bildung
  • Gesundheit und Vielfalt
  • Eigene Themen

Die Workshops wurden von Mitgliedern des JEx-Teams sowie einer Gruppe junger Wissenschaftler:innen aus dem Bereich der partizipativen Kindheits- und Jugendforschung konzipiert, moderiert und wissenschaftlich begleitet. Dieser Peer2Peer-Ansatz war sehr effektiv - alle teilnehmenden Kinder und Jugendlichen konnten sich aktiv einbringen.

Nach dem Mittagessen und einer zweiten Workshop-Phase beteiligten sich am Nachmittag Politiker:innen aus dem Bundestag und dem Berliner Abgeordnetenhaus, darunter Lilia Usik (CDU), Alexander Freier-Winterwerb, Marcel Hopp, Bettina König, Maja Lasić, Erik von Malottki (alle SPD) sowie Jette Nietzard und Leonie Wingerath (beide Grüne Jugend Berlin). Sie nahmen aktiv an einem der Workshops teil, in dem die Kinder und Jugendlichen ihnen ihre Ergebnisse aus den beiden ersten Workshopphasen vorstellten und gemeinsam diskutierten. Offen teilten die politischen Akteure hierbei ihre Erfahrungen und gaben Tipps, wie sich die Kinder und Jugendlichen auch Gehör im politischen Raum verschaffen können.

Im Anschluss wurden die Themen aus den Workshops im Plenum nochmals zusammengetragen. Die Politiker:innen stellten sich dabei den Fragen und Forderungen auf einem Podium, das von zwei JugendExpert:innen mit Unterstützung von Johannes Büchs moderiert wurde. Zentrale Themen für die Teilnehmenden waren dabei unter anderem die Angst vor Diskriminierung und Ausgrenzung, die Folgen exzessiven Digitalkonsums, mangelhafte Ausstattung in den Schulen, die Abschaffung der Notenvergabe, Preissteigerung bei essenziellen Gütern und Dienstleistungen, kostenfreier Zugang zu Hygieneartikeln sowie die ökologische Krise.

Die Forderungen stießen bei den Politiker:innen auf ein überwiegend positives Echo. Sie bekräftigten ihr Bemühen um Umsetzung und appellierten an alle Teilnehmer:innen, sich nach Möglichkeit selbst politisch zu organisieren.

Die Konferenz und die erarbeiteten Ergebnisse werten wir jetzt mit dem JugendExpert:innenTeam und den Wissenschaftler:innen aus und transportieren damit die Themen junger Menschen weiter in die öffentliche Debatte. Zudem entwickeln wir das Konferenzformat auf dieser Basis weiter. In den kommenden beiden Jahren werden wir zwei weitere Zukunftskonferenzen in anderen Städten in Deutschland durchführen, um auch dort Erfahrungen mit Beteiligung im Rahmen eintägiger Konferenzen zu gewinnen, die in das Projekt einfließen.

Die übergeordnete wissenschaftliche Begleitung und Auswertung des Projekts erfolgt in Kooperation mit der Goethe-Universität Frankfurt am Main durch die wissenschaftliche Mitarbeiterin Nadja Althaus. Sie begleitet und moderiert auch das JugendExpert:innenTeam. 

Einblicke, Ergebnisse und Forderungen der Workshops

Kinderträume – Aktiv gegen Armut
  • Kostenlose Hygieneprodukte (z.B. Tampons, aber auch Seife und Shampoo, oder Windeln für die jüngsten Kinder)
  • Hobbies und Freizeitaktivitäten sollten günstiger oder kostenlos sein. Denn diese kosten oft zu viel Geld, sind aber für die Kinder wichtig, um mit anderen Kindern in Kontakt zu sein und auch mit den eigenen Gefühlen (Wut, Ärger oder Traurigkeit) besser umgehen zu können.
  • Verstaatlichung von Wohnraum (ein langfristiges Zuhause zu haben als Grundrecht), zudem Privatsphäre und Rückzugsort, zumindest ein kleiner eigener Bereich in der Wohnung (besser ein eigenes Zimmer). Auch im Zusammenhang mit der Trennung von Eltern war es wichtig, dass Wohnraum in der Nähe verfügbar ist bzw. dass man die Eltern regelmäßig sehen kann.

Alle Kinder und Jugendliche sprachen auch von den merklichen Preissteigerungen durch die Inflation und dass es wichtig ist, sich auch mal etwas leisten zu können. 
Das eigene Taschengeld wird manchmal für Spielsachen ausgegeben, aber auch gespart, um z.B. Geschenke für die Familie kaufen zu können. Bei den älteren Jugendlichen spielt das Taschengeld eine zentrale Rolle auf dem Weg zur zunehmenden Eigenständigkeit und Eigenverantwortlichkeit. Taschengeld werde beispielsweise für Essen unterwegs ausgegeben, für Alkohol („wir lernen dadurch den verantwortungsvollen Umgang mit Drogen“) oder Kino. Zudem arbeiten Jugendliche, um sich selbst Dinge leisten zu können, wie Reisen, um zu sparen und auch um die Familie zu entlasten. Mindestens einmal im Jahr in den Urlaub fahren zu können (zum Ausruhen und Erfahrungen sammeln wie z. B. beim Campen), wurde von den Teilnehmenden als notwendig erachtet.

Eine zukunftsfähige Schule – faire Bildungschancen
  • Die Kinder und Jugendlichen hatten zum Teil sehr starke Kritikpunkte und Forderungen am Lernort Schule. Die Kritikpunkte waren dabei sehr individuell, zum Teil auf die Ausstattung bezogen, zum Teil auf das Lehrpersonal, zum Teil auf das Schulsystem insgesamt.
  • Die übergreifende, meistdiskutierte und von allen geteilte Forderung war die nach einer Abschaffung des derzeitigen Benotungssystems, da dies sehr subjektiv sei und enormen Leistungsstress auslöst.
  • Die Kinder und Jugendlichen forderten eine bessere finanzielle Ausstattung der Schulen und mehr Lehrkräfte.
  • Auch der soziale Umgang in den Schulen, d. h. gegenseitiger Respekt, das Lösen von Konflikten sowie die Vermeidung von Diskriminierung und Mobbing sind den Teilnehmenden wichtig. Dafür muss in der Schule Raum geschaffen werden. Die anwesenden Politiker:innen haben sich auf die Positionen der Teilnehmenden eingelassen und teilweise sehr konkrete Lösungsansätze vorgeschlagen.
In Gesundheit und Vielfalt zusammenleben

In dem Workshop „Gesund leben“ haben die Kinder und Jugendliche erarbeitet, was Einfluss auf ihre Gesundheit nimmt und gemeinsam abgestimmt wo es den größten Veränderungsbedarf gibt bzw. welche Themen von der Politik adressiert werden müssen. 
Dabei wurden drei Themen identifiziert:

  1. Religions-/Meinungsfreiheit,
  2. Problematische Handy-/Mediennutzung,
  3. Medizinische Versorgung.

Zu diesen Themen beschäftigten sich die Kinder und Jugendlichen mit der Frage „Was muss sich konkret ändern?“ in Kleingruppen und entwickelten folgende Forderungen:

  • Damit Kinder und Jugendliche ihre Religion frei ausleben können und ihre Meinung frei äußern können, bedarf es mehr Aufklärung und Projekttage in Schulen und einer Sensibilisierung der Gesellschaft. Besonders der Aspekt, sich nicht sicher im öffentlichen Raum bewegen zu können, ist gravierend.
  • Um der problematischen Mediennutzung zu begegnen, muss es mehr Aufklärungsarbeit und Schulungen für Kinder und Jugendliche selbst, für Eltern und Fachkräfte, sowie niedrigschwellige Anlaufstellung zur Unterstützung geben.
  • Für eine gerechte medizinische Versorgung muss es mehr Aufklärung und Therapieplätze geben. Zudem sollten Hygieneartikel (z.B. Binden, Tampons) kostenfrei zur Verfügung stehen.
Euer gutes Leben – Eure aktuellen Themen

In diesem Themenstrang fanden zwei verschiedene Workshops statt.

Workshop „Was habt ihr in/fehlt euch zu eurem guten Leben? Was sind eure aktuellen Themen?“:

Zum guten Leben haben die Kinder bereits folgende, von den Kindern gebildete Themengruppen: Gesellschaft, Grundbedürfnisse, Lebensort. Etwas weniger haben sie: Geld, Freizeit und Elektronik. Zum guten Leben fehlt den Kindern: Natur und Lernen.

Veränderungsvorschläge für die Verbesserung ihrer drei wichtigsten aktuellen Themen sind:

  • Umwelt: Müll nicht liegen lassen, Menschen dafür verantwortlich machen; mehr Forschung für klimafreundliche Energien, Elektroautos
  • 3. Weltkrieg: Rassismus und Antisemitismus darf es nicht geben
  • Kind entführt: wir wissen nicht was verändert werden kann, vielleicht von Menschen isolieren

Forderungen an die Politik:

  • zu Umwelt: eine Umweltschutz Befragung durchführen; Schulfach einführen zu Umwelt/Natur; auf Natur aufpassen, z. B. regelmäßig SMS an Bevölkerung senden, um an Umweltbewusstsein zu erinnern
  • zu Natur: Menschen sollen besser auf die Natur und aufeinander aufpassen
  • zu Schule: sinnvolle und vernünftige Dinge sollen in der Schule gelernt werden
Workshop „Was sind eure aktuellen Themen“:

Umwelt- und Tierschutz

  • Mehr Forschung im Bereich der alternativen Energiegewinnung
  • Verbesserte Bedingungen in der Tierhaltung und mehr Aufklärung über Tierschutz

Zukunft nach der Schule

  • Mehr Informationen und Programme zur Berufswahl (in der Schule)

Stress

  • Das Thema Stress für Kinder und Jugendliche soll ernst genommen und offen besprochen werden.
  • Das Schulsystem soll verändert werden. Beim Schulwechsel müssen die Wünsche der Schüler:innen berücksichtigt werden.