Sitzungssaal Landtag Niedersachsen

Expertise zur Existenzsicherung von Kindern gefragt

Rund 192.000 Kinder sind in Niedersachsen von SGB-II-Leistungen abhängig und wachsen in Armut auf. Die weitreichenden Folgen von Kinderarmut und die unzureichende Wirksamkeit familienpolitischer Maßnahmen hat der Landtag Niedersachsen nun zum Thema einer öffentlichen Anhörung gemacht. Im „Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Migration“ konnte auch das Projekt „Familie und Bildung: Politik vom Kind aus denken“ Stellung beziehen. 

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Antje Funcke
Senior Expert Familie und Bildung

Inhalt

Im August 2016 hatten die Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Landesregierung Niedersachsens dazu aufgefordert, sich insbesondere auf Bundesebene stärker für die Belange armer Kinder einzusetzen. Sie mahnten

  1. die kurzfristige Erhöhung und vereinfachte Beantragung der Mittel für Leistungen des Bildungs- und Teilhabepakets,
  2. die mittelfristige Erhöhung der SGB-II-Regelsätze in angemessenem Umfang sowie
  3. die langfristige Bündelung aller staatlicher Leistungen für Kinder durch eine Kindergrundsicherung an. (vgl. NI-Drucks. 17/6246, S.1)

Die Bertelsmann Stiftung macht in ihrer Stellungnahme auf die besondere Situation von Kindern und Jugendlichen aus alleinerziehenden Familien aufmerksam. Weil die Hälfte aller Kinder im SGB-II-Bezug in Ein-Eltern-Familien aufwächst, ließe sich bei ihnen besonders wirksam Armut bekämpfen. Die Reform des Unterhaltsvorschusses durch Bund und Länder wäre daher kurzfristig eine wirksame Maßnahme gegen Kinderarmut.

Existenzsicherung für Kinder muss grundlegend geändert werden:
Bedarfe, Rechte und Interessen von Kindern in den Mittelpunkt stellen

Um langfristig allen Kindern faire Bildungs- und Teilhabechancen unabhängig von ihrer kulturell-ethnischen und sozio-ökonomischen Herkunft zu eröffnen, sind allerdings eine grundlegende Reform und eine Politik notwendig, die sich an den Bedarfen von Kindern und Jugendlichen orientieren. Das Projekt „Familie und Bildung“ entwickelt derzeit gemeinsam mit einer wissenschaftlichen Expertenrunde unter dem Arbeitstitel „Teilhabe gewährleistende Existenzsicherung“ ein Konzept für eine solche Reform. Es basiert auf drei Säulen, die in einem eigenen Sozialgesetzbuch für Kinder verankert werden sollten:

  • Neue finanzielle Leistung für Kinder, die zahlreiche bisherige familienpolitische Maßnahmen ersetzt und mit steigendem Einkommen der Eltern abgeschmolzen wird
  • Kontinuierliche Sozialberichterstattung mit und für Kinder zur Bestimmung altersspezifischer Bedarfe
  • Einheitliche Behördenzuständigkeit für alle Belange von Kindern, Jugendlichen und Familien.