Die Haushaltspolitik steht derzeit im Zentrum der politischen Auseinandersetzung in Deutschland. Kern der Diskussion in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode war die Schuldenbremse im Grundgesetz. Dabei hat sich eine rege Debatte darüber entsponnen, ob und wie die Schuldenbremse zu reformieren sei, um wichtige Investitionsbedarfe stemmen zu können. Vorschläge dazu kamen etwa von der Bundesbank, dem Sachverständigenrat, dem Bundesverband der Deutschen Industrie oder vom Internationalen Währungsfonds. Gegen eine Reform wird allerdings immer wieder der Einwand vorgebracht, die gerade erst reformierten EU-Fiskalregeln seien für Deutschland im Ergebnis restriktiver als die Schuldenbremse. Träfe dies zu, wäre eine Reform der Schuldenbremse entweder wertlos oder aber der neu geschaffene Spielraum könnte nur zum Preis des Bruchs europäischer Regeln genutzt werden.
In diesem Policy Brief untersuchen wir die Interaktion zwischen den EU-Fiskalregeln und der Schuldenbremse und kommen zu einem differenzierten Ergebnis: Erstens enthalten die europäischen Regeln systematisch mehr Spielraum für schuldenfinanzierte Ausgaben als die Schuldenbremse. Dieser zusätzliche Spielraum ergibt sich sowohl bei der Festlegung des mehrjährigen Ausgabenpfades wie auch danach bei der Überwachung der Regeln. Der Spielraum wächst zweitens dadurch, dass schuldenfinanzierte Ausgaben für die Stärkung von Wachstum und Wachstumspotenzial genutzt und sie von Reformen begleitet werden, die das Wachstumspotenzial anheben. Drittens beschränken die europäischen Regeln die Ausweitung konsumtiver Ausgaben deutlich. Eine Ausnahme hiervon bilden allerdings Verteidigungsausgaben.