Klar ist: Wenn die EU es nicht schafft, den Rechtsstaat in allen Mitgliedstaaten zu sichern, ist sie als Wertegemeinschaft schwer denkbar. Sie wird nicht an Klimazielen, Außenhandels- oder Budgetfragen scheitern. Kompromisse dazu mögen schwer zu finden sein. Doch es wird sie geben. Die EU, wie jede politische Gemeinschaft, wird dann auseinanderbrechen oder in sich zerbröseln, wenn ihre fundamentalen Werte nicht mehr von allen geteilt werden – wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit für einen Teil der europäischen Bürger:innen gelten und für den anderen nicht.
Für die EU darf vieles verhandelbar sein. Rechtsstaatlichkeit und Demokratie gehören nicht dazu. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar. Eine „illiberale Demokratie“, wie der ungarische Premierminister Orban sein Land bezeichnet, gibt es nicht. Unabhängige Gerichte und Medien, freie Forschung und eine lebendige diverse Zivilgesellschaft sowie die Bekämpfung von Korruption sind Grundbedingungen für eine funktionierende Demokratie. All das möchten die Europäische Kommission, das Europäische Parlament und die große Mehrheit der Mitgliedstaaten bewahren. Deshalb wollen sie die Vergabe von EU-Mitteln an Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit knüpfen. Die ungarische und die polnische Regierung blockieren.