Dr. Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft, präsentiert wirtschaftspolitische Empfehlungen.

Wohlstand und Wachstum auch im demographischen Wandel möglich

Fachkräftemangel, sinkende Produktivität, uferlos steigende Sozialabgaben und Wohlstandsverlust, die Schreckensszenarien des demographischen Wandels können vermieden werden - wenn jetzt die richtigen Weichen gestellt werden. Dann wäre sogar eine weitere Wachstumsdynamik möglich.

Deutschland steht derzeit wirtschaftlich gut da. Doch wie gut sind die Perspektiven für Wohlstand, Wachstum und sozialen Zusammenhalt angesichts des demographischen Wandels in Deutschland? In einer Diskussionsveranstaltung unter der Überschrift „Perspektive 2035: Wohlstand und Wachstum in einer alternden Gesellschaft – Was muss jetzt entschieden werden?“ präsentierte Dr. Hans-Peter Klös, Geschäftsführer des Instituts der deutschen Wirtschaft und Leiter des Wissenschaftsbereichs, Antworten auf diese Frage. Grundlage war eine Studie, die das Institut im Sommer 2017 veröffentlicht hatte.

In seinem Vortrag vermittelte Klös anhand ausgewählter volkswirtschaftlicher Indikatoren folgende Erkenntnis: Durch den demographischen Wandel wird sich das Potenzial für das Wachstum in Deutschland in den kommenden 15 Jahren halbieren. Damit werden sich die Voraussetzungen verschlechtern, steigende Renten oder Gesundheitskosten zu finanzieren, Schulden zu tilgen oder notwendige Investitionen zu tätigen.

Doch die positive Botschaft des Instituts der deutschen Wirtschaft lautet: Durch eine kluge Wirtschaftspolitik – orientiert am Gedanken der Demographievorsorge – kann ein Wachstumseinbruch vermieden und die wirtschaftliche Dynamik wieder erhöht werden. Zu einer demographischen Vorsorgepolitik gehörten insbesondere eine erfolgreiche Integration und Qualifizierung von Zuwanderern, eine Ausweitung der Erwerbstätigkeit und des Arbeitsvolumens, eine höhere Produktivität, mehr Gründungen und digitale Innovationen sowie bessere Rahmenbedingungen für einen beschleunigten technischen Fortschritt.

Eine Konzentration auf eine bestimmte Maßnahme reiche für substantielle Veränderungen nicht aus. Auf die Frage, welche Ansätze denn prioritär umzusetzen seien, nannte Klös in erster Linie die Verlängerung der Lebensarbeitszeit und den Ausbau der Investitionstätigkeit. Diese Ansätze ließen sich auch mit den Zielen des inklusiven Wachstums übereinbringen. Die kommenden vier Jahren müssten unbedingt zum Handeln genutzt werden.

Soziale Folgen berücksichtigen

In der weiteren Diskussion mit den Experten der Bertelsmann Stiftung wurden auch die Folgerungen der Studie für das Thema der sozialen Ungleichheit diskutiert. Hans Peter Klös wies dabei auch darauf hin, dass mit Bezug auf den demographischen Wandel die Wohnungsproblematik immer wichtiger werde. Eine weiter ungelöste soziale Frage sei der wachsende Abstand zwischen den sozialen Schichten in Deutschland. Die Sozialpolitik habe diesbezüglich bisher kaum Erfolge erzielt.

Als weiteres Beispiel nannte Klös die qualifikationsgetriebene Einkommensspreizung, die trotz der guten Arbeitsmarktentwicklung nicht zurückginge und durch die Digitalisierung noch weiter zunehmen werde. Die Aufstiegsmobilität habe ebenfalls nicht zugenommen. Mit dem Blick auf die Mobilisierung zusätzlicher Arbeitskraft von Frauen und Älteren für den Arbeitsmarkt dürfe nicht übersehen werden, in welchem Umfang diese ihre Arbeitskraft für die Pflege von Angehörigen und die Ausbildung des Nachwuchses einbringen. In der klassischen Betrachtungsweise der Ökonomie würden diese Leistungen bislang nicht berechnet.