Arbeitsgruppe unterschiedlicher Generationen im Gespräch

Arbeitskräfte und Arbeitsmarkt im demographischen Wandel

Vorausberechnungen zufolge wird das Erwerbspersonenpotenzial ab 2020 deutlich zurückgehen – trotz höherer Zuwanderungszahlen und der steigenden Erwerbsbeteiligung Älterer. Um Arbeitskräfteangebot und -nachfrage in der Zukunft realistischer einschätzen zu können, müssen die für verschiedene Branchen und Gruppen spezifischen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und die damit einhergehende Heterogenität stärker in den Blick genommen werden.

Das Erwerbspersonenpotenzial und die Anzahl der Erwerbspersonen haben sich in Deutschland seit der Jahrtausendwende sehr positiv entwickelt. Maßgeblich hierfür waren neben der weiterhin steigenden Erwerbsbeteiligung von Frauen auch eher unerwartete Entwicklungen wie etwa die starke Zunahme der Erwerbsbeteiligung älterer Menschen und hohe Zuwanderungszahlen. Gleichzeitig hat sich auch die Qualifikationsstruktur der Erwerbspersonen deutlich verbessert.

Doch wie werden sich das Erwerbspersonenpotenzial, die Erwerbsbeteiligung von Frauen, Älteren und Zuwanderern sowie die Qualifikationsstruktur der Erwerbspersonen in Zukunft weiterentwickeln?

Arbeitskräftepotenzial wird ab 2020 zurückgehen

Verschiedene Vorausberechnungen aus den Jahren 2003 bis 2017 zeigen, dass aufgrund der demographischen Entwicklung bereits zwischen 2020 und 2030 mit einem nennenswerten Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials und der Erwerbspersonenzahl zu rechnen ist. In der Tendenz fällt der erwartete Rückgang in neueren Berechnungen aufgrund aktuellerer Daten zwar geringer aus, an der grundsätzlichen Entwicklungsrichtung ändert dies allerdings nichts.

Zukunftsszenarien, die den Einfluss der Migration und der Erwerbsbeteiligung auf das Erwerbspersonenpotenzial bis zum Jahr 2040 darstellen, kommen darüber hinaus zu dem Schluss, dass eine weitere Erhöhung der Erwerbsquote allein den Rückgang nicht vermeiden kann. Im Zusammenspiel mit einer dauerhaft positiven Nettozuwanderung (mind. 200 000 pro Jahr) kann dieser Rückgang aber deutlich abgemildert werden.

Vorausberechnungen müssen Heterogenität berücksichtigen

Allerdings kommt es bei der Berechnung des künftigen Arbeitskräfteangebots und der -nachfrage nicht nur auf die Anzahl der Köpfe an. Nicht zuletzt durch die Digitalisierung werden sich die Berufs- und Branchenstrukturen hin zu einer wissensintensiveren Produktionsweise verändern. Diese Entwicklung wird für verschiedene Bevölkerungsgruppen sehr unterschiedlich verlaufen. Deshalb müssen Vorausberechnungen stärker die Bildungs- und Qualifikationsstruktur des Arbeitskräfteangebots sowie die Qualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt mitberücksichtigen:

Die Erwerbsbeteiligung von Zuwanderern hängt z.B. maßgeblich von Herkunftsland, Migrationsgrund und Geschlecht ab. Bei der Bildungs- und Qualifikationsstruktur der Erwerbsbevölkerung stellt sich die Frage, ob die einheitliche Kategorisierung von zunehmend fragmentierten Bildungsabschlüssen (z.B. Bachelor und Master als Hochschulabschlüsse) die tatsächlichen Fähigkeiten von Personen widerspiegelt, und ob sich das Qualifikationsniveau der verbleibenden Erwerbsbevölkerung durch den Renteneintritt der Baby-Boomer verändern wird. Branchen können wiederum unterschiedlich flexibel auf einen möglichen Fachkräfteengpass reagieren.

Für die Forschung ist es eine große Herausforderung, diese Heterogenitäten in den Vorausberechnungen zu berücksichtigen. Ein erster möglicher Lösungsschritt hierfür wäre, dass Projektionen vermehrt unterschiedliche Szenarien in die Berechnungen mit einbeziehen.

Qualifikation und Weiterbildung als wesentliche Stellschrauben

Bei sich spezialisierenden Arbeitsanforderungen bildet die richtige Qualifikation eine Grundvoraussetzung für die Erwerbsintegration. Weiterbildung über den gesamten Erwerbsverlauf und insbesondere auch im fortgeschrittenen Erwerbsalter gewinnt dadurch zunehmend an Wichtigkeit und sollte von der Politik noch stärker gefördert werden. Grundlegende Fragen sind dabei noch nicht hinreichend geklärt: Wo liegen mögliche Hindernisse bei der Weiterbildung? Gibt es kausale Effekte zwischen Weiterbildung und der Produktivität von Firmen bzw. den Einkommen von Arbeitnehmern? Und wie können Fähigkeiten unabhängig von erreichten Bildungsabschlüssen gemessen werden?