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Stig Nygaard / Flickr - CC BY 2.0, https://creativecommons.org/licenses/by/2.0

, Reinhard Mohn Preis 2013: Ghana – Lebendige Zivilgesellschaft

In Ghana stehen Menschen, die sich für ihr Land einsetzen, auch wenn Armut, Kindersterblichkeit und illegale Umweltsünden manche Pläne durchkreuzen, für eine bessere Zukunft. Zur Verleihung des Reinhard Mohn Preises am 7. November 2013 unternimmt die Bertelsmann Stiftung eine Reise durch Länder, die mit nachhaltiger Politik den Wandel in ihrem Inneren gestalten.

Ghanas größter Albtraum liegt fast gleich nebenan. Von der Hauptstadt Accra sind es auf der Küstenstraße durch Togo und Benin keine 500 Kilometer bis nach Lagos, der größten Metropole Nigerias. Nigeria ist größer und wirtschaftlich mächtiger als Ghana, das in den vergangenen Jahren wirtschaftlich auf Platz zwei gerückt ist in Westafrika. Aber Nigeria hat dafür auch teuer bezahlt. Der Ölreichtum des Landes hat vor allem am Nigerdelta zu extremer Ungleichheit, blutigen Konflikten und gewaltigen Umweltschäden geführt. Seitdem vor sechs Jahren auch vor Ghanas Küste Öl entdeckt wurde, geht neben vielen Hoffnungen die Angst davor um, dass die Bodenschätze dem bisher konfliktarmen Land ebenfalls nicht nur Reichtum, sondern auch Missgunst, Ausbeutung und Gewalt bescheren könnten.

Um den Fluch des Öls zu umgehen, suchte die Regierung in Accra Hilfe für die Ölförderung sehr weit nördlich in Norwegen. Es schien, als wolle die ghanaische Regierung auch geografisch zeigen, wie weit entfernt sie sich vom reichen Nachbarn Nigeria sieht. Die Norweger erzählten den Westafrikanern, wie Ghana die Öleinnahmen sozial verträglich und langfristig anlegen kann. Das ghanaische Ölgesetz legt nun fest, dass 30 Prozent der staatlichen Öleinnahmen in langfristig angelegte Staatsfonds fließen müssen. Der Rest darf im aktuellen Haushalt verwendet werden, allerdings auch nur für besondere Entwicklungsförderung. 

Seit den ersten demokratischen Wahlen 1992 hebt Ghana sich von den Nachbarn in der Region ab, was den Aufbau stabiler Institutionen, den Respekt vor Recht und Gesetz und nachhaltige Entwicklung angeht. Das ist bemerkenswert, denn als 1987 die Brundtland-Kommission mit ihrem Bericht Nachhaltigkeit auf die weltpolitische Agenda setzte, steckte Ghana noch mitten in der Diktatur und war weit davon entfernt, zu einem afrikanischen Vorbild zu werden.  

Sozialer Fortschritt

Das Land hat eine lebendige Zivilgesellschaft, die von der Regierung auch beachtet wird. Wer sie außer Acht lasse, bekomme das schmerzhaft zu spüren, sagen Regierungsbeamte. Und Ghana versucht sich von der klassischen Politik eines Entwicklungslands zu lösen, in der oft fast ausschließlich auf wirtschaftlichen Aufschwung und Armutsbekämpfung gesetzt wird.

Der ghanaischen Politik ist es in den vergangenen zwanzig Jahren gelungen, wirtschaftlichen Erfolg mit sozialem Fortschritt zu verbinden. Und in die Entwicklungsstrategie werden auch umweltpolitische Ziele einbezogen. Ghana hat sich mit dieser nationalen Strategie vorgenommen, wirtschaftliche, soziale und umweltpolitische Aspekte zu verbinden. Das zeigt sich durch die Entwicklungspolitik und eine Reihe von Gesetzesinitiativen.

Über die Jahre hat sich Ghana mit seiner auf Nachhaltigkeit bedachten Entwicklung einen guten Ruf erarbeitet. Neben der umsichtigen Verwaltung der Öleinnahmen sticht hier vor allem das Gesetz für erneuerbare Energien hervor.

Der mit chinesischer Hilfe gebaute Bui-Staudamm, der dieses Jahr in Betrieb genommen werden soll, verursachte durch weitflächige Überschwemmungen zwar noch verheerende Umweltschäden. Das Land ist aber auch Vorreiter für Wind- und Sonnenenergie in der Region. Die zuständige Behörde hat nur zehn Mitarbeiter, doch es mangelt ihr nicht an Initiative. Sie hat Krankenhäuser mit Solarkühlschränken ausgestattet und vom Stromnetz abgeschnittene Dörfer mit Solarlaternen. Und es hat die Potenziale für die Windenergie in Ghana analysiert.  

Probleme anpacken

Doch oft reichen die besten Ambitionen nicht aus. Bisweilen haben die staatlichen Institutionen nicht das Geld oder genug gut ausgebildetes Personal, um ihre ambitionierten Pläne umzusetzen. Die Wirtschaft hängt noch immer stark vom Goldexport ab. Ghana ist nach Südafrika der zweitgrößte Goldproduzent Afrikas. Vor allem illegale Waldrodung und Goldgewinnung durchkreuzen die umweltpolitischen Pläne. Für große Teile der armen Bevölkerung, das ist Ghanas Dilemma, ist dies nach wie vor die sicherste Einnahmequelle. Neben organisierten Banden schürfen ganze Familien illegal Gold und verseuchen das Grundwasser mit dem dafür benutzten Quecksilber. 

Trotz vieler Erfolge bleibt die Entwicklung in Ghana oft enttäuschend. Es hat zwar vorzeitig den Weltbank-Status eines Landes mit mittleren Einkommen erreicht, bei anderen Entwicklungszielen hinkt es aber hinterher. Regionen im Norden sind noch stark verarmt, die Kindersterblichkeit bleibt hoch. Die Infrastruktur ist schwach, die Korruption groß. Dass die Geberländer in Zeiten der Krise die Entwicklungshilfe kürzen, trifft das Land hart. 
 
Die gute Tendenz jedoch bleibt: Obwohl Ghana sein Programm für mehr Nachhaltigkeit erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten initiiert hat, hat es einige Länder der Region inspiriert. Vor allem Staaten mit ähnlichen geopolitischen Bedingungen nehmen sich an Ghana ein Beispiel. Ghanaer bauen auf eine starke landesweite Einheit, obwohl es weit über 40 ethnische Gruppen und knapp 80 verschiedene Sprachen gibt. Zur Entspannung trägt auch die Regierung bei, die die Teilhabe verschiedener Gruppen unterstützt und für neue Ideen offen ist.

Über Ghana:

Die Republik Ghana liegt in Westafrika und grenzt an die Elfenbeinküste, Burkina Faso, Togo und im Süden an den Golf von Guinea. Mit einer Fläche von 238.537 Quadratkilometern ist Ghana fast so groß wie das Vereinigte Königreich, mit dessen Geschichte es durch die Kolonialzeit eng verbunden ist. Die rund 25 Millionen Einwohner des Vielvölkerstaats werden Ghanaer genannt, Amtssprache ist Englisch. Obwohl Ghana noch als Dritte-Welt-Land bezeichnet wird, hat es im Vergleich zu den Nachbarländern einen höheren Grad an Wohlstand erreicht. Weltwirtschaftlich bedeutend ist Ghana wegen seines Rohstoffreichtums. Dabei ist Gold sein wichtigstes Exportgut: Etwa ein Drittel der Exporterlöse hängen mit der Förderung von Gold zusammen.

(Text: Benjamin Dierks, aus: change – Das Magazin der Bertelsmann Stiftung)

Buchtipp:
Die fünf in dieser Serie vorgestellten Länder stehen auch im Mittelpunkt des Buchs "Erfolgreiche Strategien für eine nachhaltige Zukunft", das die Bertelsmann Stiftung anlässlich des Reinhard Mohn Preises 2013 am Montag, 4. November, veröffentlicht.

Publikation: Erfolgreiche Strategien für eine nachhaltige Zukunft

Seit dem ersten Erdgipfel in Rio de Janeiro 1992 sind zahlreiche Staaten auf der Suche nach einem neuen Verständnis von wirtschaftlichem ...

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