Pünktlich zum 55. Jahrestag des Elysée-Vertrages haben das Deutsch-Französische Institut und die Bertelsmann Stiftung ihre gemeinsame Studie zu den deutsch-französischen Städtepartnerschaften vor geladenen Gästen in Paris und Berlin vorgestellt.
Angesichts der besonderen Bedeutung, die den kommunalen Verbindungen bei der Realisierung eines bürgernahen Europas zukommt, haben neben Vertretern aus den Städtepartnerschaften, zahlreiche Abgeordnete aus den Parlamenten, Vertreter aus den Ministerien sowie der organisierten Zivilgesellschaft der Vorstellung der bislang größten Untersuchung zu den deutsch-französischen Städtepartnerschaften beigewohnt.
Die „Städtepartnerschaften haben sich bewährt und sind unabdingbar“ – darauf wies Staatssekretär Prof. Ulli Meyer bereits in seiner Begrüßung in der Vertretung des Saarlandes beim Bund in Berlin hin. Auch Botschafterin Moro betont in ihrem Grußwort im Goethe-Institut in Paris, wie wichtig die persönlichen Begegnungen für das gegenseitige Verständnis und das Entstehen eines Europas von unten seien. Als Leiterin der Kommission für die Außenbeziehungen der Gebietskörperschaften berät und betreut ihr Stab diese bei ihren Aktivitäten im Ausland.
Weil Deutschland und Frankreich bis heute den Kern der europäischen Einigungsbewegung darstellen, hat sich die Bertelsmann Stiftung des Themas angenommen: „Europa braucht mehr Bürgerbeteiligung“ – in diesem Credo waren sich Joachim Fritz-Vannahme, Senior Advisor und Céline Diebold, Project Manager einig. Dass die Studie genau zum richtigen Zeitpunkt erscheint, betont Prof. Frank Baasner vom Deutsch-Französischen Institut: „Die besondere Erwähnung der Städtepartnerschaften in der Parlamentsresolution zum 55-jährigen Bestehen des Elysée-Vertrages stellt ein politisches Momentum dar, das es zu nutzen gilt.“
Insgesamt gesehen, ist die gute Nachricht, wie die Autorin der Studie, Dr. Eileen Keller vom Deutsch-Französischen Institut betont, „dass sich viele Kommunalpartnerschaften auch über lange Zeiträume sehr erfreulich entwickelt haben.“ Von den 1.322 deutschen und französischen Städten, die sich an der Studie beteiligt haben, geben rund drei Viertel an, ihre Beziehungen zum Partner seien sehr gut und der Stellenwert auf kommunaler Ebene sehr hoch. Auch im Zeitverlauf haben sich zwei Drittel der Partnerschaften stabil entwickelt. Und doch gilt es heute die Partnerschaften zukunftsfest zu machen. Größere Sichtbarkeit von Ort und in der breiteren Öffentlichkeit wie auch eine Anpassung an die veränderten Rahmenbedingen müssen heute geleistet werden.
Im Anschluss an die Vorstellung zentraler Erkenntnisse wurden diese unter Leitung von Joachim Fritz-Vannahme mit Politikern und Experten der deutsch-französischen Zivilgesellschaft diskutiert. Dr. Franziska Brantner – eine der Autorinnen der deutsch-französischen Parlamentsresolution – betont, wie wichtig eine gute empirische Grundlage sei. Oft komme in der Politik an, dass die Partnerschaften nicht mehr aktiv seien. In ihrer Funktion als Bundestagsabgeordnete setzt sie sich dafür ein, dass die Städtepartnerschaften in die Bürgerkonsultationen zur Zukunft Europas eingebunden werden. Ganz ähnlich wie ihre Berliner Kollegin argumentiert auch Sabine Thillaye, die vor sechs Monaten für Emmanuel Macrons Bewegung La République en Marche ! in die französische Nationalversammlung gewählt wurde. „Wir müssen uns mehr für die Städtepartnerschaften einsetzen und damit zeigen, dass wir alle Europa sind“, so die Deutsch-Französin, die seit 35 Jahren in Frankreich lebt.
Jean-Yves Hugon, der in seiner Funktion als ehemaliger Abgeordneter und erster Beigeordneter Bürgermeister von Châteauroux aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema vertraut ist, weiß um die besondere Verzahnung von großer Politik und dem Funktionieren der Partnerschaften vor Ort. „Es ist ganz entscheidend, wie sich die Akteure vor Ort um die Partnerschaft bemühen, auch wenn politische Initiativen wie die deutsch-französische Parlamentsresolution wichtige Impulse liefern“, betont er. Prof. Hélène Miard-Delacroix, Historikerin an der Pariser Sorbonne und Kennerin der deutsch-französischen Beziehungen ordnet ein: „Wenn wir über Deutschland und Frankreich reden, tun wir das sehr oft, indem wir in Gegensätzen und unterschiedlichen Interessenlagen argumentieren. Was ich an den Ergebnissen der Studie bemerkenswert finde, ist dass auf der Ebene der persönlichen Begegnung vor allem gegenseitiges Verständnis vorherrscht.“
Mit Lisa Müller und Dr. Tanja Herrmann, die sich im Deutsch-Französischen Jugendausschuss engagieren, wurde deutlich, dass junge Menschen nicht nur an Austauschen teilnehmen, sondern sich darüber hinaus Gedanken machen, wie sie die Partnerschaften mitgestalten können. „Es ist uns wichtig, dass es eine in die Zukunft gerichtete Perspektive für junge Leute in den Städtepartnerschaften gibt“, so Lisa Möller. Tanja Herrmann sieht aber auch die Herausforderungen: „Die Städtepartnerschaften sind das größte Netzwerk für Europa, das wir haben. Das müssen wir noch besser pflegen, gerade was den Informationsaustausch unter den Partnerschaften betrifft.“
„Wir haben viel Positives und Erfolgversprechendes in unserer Studie gesehen. Dieses Potenzial muss in der Zukunft noch besser genutzt werden, wenn wir Europa bürgernah gestalten wollen“, schließt Céline Diebold und formuliert damit eine Grundüberzeugung, die viele, die sich in den Städtepartnerschaften engagieren, teilen.
Mehr Information über die Studie finden Sie hier.