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Philippe Veldeman

, Konferenz: Der Dienstleistungssektor als Wachstumsmaschine für Europa

Wie lässt sich die wirtschaftliche Integration des Binnenmarktes weiter vorantreiben? Welche Wachstums- und Beschäftigungspotenziale bietet der Dienstleistungssektor? Dies waren die Kernfragen einer gemeinsam von Bertelsmann Stiftung und Europäischer Kommission in Brüssel veranstalteten Konferenz.

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Vergangene Woche veranstalteten die Bertelsmann Stiftung und die Europäische Kommission gemeinsam eine Konferenz zum Thema „Making the EU services market an engine for growth“. Das Ziel der Veranstaltung war es, gemeinsam die Vorteile und Herausforderungen zu diskutieren, die eine Erschließung des enormen, bisher ungenutzten Potenzials des Dienstleistungssektors im EU-Binnenmarkt mit sich bringen würde.

Die Teilnehmer waren sich weitgehend einig, dass der Dienstleistungssektor nicht nur von enormer Bedeutung für den Binnenmarkt sei, sondern auch, dass bisher zu wenig getan wurde. So wurden, wie im Falle der Dienstleistungsrichtlinie von 2006, existierende Regelungen zu schwach umgesetzt, um das volle Potenzial dieses wichtigen Sektors voll auszuschöpfen. Diese Meinung trat bereits während der zwei Eröffnungsreden der Konferenz deutlich in Erscheinung.

Der Binnenmarkt kann dazu beitragen, die europäische Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, die Entstehung neuer Ungleichgewichte zu verhindern und so helfen, die Währungsunion zu stabilisieren.
Aart De Geus, Vorsitzender des Vorstandes der Bertelsmann Stiftung

Stabilität und Einigkeit in Europa

Der Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung Aart De Geus hob die Bedeutung des Dienstleistungsmarktes nicht nur als eine grundlegende Quelle für Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum, aber auch als ein dringend benötigter Garant für Stabilität und Einigkeit in Europa, hervor. Auf die aktuellen und vergangenen Krisen Europas bezugnehmend sagte De Geus: „Der Binnenmarkt kann dazu beitragen, die europäische Wirtschaft wieder ins Gleichgewicht zu bringen, die Entstehung neuer Ungleichgewichte zu verhindern und so helfen, die Währungsunion zu stabilisieren.“

Dienstleistungsrichtlinie unzureichend umgesetzt

Die zweite Eröffnungsrede wurde von Elżbieta Bieńkowska, der EU-Kommissarin für den Binnenmarkt, gehalten. Die Kommissarin betonte die Arbeit, die bereits seit der Verabschiedung der Dienstleistungsrichtlinie in 2006 innerhalb der EU getätigt wurde, gab jedoch auch offen zu, dass sie enttäuscht sei, wie wenig von der Richtlinie bisher von den Mitgliedsstaaten implementiert wurde. Von den zusätzlichen 1.8% an europäischen BIP-Wachstum, das ein Kommissionsbericht 2012 in Aussicht gestellt hatte, wurden nach neuestem Stand bisher lediglich 0.1% erreicht.

Dienstleistungen und produzierendes Gewerbe

Diejenigen Länder, die Aspekte der Richtlinie umgesetzt hatten, waren laut Bieńkowska zumeist Länder, bei denen solche Reformen als Bedingungen an finanzielle EU Hilfsprogramme für das Land gebunden waren. Bieńkowska deutete außerdem auf die immer stärkere Verbundenheit des Dienstleistungssektors mit dem produzierenden Gewerbe hin. So seien zwischen 25% und 50% des Einkommens von Herstellern auf den Verkauf von Dienstleistungen zurückzuführen.

Produktivität und Wachstum erzeugen

Im Verlaufe der Konferenz gab es drei angeregte Podiumsdiskussionen, bei denen Meinungen aus den Reihen der Politik, der Wirtschaft und der Verbraucher vorgebracht wurden. Eine erfrischende Pause von der Diskussion brachte die Grundsatzrede des Harvard Professors Philippe Aghion. In seinem Vortrag über „Kreative Destruktion“ stellte Aghion die Frage, auf welche Weise hoch entwickelte Volkswirtschaften weiterhin steigende Produktivität und Wachstum erzeugen könnten. Die Antwort, so Aghion, seien Innovation und ein starker Wille, durch permanente Reformen das Alte durch das Neue zu ersetzen.

Für einen reformierten und flexiblen Binnenmarkt

Professor Henrik Enderlein von der Hertie School of Governance und Leiter des Jacques Delors Institutes in Berlin, sowie der Vizepräsident der EU-Kommission für Beschäftigung, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit Jyrki Katainen hielten die Abschlussreden der Konferenz. Enderlein, der seine Rede damit eröffnete, dem Binnenmarkt dazu zu gratulieren, wieder „sexy zu werden, kam dann auf Aart De Geus‘ Punkt der europäischen Einheit zurück und mahnte, dass ein reformierter und flexibler Binnenmarkt unbedingt von Nöten sei, wolle man langfristig Länder wie zum Beispiel das Vereinigte Königreich in der EU halten.

Letztlich war es an Kommissar Katainen, die Beiträge und Ideen des Tages noch einmal für alle zusammenzufassen. Katainen lobte das Engagement aller Anwesenden und stellte sicher, dass sämtliche Anmerkungen, die während der Konferenz gesammelt wurden, ihren Einfluss in die Planung einer neuen Binnenmarktstrategie, die für das Ende dieses Jahres geplant ist, finden würden.

Bildergalerie: Making the EU services market an engine for growth

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Conference: Making the EU Services Market an Engine for Growth

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