Blick auf die christliche St. Georgs-Kathedrale und die danebenliegende Mohammed-al-Amin-Moschee in Beirut, Libanon.

Libanon: Hoffnungsschimmer am Horizont?

Im Libanon ist mittlerweile jeder dritte Einwohner ein Flüchtling. Was bedeutet das für ein Land, das über ein Jahrzehnt Bürgerkrieg hinter sich hat, in dem die Hisbollah mitmischt und das politisch und wirtschaftlich auf tönernen Füßen steht? Teil 6 unserer Analyse-Reihe blickt hinter die Kulissen des kleinen Mittelmeerstaates.

Probleme, wohin das Auge reicht: So könnte man kurz und knapp die Lage im Libanon zusammenfassen. Die rund 4,6 Millionen Einwohner des vorderasiatischen Staates blicken in eine unsichere Zukunft – mit einer komplexen Gemengelage aus inneren und äußeren Konflikten. Doch es gibt auch Lichtblicke.  

Zwar ist der Libanon, flächenmäßig ungefähr so groß wie Hessen, de jure eine Republik. Doch de facto ist die Demokratie gelähmt: Das Parlament tagt kaum, seit 2014 gibt es keinen Präsidenten und die Parteien werden von Familienclans und früheren Warlords dominiert. Die Übergangsregierung trägt die Einheit im Namen, ist aber immer wieder zerstritten und so oft handlungsunfähig. Die 18 am Kabinett beteiligten religiösen Gemeinschaften sympathisieren teils mit Iran und dem Nachbarn Syrien, zu dem traditionell enge Beziehungen bestehen, und teils mit Saudi-Arabien. Wie Syrien so ist auch der Libanon längst zu einem Schauplatz geworden, auf dem Teheran und Riad ihren regionalen Machtkampf austragen – zu Lasten der einheimischen Bevölkerung.

Die ebenfalls an der libanesischen Regierung beteiligte Hisbollah kontrolliert weite Teile des südlichen Libanon und bildet eine Art "Staat im Staat". Vor allem wegen Anschlägen und Luftangriffen auf Israel wird ihre Miliz von der EU als terroristische Vereinigung eingestuft. Unter anderem die USA und die Arabische Liga führen gar die gesamte Hisbollah als Terrororganisation.   

Zur instabilen politischen Lage gesellen sich im Libanon eine brachliegende Wirtschaft, hohe Korruption und eine angespannte Flüchtlingssituation: Zu den rund 500.000 palästinensischen und irakischen Flüchtlingen, die teilweise seit Jahrzehnten im Land leben, kamen seit 2012 noch einmal 1 Million Menschen aus dem benachbarten Bürgerkriegsland Syrien hinzu. Seit Kurzem sind die Grenzen dicht. Doch die Dunkelziffer syrischer Flüchtlinge liegt wohl weitaus höher, da Neuankömmlinge bereits seit dem Frühjahr 2015 nicht mehr registriert werden. Ein Großteil der Flüchtlinge lebt in einer Situation der Rechtsunsicherheit bis hin zur Rechtlosigkeit. Die Folgen sind unter anderem oft unzumutbare Wohnverhältnisse und Kinderarbeit.

Doch was hält den Libanon noch zusammen? Wer kann künftig für Stabilität und Aufschwung sorgen in dem Land, das noch immer von einem Bürgerkrieg gezeichnet ist, der 15 Jahre andauerte und über 90.000 Menschen das Leben kostete? Und wie muss die Flüchtlingshilfe konkret aussehen? Unsere Analyse gibt Antworten.  

Über unsere Analyse-Reihe

Unsere Reihe "Fakten zur Europäischen Dimension von Flucht und Asyl" widmet sich monatlich einem vom Thema Flüchtlinge betroffenen Staat. Neben der Flüchtlings- und Menschenrechtslage wird der Demokratisierungsgrad des jeweiligen Landes unter die Lupe genommen, das Verhältnis zur Europäischen Union beleuchtet und gefragt, wie künftige Kooperationsmöglichkeiten mit Brüssel aussehen können. Die bisherigen fünf Ausgaben beschäftigten sich mit der Türkei, der Ukraine, Libyen, Syrien und Marokko. Im Juli untersuchen wir die Lage in Jordanien.

Um sich ein aktuelles Bild zu machen, bereist unser Kollege Christian Hanelt nach Möglichkeit die untersuchten Länder und spricht vor Ort mit den Menschen.

Die komplette Analyse zum Libanon finden Sie hier.

Vor Ort im Libanon: Christian Hanelt (erster von rechts) mit zwei Mitarbeitern der deutsch-libanesischen Organisation "Orienthelfer" vor einer mobilen Feldküche. Mit dieser lassen sich pro Tag rund 900 Mahlzeiten für Flüchtlinge zubereiten.