Über einem Marktplatz in Marrakesch geht die Sonne aus. zu sehen ist ein altes Gebäude mit einer wehenden marokksnischen Flagge und eine große Gruppe von Menschen auf dem Marktplatz.

Ein Amt für Migration und Flucht in Marokko

Nach der Silvesternacht 2015 in Köln stehen marokkanische Flüchtlinge und Migranten in der Öffentlichkeit häufig in einem schlechten Licht. Ihre Kultur erscheint fremd und ihre politischen Herausforderungen den unseren nicht ähnlich, doch auch Marokkos Regierung steht wie Europa vor großen Integrations- und Migrationsherausforderungen.

Marokko gilt traditionell als Herkunftsland von Einwanderern nach Europa. Zurzeit leben über zehn Prozent der Marokkaner außerhalb ihres Heimatlandes – 85 Prozent von ihnen innerhalb der EU. Der Startschuss für die bis heute anhaltenden Auswanderungsraten geht auf die boomende Nachkriegswirtschaft zurück. In den 60er Jahren warben europäische Staaten gezielt Arbeitskräfte aus dem nordafrikanischen Land an, um ihren hohen Bedarf an Arbeitskräften zu decken. Heute sind die Rücküberweisungen von sogenannten Auslands-Marokkanern in der Heimat ein großer Finanzfaktor für die Wirtschaft und das Staatsbudget des Heimatlandes.

Marokko als Transit-, aber auch Zielland von Flüchtlingen

Doch das Königreich Marokko ist nicht mehr nur Auswanderungsland. Mittlerweile ist es auch Transit- und Zielland von Flüchtlingen und Migranten aus Afrika und Vorderasien. Die meisten Zuwanderer kommen aus Westafrika, relativ wenige aus den Kriegsgebieten in Syrien und dem Irak. Einige nutzen Marokko nur als Aufenthaltsort auf dem Weg nach Europa, andere wollen bleiben. Hinzu kommt der politische Druck durch die europäischen Forderungen nach schärferen Grenzkontrollen und Rückaufnahmen von Marokkanern in ihr "sicheres Herkunftsland".

Per königlicher Anordnung

Für Marokkos Politik bedeutet das, sie muss sich verstärkt mit den Themen Asyl, Integration, Rückführungen und Arbeitsmigration beschäftigen. Seit September 2013 gibt es darum eine offizielle Anordnung des Königs, eine eigene Integration- und Migrationspolitik zu entwickeln. Dafür sollen mit europäischer und deutscher Erfahrung eine Art Bundesamt für Migration und Flucht in Marokko aufgebaut werden, das unter anderem Asylantragsverfahren einheitlich organisiert.

Doch wie groß sind die Diskrepanzen zwischen politischen Vorstellungen und der Realität in Marokko und wie bestimmt das Thema Migration die Beziehungen des nordafrikanischen Landes zu Europa und Deutschland? Hintergrundwissen liefern unsere Autoren Christian Hanelt und Najim Azahaf im Faktencheck Marokko.

Unsere Reihe

Unsere Reihe "Fakten zur Europäischen Dimension von Flucht und Asyl" widmet sich in regelmäßigen Abständen einem vom Thema Flüchtlinge betroffenen Staat. Neben der Flüchtlings- und Menschenrechtslage wird die Entwicklung von Demokratie, sozialer Marktwirtschaft und Rechtsstaatlichkeit unter die Lupe genommen. Außerdem wird das Verhältnis des untersuchten Landes zur Europäischen Union beleuchtet und gefragt, wie künftige Kooperationsmöglichkeiten mit Brüssel aussehen können. Die bisherigen Ausgaben beschäftigten sich mit der Türkei, der Ukraine,  sowieLibyen und Syrien. Ausgabe 6, die im Juni erscheinen wird, legt einen Schwerpunkt auf den Libanon.

Die komplette Analyse zu Marokko finden Sie hier.