Abschluss KeKiz Phase I

Konferenz zum Abschluss der ersten Projektphase

Am 2. Dezember 2016 wurden die Ergebnisse der Begleitforschung von „Kein Kind zurücklassen! Kommunen in NRW beugen vor“ (KeKiz-Projektphase I) in der Bertelsmann Stiftung vorgestellt. Knapp 50 Beschäftigte der beteiligten Kommunen und des Landes Nordrhein-Westfalen folgten der Einladung. Die Ergebnisse wurden als Bestätigung und Hilfestellung in dem Bemühen um gelingende Prävention begrüßt.

Begrüßung und Ausblick

In ihrer Begrüßung machte Brigitte Mohn deutlich, dass in den vier Jahren sehr gute Feldarbeit in den beteiligten Kommunen geleistet worden ist. Die Überzeugung, dass eine gleiche Förderung für alle  – also die Verteilung von präventiven Angeboten mit der Gießkanne – nicht zum Erfolg führt, sei in der Präventionsarbeit inzwischen Konsens. Mit Blick auf die Frage, was das soziale Gefüge in einer Stadt zusammenhält, seien in KeKiz schon überzeugende Ansätze gefunden worden. Jetzt komme es darauf an, dass die Länder und der Bund diese Strukturentwicklungen sichern und dauerhaft ermöglichen.

Die Bertelsmann Stiftung werde sich auch in der seit Mai angelaufenen Phase II von „Kein Kind zurücklassen!“ mit dem Thema Prävention weiter beschäftigen, erklärte Kirsten Witte. Der Fokus werde dabei sowohl regional als auch thematisch erweitert. Was dies konkret bedeutet, erläuterten unsere Kolleginnen Regina von Görtz und Anja Langness anhand der Projektbausteine der zweiten Phase. Karl Janssen, externer Berater der Stiftung, moderierte durch die Veranstaltung.

Ergebnisse der Begleitforschung

Die Ergebnisse der insgesamt sechs verschiedenen Forschungsmodule wurden von den wissenschaftlichen Partnern der ersten Phase im Einzelnen vorgestellt. Prof. Klaus Peter Strohmeier vom Zentrum für interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) an der Ruhr-Universität Bochum (RUB) machte als Leiter der fachlichen Begleitforschung in seiner Einführung deutlich, dass der Mehrwert von KeKiz aus seiner Sicht in der guten und praxisorientierten Kooperation zwischen Kommunen, Wissenschaft und Stiftung gelegen habe. 31 Berichte in Gutachtenform seien das Ergebnis, mit viel Potenzial für die kommunale Praxis. „Es kann heute viel mehr zu den Prozessen gesagt werden, die erforderlich sind, damit Prävention wirken kann“, so Strohmeier.

Verwaltungsstudie

Prozesse, auf die auch Prof. Jörg Bogumil, ebenfalls vom ZEFIR, einging. Die von ihm verantwortete Verwaltungsstudie habe untersucht, inwiefern Verwaltungsstrukturen für den Erfolg von Prävention wichtig sind, wer die zentralen Akteure vor Ort sind und wie Prävention gemeinsam funktionieren kann. Ergebnisse aus der Verwaltungsbefragung waren u.a., dass Präventionspolitik vor allem dann gelingt, wenn sie starke Unterstützung durch die Verwaltungsspitze vor Ort erfährt, von Dauerhaftigkeit geprägt ist (also bspw. nicht nur auf zeitlich begrenzten Projektfinanzierungen fußt) und eine hohe Verbindlichkeit aufweist.

Fiskalische Analyse

Auf die fiskalische Analyse ging Gerhard Micosatt vom Forschungsinstitut für Raumfinanzpolitik (FORA) ein und stellte das von ihm entwickelte fiskalische Beobachtungssystem vor, welches eine erste Annäherung an die Frage bietet, ob Prävention auch fiskalisch wirkt. Da ein direkter Nachweis fiskalischer Wirkung aufgrund zahlreicher Probleme nicht möglich ist, wurde im Rahmen dieses Moduls ein hypothesengestütztes Informationssystem aufgebaut und die Entwicklung von Haushaltsdaten und weiteren Indikatoren entlang einer indirekten Nachweiskette verfolgt.

Familienbefragung und Elterninterviews

Mit den Fragen, wie die Inanspruchnahme von Präventionsangeboten sozialräumlich erfolgt, wie sich individuelle Belastungssituationen und Ressourcen darauf auswirken und welche Rolle die Elternkompetenz spielt, beschäftigten sich Dr. Angelika Engelbert (Modul Elterninterviews) und ihr Team vom ZEFIR sowie Annett Schultz (Modul Familienbefragung) und ihre Mitarbeiter von der Faktor Familie GmbH. Zu den Ergebnissen gehört u.a. eine Typologie des Inanspruchnahmeverhaltens von Familien. Sie ermöglicht es Kommunen, die Zielgruppen präventiver Angebote wesentlich konkreter zu fassen und entsprechend passgenauer zu adressieren.

Monitoring und Mikrodatenanalyse

Im Anschluss gingen Prof. Strohmeier und Thomas Groos vom ZEFIR auf die Ergebnisse aus dem Monitoring sowie der Praxisforschung mit kommunalen Mikrodaten ein. Sie zeigten, wie ein kleinräumiges, sozialräumliches und institutionenscharfes Monitoring wichtige Ansatzpunkte für die bedarfsgerechte Gestaltung von Prävention zu Tage fördern kann. Anhand von Analysen mit Daten der Städte Mülheim/Ruhr und Hamm konnten kommunal gestaltbare Einflussfaktoren auf die kindliche Entwicklung nachgezeichnet werden. Als förderlich erwiesen sich bspw. der frühe Besuch einer Kita, die soziale Durchmischung der Gruppen sowie die Mitgliedschaft in einem Sportverein.

Schlussfolgerungen

Abschließend wagte Prof. Strohmeier ein Resümee und leitete Rückschlüsse aus den Ergebnissen der Modellphase ab, die aus Sicht der Wissenschaftler nahe liegen. KeKiz müsse jetzt erstens aus dem Projektstatus in Regelstrukturen überführt werden. Dazu sei eine nachhaltige Finanzierung durch Bund und Land unabdingbar. Eine weitere Vernetzung Kind bezogener Politikbereiche auch auf der Ebene des Landes sei zwingend notwendig. Zweitens sei es wichtig, vor allem bildungsarme Familien in den Fokus kommunaler Politik zu nehmen. Bildungsarmut habe sich als das größte Hindernis für die Inanspruchnahme präventiver Angebote herausgestellt. Drittens sei es entscheidend, örtlich Schlussfolgerungen aus den kleinräumigen Ergebnissen zu ziehen. So müsse z.B. gemeinsam mit den Trägern diskutiert werden, wie es gelingen kann, mehr sozial benachteiligte Kinder für den frühen Kita-Besuch zu gewinnen, und wie eine stärkere soziale Durchmischung erreicht werden kann. Viertens müsse der Kooperation innerhalb der Verwaltung eine koordinierte Kooperation mit anderen Partnern folgen, wie etwa mit Vereinen, Trägern, Kirchen oder dem Gesundheitsdienst. Fünftens wies er darauf hin, dass „mehr Geld“ für die Erreichung von Zielen zwar immer gut sei, bei vorhandenem Willen und ausreichender Kreativität aber auch erstaunlich viel mit begrenzten finanziellen Mitteln geleistet werden könne.