Gesine Schwan auf der Tagung "Wertebildung in der Einwanderungsgesellschaft"

Wertebildung als zentraler Baustein für Integration

Wie kann das Zusammenleben in kultureller Vielfalt gelingen? – Darüber diskutierten rund 200 Experten am 10. November 2016 auf der Tagung „Wertebildung in der Einwanderungsgesellschaft“ des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und der Bertelsmann Stiftung.                                                                                    

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Im Mittelpunkt standen die Fragen, welche Werte die Grundlage unserer Gesellschaft bilden, wie mit Wertevielfalt umzugehen ist und wie der Wertedialog zwischen unterschiedlichen Gruppen gestaltet werden kann. Dabei wurde deutlich: Wertebildung ist ein zentraler Baustein für Integration und die gesellschaftliche Aushandlung von Werten bildet die Grundlage für den sozialen Zusammenhalt.  

890.000 Geflüchtete haben nach Angaben des Bundesinnenministeriums allein 2015 in Deutschland Schutz gesucht. Ihre Integration gilt als eine der aktuell größten Herausforderungen für Gesellschaft und Politik. Diese kann, darauf wies Dr. Uta Dauke, Vizepräsidentin des BAMF, in ihrer Begrüßung hin, nur bewältigt werden, wenn ein gemeinsames Bewusstsein für gesellschaftliche Werte gebildet wird. Wertebildung sei daher ein Schlüssel zu gelingender Integration.  

Stephan Vopel, Director des Programms Lebendige Werte, erklärte in seiner Einführung, Wertebildung müsse die Anerkennung von Grundwerten fördern, und zugleich die Fähigkeit stärken, sich mit unterschiedlichen Werten konstruktiv auseinanderzusetzen. „Wertebildung betrifft dabei nicht nur diejenigen, die zu uns kommen. Wir müssen auch Offenheit und Akzeptanz von Vielfalt bei denen entwickeln, die schon da sind“, betonte Vopel. 

Auch Gesine Schwan, Mit-Gründerin und Präsidentin der HUMBOLDT-VIADRINA Governance Platform, plädierte in ihrer Key Note dafür, Wertebildung in der Einwanderungsgesellschaft nicht als einen einseitigen Prozess zu verstehen, bei dem es darum gehe, Zuwanderern Werte „beizubringen“, sondern als einen Prozess wechselseitiger und steter Verständigung, als partnerschaftlichen Kommunikationsprozess, der bei allen Beteiligten Offenheit und Dialogbereitschaft voraussetzt.  

Auf dem Podium diskutierten anschließend Gesine Schwan, Ulrich Lilie, Präsident der Diakonie Deutschland, Suat Yilmaz, stellvertretender Leiter des NRW-Zentrums für Talentförderung und Christoph Schwennicke, Chefredakteur des politischen Magazins Cicero, darüber, wie Integration gelingen kann. Trotz kontroverser Ansichten etwa zur Wahrnehmung des Islam waren sich die Diskutanten darin einig, dass die Wertebasis in einer vielfältigen Gesellschaft immer wieder im gemeinsamen Dialog neu ausgelotet werden müsse. Wertebildung brauche Orte des Austauschs, an denen man sich mit Anerkennung, Wertschätzung und Offenheit begegne und in einen gemeinsamen Kommunikationsprozess trete. Das Predigen von Werten im Sinne einer deutschen Leitkultur, in die sich Zuwanderer integrieren müssten, funktioniere nicht.

Die Frage, wie Wertebildung im Kontext von Integration konkret gestaltet werden kann und was gute Praxis auszeichnet, wurde in fünf Workshops mit unterschiedlichen thematischen Schwerpunkten beleuchtet. Hierbei wurde unter anderem deutlich, dass Wertebildung besonders dann gelingt, wenn sie interaktiv und auf Augenhöhe gestaltet sowie erfahrungs- und alltagsorientiert ausgerichtet wird. Um die Akzeptanz von Vielfalt zu stärken und Vorurteile abzubauen, seien Angebote interkultureller Begegnung wichtig.

Die Ergebnisse der Tagung werden dokumentiert und online bereitgestellt.