Gemeinsam für eine starke Demokratie: Rückblick auf die Konferenz „Countering Disinformation, Strengthening Democracy“

Moderation: Elisabeth Niejahr (Hertie Stiftung, Deutschland)

Impulsgeber: Olaya Argüeso Perez (Correctiv, Deutschland), Odanga Madung (Odipo Dev, Kenia)

Worum geht es?

Journalismus spielt eine entscheidende Rolle bei der Wahrung demokratischer Werte, indem er Transparenz gewährleistet, faktenbasierte Informationen liefert und die Mächtigen zur Rechenschaft zieht. Die Sitzung behandelte die wachsende Herausforderung des Niedergangs des Lokaljournalismus, die Rolle von Paywalls bei der Verschärfung von Ungleichheit im Informationszugang und mögliche Lösungen, um sicherzustellen, dass der Journalismus weiterhin den demokratischen Diskurs unterstützt. Expert:innen diskutierten innovative Strategien, um den Journalismus zugänglicher und vertrauenswürdiger zu machen, insbesondere in Kontexten, in denen Desinformation gedeiht.

Was wurde besprochen?

• Lokaljournalismus als demokratische Säule: Die Teilnehmenden betonten, dass der Zusammenbruch des Lokaljournalismus, insbesondere in ländlichen Gebieten, ein Vakuum schafft, das von Populisten und Desinformation gefüllt wird. Wenn Gemeinschaften vertrauenswürdige lokale Nachrichtenquellen verlieren, schwindet ihr Gefühl, von Entscheidungsträgern wahrgenommen zu werden, was den sozialen Zusammenhalt und die demokratische Teilhabe schwächt.
• Bezahlbarkeit und Zugänglichkeit: Paywalls, insbesondere im globalen Süden, stellen ein wachsendes Problem dar. Ohne Zugang zu verlässlichem Journalismus wenden sich Menschen kostenlosen, aber weniger glaubwürdigen Quellen zu, was das Risiko von Desinformation erhöht. Eine zentrale Frage war, ob Regierungen Abonnements für vertrauenswürdige Medien subventionieren sollten, um einen gleichberechtigten Zugang zu hochwertigem Journalismus zu gewährleisten.
• Vertrauen wieder aufbauen: Der Journalismus muss sich weiterentwickeln, um den Bedürfnissen des Publikums gerecht zu werden, indem er zugänglichere Erzähltechniken integriert und seine Belegschaft diversifiziert. Journalist:innen müssen sich auch stärker in Schulen engagieren, um Medienkompetenz zu vermitteln und ihre Arbeit zu entmystifizieren, um so das Vertrauen in die Medien zu stärken.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Die Stärkung des Lokaljournalismus ist entscheidend für die Bewahrung des demokratischen Dialogs, insbesondere in unterrepräsentierten Gebieten. Expert:innen sollten sich für politische Maßnahmen einsetzen, die Medienvielfalt und Bezahlbarkeit unterstützen. Die Rolle des Journalismus als "vierte Gewalt" ist bedroht, wenn es nicht gelingt, innovative Ansätze zu entwickeln, um ein breiteres Publikum zu erreichen, besonders im globalen Süden.
• Nächste Schritte: Politikschaffende und Medienschaffende sollten Mechanismen zur Finanzierung des Lokaljournalismus schaffen, ohne die redaktionelle Unabhängigkeit zu gefährden, und sich für die Integration von Medienkompetenz in Bildungssysteme einsetzen.

Moderation: Alejandro Segarra (Asociación por los Derechos Civiles, Argentinien)

Impulsgeber: Dalma Dojcsák (Ungarische Bürgerrechtsunion, Ungarn), Heloisa Maria Machado Massaro (Internet Lab, Brasilien), William Bird (Media Monitoring Africa, Südafrika)

Worum geht es?

Die Zivilgesellschaft spielt eine wesentliche Rolle bei der Sicherung der Demokratie, indem sie Transparenz, Rechenschaftspflicht und bürgerschaftliche Teilhabe fördert. Diese Sitzung beleuchtete die schrumpfenden Handlungsspielräume für zivilgesellschaftliche Organisationen (CSOs) aufgrund von Desinformation und staatlicher Repression. Der Fokus lag auf den Möglichkeiten der CSOs, diese Herausforderungen durch neue Formen der Zusammenarbeit, intersektionale Ansätze und nachhaltige Finanzierungsmodelle zu überwinden.

Was wurde besprochen?

• Lokale Regierungen als Verbündete: Die Teilnehmenden betonten, dass lokale Regierungen im Vergleich zu nationalen Regierungen tendenziell weniger politisiert und wirksamere Partner im Kampf gegen Desinformation sind. Die Einbindung lokaler Behörden ermöglicht es den CSOs, Desinformation auf der Graswurzelebene zu bekämpfen, wo ihre Auswirkungen am stärksten spürbar sind.
• Intersektionale Strategien: Die Diskussion hob hervor, dass die Zivilgesellschaft intersektionale Ansätze verfolgen muss, da Desinformation marginalisierte Gruppen (z.B. Migrant:innen, Frauen) unverhältnismäßig stark betrifft. Die Zusammenarbeit mit Organisationen, die sich diesen Themen widmen, stärkt die Gesamtreaktion.
• Nachhaltigkeit und Finanzierung: Das Thema Ressourcen bleibt eine dauerhafte Herausforderung für die Zivilgesellschaft. Die Teilnehmenden diskutierten die Notwendigkeit innovativer Finanzierungsmodelle, die über kurzfristige Projekte hinausgehen und sich auf langfristige Auswirkungen konzentrieren. Traditionelle Advocacy-Arbeit muss durch direkte Bürgerbeteiligung ergänzt werden, um Vertrauen wieder aufzubauen und Gemeinschaften zu stärken.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Für die Arbeit in der Zivilgesellschaft oder im politischen Bereich ist das Verständnis der Machtverhältnisse und der intersektionalen Natur von Desinformation der Schlüssel zur Entwicklung wirksamer Interventionen. Da der politische und soziale Handlungsspielraum für CSOs in vielen Ländern schrumpft, ist es entscheidend, neue Verbündete zu finden und nachhaltige Finanzierungsquellen zu sichern.
• Nächste Schritte: Expert:innen sollten sich für vielfältige Finanzierungsquellen einsetzen und Koalitionen bilden, die ein breites Spektrum von Akteuren – von lokalen Regierungen bis hin zu Basisorganisationen – einbeziehen, um eine widerstandsfähigere Zivilgesellschaft zu schaffen.

Moderation: Angela Jain (Bertelsmann Stiftung, Deutschland)

Impulsgeber: Wawrzyniec Smoczyński (New Community Foundation, Polen), Dominik Hierlemann (Bertelsmann Stiftung, Deutschland)

Worum geht es?

Bürgerbeteiligung ist ein wesentlicher Bestandteil gesunder Demokratien, doch ideologische Polarisierung und schwindendes Vertrauen in Institutionen stellen ernsthafte Herausforderungen dar. Diese Sitzung konzentrierte sich darauf, wie innovative Beteiligungsformate helfen können, Desinformation entgegenzuwirken, Vertrauen zu fördern und Bürger:innen auf sinnvolle Weise einzubeziehen. Expert:innen untersuchten erfolgreiche Modelle wie Polens „Training für gutes Gespräch“ und erörterten, wie Bürgerbeteiligung zur Eindämmung des Populismus beitragen kann.

Was wurde besprochen?

• Polarisierung zuerst angehen: Ideologische und populistische Polarisierung wurde als eines der Haupthemmnisse für eine effektive Bürgerbeteiligung identifiziert. Bevor ein sinnvoller Dialog stattfinden kann, muss die Gesellschaft die Polarisierung angehen und konstruktive Gespräche fördern. Initiativen wie nationale Dialogprogramme in Polen wurden als Modelle für die Entpolarisierung des öffentlichen Diskurses hervorgehoben.
• Vielfältige Beteiligungsformate: Verschiedene Ebenen der Bürgerbeteiligung erfordern unterschiedliche Beteiligungsformate, von physischen Bürgerversammlungen bis hin zu Online-Plattformen. Diese Flexibilität stellt sicher, dass auch Bürger:innen mit wenig Zeit zu demokratischen Prozessen beitragen können.
• Kritisches Denken und Medienkompetenz: Die Stärkung der Bürger:innen durch kritisches Denken und Nachrichtenkompetenz ist entscheidend, um ihnen zu helfen, Desinformation zu erkennen. Expert:innen betonten, dass die Verantwortung zur Revitalisierung der Demokratie nicht allein bei den Bürger:innen liegt; auch Politiker:innen und Journalist:innen müssen durch mehr Transparenz und Rechenschaftspflicht einen Beitrag leisten.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Für Politikschaffende und Demokratiebefürworter:innen ist die Entwicklung flexibler und zugänglicher Bürgerbeteiligungsmodelle entscheidend, um das Vertrauen in demokratische Institutionen wiederherzustellen. Die Bewältigung von Polarisierung durch strukturierte Dialogformate kann ebenfalls helfen, Gräben zu überwinden und das bürgerschaftliche Engagement zu fördern.

Nächste Schritte: Expert:innen sollten gemischte Beteiligungsformate pilotieren, die Online- und Offline-Elemente kombinieren, und kritisches Denken sowie Medienkompetenzprogramme in breitere demokratische Initiativen integrieren.

Moderation: Finn Heinrich (Bertelsmann Stiftung, Deutschland)

Impulsgeber: Mikael Tofvesson (Schwedische Behörde für psychologische Verteidigung, Schweden), Hanna Müller (Bundesministerium des Innern, Deutschland)

Worum geht es?

Regierungen stehen vor einem schwierigen Balanceakt zwischen dem Schutz der Bürger:innen vor Desinformation und der Wahrung der Meinungsfreiheit. In dieser Sitzung wurde untersucht, wie demokratische Regierungen auf ausländische böswillige Einflussnahme reagieren können, ohne Zensur zu betreiben. Außerdem wurde die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen staatlichen Institutionen und der Zivilgesellschaft beleuchtet.

Was wurde besprochen?

• Ausländische vs. inländische Desinformation: Es wurde unterschieden zwischen ausländischen Akteuren, die versuchen, Wahlen zu beeinflussen oder Chaos zu stiften, und inländischer Desinformation, die oft ideologische und wirtschaftliche Motive hat. Unterschiedliche Bedrohungsarten erfordern differenzierte Gegenmaßnahmen.
• Koordination und Zusammenarbeit: In Deutschland und Schweden wurde die Bedeutung einer engen Zusammenarbeit zwischen Behörden, Journalist:innen und der Zivilgesellschaft hervorgehoben, um Desinformation zu bekämpfen. Die Teilnehmenden diskutierten, wie nationale Regierungen koordiniert gegen Desinformation vorgehen können, ohne zu hart durchzugreifen und die Meinungsfreiheit zu gefährden.
• Gefährdete Wahlen: Regierungen müssen besonders wachsam sein, um Desinformation während Wahlzeiten zu erkennen und zu bekämpfen. Einige Länder haben spezielle Taskforces eingerichtet, um Wahlen zu schützen und bösartige Einmischungen abzuwehren.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Die Bekämpfung von Desinformation durch staatliche Akteure ist notwendig, darf jedoch nicht dazu führen, dass legitime Kritik oder Meinungsäußerungen unterdrückt werden. Regierungen müssen auch weiterhin eng mit zivilgesellschaftlichen Akteuren zusammenarbeiten, um transparente und demokratische Strukturen aufrechtzuerhalten.

Nächste Schritte: Expert:innensollten weiterhin Wege finden, wie Regierungen Desinformation bekämpfen können, ohne die Meinungsfreiheit zu beeinträchtigen, und sicherstellen, dass die Zusammenarbeit zwischen staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren intensiviert wird.

Moderation: Joachim Rother (Bertelsmann Stiftung, Deutschland)

Impulsgeber: Nishant Shah (Chinese University of Hong Kong, Hongkong), Syed Nazakat (DataLEADS, Indien)

Worum geht es?

Desinformation ist ein globales Problem, das internationale Lösungen erfordert. Diese Sitzung diskutierte die Bedeutung globaler Zusammenarbeit im Kampf gegen Desinformation und untersuchte, wie kooperative Netzwerke erfolgreiche Lösungen über Regionen und Kontexte hinweg skalieren können.

Was wurde besprochen?

• Zusammenarbeit als Mittel zur Skalierung von Lösungen: Die Diskussion betonte, dass es wichtig ist, erfolgreiche Ansätze global zu verbreiten, der Fokus jedoch zunächst auf der Lösung spezifischer lokaler Probleme liegen sollte. Erfolgreiche Kooperationen müssen zielgerichtet sein und klare Ziele verfolgen.
• Vertrauensbildung über Grenzen hinweg: Effektive internationale Zusammenarbeit erfordert gegenseitiges Vertrauen und die Bereitschaft, aus unterschiedlichen regionalen Erfahrungen zu lernen. Die Teilnehmenden betonten auch, dass internationale Zusammenarbeit Solidarität unter Akteuren schaffen kann, die mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Für alle, die an globalen Desinformationsproblemen arbeiten, bietet internationale Zusammenarbeit die Möglichkeit, aus unterschiedlichen Kontexten zu lernen und effektive Lösungen zu skalieren. Netzwerke des Vertrauens und der Solidarität sind unerlässlich, um der globalen Informationskrise zu begegnen.
• Nächste Schritte: Expert:innen sollten in grenzüberschreitende Kooperationen investieren, die zielgerichtet sind und durch klare Finanzierungsmodelle unterstützt werden. Dabei sollten kulturelle und kontextuelle Unterschiede berücksichtigt werden, die die Wirksamkeit von Lösungen beeinflussen.

Moderation: Charlotte Freihse (Bertelsmann Stiftung, Deutschland)

Impulsgeber: Martin Hullin (Bertelsmann Stiftung, Deutschland), Eduardo Ceccotti (Chequeado, Argentinien)

Worum geht es?

Diese Sitzung untersuchte, wie Technologie genutzt werden kann, um die Demokratie zu schützen, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass Governance-Modelle mit dem technologischen Fortschritt Schritt halten. Auch die Herausforderungen, die durch das ungleiche Machtverhältnis zwischen Technologieunternehmen und zivilgesellschaftlichen Organisationen (CSOs) entstehen, wurden thematisiert.

Was wurde besprochen?

• Agile Governance-Modelle: Die Teilnehmenden stellten fest, dass die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts, insbesondere bei KI, die Reaktionsfähigkeit traditioneller Governance-Mechanismen bei weitem übertrifft. Es besteht ein Bedarf an agileren, multi-stakeholder Governance-Modellen, die auf die schnellen technologischen Veränderungen reagieren können.
• Erfolgsgeschichten: Beispiele wie Taiwans CoFacts-Plattform und Chequeados KI-Faktenprüfungswerkzeuge in Argentinien wurden als Modelle dafür hervorgehoben, wie Technologie effektiv zur Bekämpfung von Desinformation eingesetzt werden kann.
• Digitale Kompetenz und Bürgerbeteiligung: Die Förderung digitaler Kompetenzen ist entscheidend, um Bürger:innen zu befähigen, sich an demokratischen Prozessen zu beteiligen und Desinformation entgegenzuwirken. Taiwans Bemühungen, gezielte demografische Gruppen über Schulen, Bibliotheken und andere lokale Kanäle zu erreichen, wurden als erfolgreicher Ansatz gewürdigt.

Zentrale Erkenntnisse:

• Warum es wichtig ist: Für Technologieexpert:innen und politische Entscheidungsträger:innen ist es entscheidend zu verstehen, wie man agile Governance-Modelle entwickelt, die mit den schnellen technologischen Veränderungen Schritt halten. Programme zur Förderung digitaler Kompetenzen sollten skaliert werden, um sicherzustellen, dass Bürger:innen angesichts technologischer Störungen informiert und gestärkt werden.

Nächste Schritte: Expert:innen sollten daran arbeiten, branchenübergreifende Koalitionen zu bilden, die bewährte Verfahren im Bereich der Technologie-Governance fördern, und Programme zur digitalen Kompetenz unterstützen, die eine breite demografische Zielgruppe erreichen.