Eine durchsichtige Box auf blauem Hintergrund, aus der eine bunte Masse quirlt. Oberhalb der Box entstehen mehrere kleine bunten Boxen.

Public AI als demokratische Alternative zur Konzentration privater Macht

Die leistungsfähigsten KI-Systeme unserer Zeit werden von einer kleinen Zahl privater Unternehmen entwickelt und kontrolliert – darunter OpenAI, Anthropic, Google DeepMind, Meta und DeepSeek. Diese Unternehmen führen nicht nur bei der Entwicklung von Modellen, sondern kontrollieren auch die grundlegende Infrastruktur, auf der das KI-Ökosystem basiert: Rechenkapazitäten, Trainingsdaten und Cloud-Dienste.

Diese Machtkonzentration ist nicht nur eine technologische Realität – sie stellt eine politische Herausforderung dar. Sie wirft eine zentrale Frage auf: Wer gestaltet die Systeme, die zunehmend unsere Gesellschaft beeinflussen?

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Dr. Felix Sieker
Project Manager

Inhalt

Hohe Machtkonzentration

Um diesem wachsenden Ungleichgewicht entgegenzuwirken, stellen wir unser neues White Paper zu Public AI vor. Die Publikation bietet einen strategischen und umsetzbaren Rahmen für den Aufbau einer Alternative – eines Ansatzes zur Entwicklung und Anwendung von KI, der auf größerer Transparenz, offenem Zugang zu kritischer Infrastruktur und einer stärkeren Ausrichtung auf das Gemeinwohl beruht.

Obwohl die öffentliche Debatte zunehmend die gesellschaftlichen Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz thematisiert, liegt die tatsächliche Gestaltungsfreiheit über ihre Entwicklung in den Händen weniger Akteure. Das Fehlen belastbarer öffentlicher oder offener Alternativen führt dazu, dass die leistungsfähigsten KI-Systeme – ebenso wie die dafür erforderliche Infrastruktur – weitgehend von einer kleinen Gruppe privater Unternehmen kontrolliert werden. Diese Kontrolle erfolgt häufig ohne hinreichende Transparenz, demokratische Rechenschaft oder öffentliche Aufsicht.

Es handelt sich hierbei nicht lediglich um ein marktstrukturelles Ungleichgewicht, sondern um eine grundlegende Herausforderung für zentrale demokratische Prinzipien: Offenheit, Teilhabe und Kontrolle. Wenn KI-Systeme primär den wirtschaftlichen Interessen und Perspektiven einiger weniger folgen, besteht das Risiko, dass ihr Einsatz – und potenzieller Missbrauch – bestehende Machtasymmetrien zementiert und demokratische Steuerungsmöglichkeiten weiter einschränkt.

Public AI: Ein demokratisches Gegenmodell

Das White Paper zu Public AI skizziert eine klare Alternative zur derzeitigen Entwicklung dominanter KI-Systeme. Public AI ist keine Absage an private Innovation, sondern ein Vorschlag zur Neugewichtung der Machtverhältnisse. Ziel ist es, Gesellschaften in die Lage zu versetzen, KI nicht nur zu nutzen, sondern aktiv mitzugestalten. KI soll nicht nur sicher für die Öffentlichkeit sein, sondern auch durch demokratische Strukturen mitverantwortet und kontrolliert werden.

Das White Paper beschreibt KI als dreischichtigen Stack – bestehend aus Rechenleistung, Daten und Modellen – und identifiziert an jeder Ebene kritische Abhängigkeiten. Diese durch unternehmerische Konzentration entstandenen Strukturen schränken die Fähigkeit öffentlicher Akteure ein, unabhängige Bewertungen vorzunehmen, Reproduzierbarkeit sicherzustellen und KI im öffentlichen Interesse einzusetzen.

Im Zentrum der vorgeschlagenen Strategie steht ein ehrgeiziges, aber notwendiges Ziel:
 die dauerhafte Existenz mindestens eines vollständig quelloffenen KI-Modells mit Fähigkeiten, die denen führender proprietärer Systeme nahekommen, sicherzustellen. Ohne ein solches Modell bleiben öffentliche Akteure in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt.

Zur Umsetzung dieses Ziels formuliert das White Paper drei zentrale Handlungsempfehlungen:

  • Entwicklung und/oder Stärkung vollständiger Open-Source-Modelle sowie des Open-Source-Ökosystems
  • Aufbau öffentlicher Recheninfrastruktur zur Unterstützung der Entwicklung und Nutzung offener Modelle

Skalierung von Investitionen in KI-Kompetenzen, um ausreichend Fachkräfte für die Entwicklung und Anwendung dieser Modelle zu gewinnen

Den Public-AI-Stack aufbauen

Das White Paper entwickelt darüber hinaus drei politische Interventionspfade entlang der Struktur des AI-Stacks:

  • Compute-Pfad: Aufbau öffentlicher Rechenkapazitäten, Sicherstellung des Zugangs für offene Projekte und Koordination nationaler sowie supranationaler Infrastrukturinitiativen (z. B. EU AI Factories)
  • Data-Pfad: Entwicklung hochwertiger Datensätze als digitale Gemeingüter, verwaltet durch gemeinwohlorientierte Governance-Modelle mit Schutzmechanismen gegen Missbrauch
  • Model-Pfad: Förderung eines Ökosystems von Open-Source-Modellen – sowohl leistungsfähiger „Capstone“-Modelle als auch spezialisierter kleinerer Modelle – mit langfristiger finanzieller und infrastruktureller Unterstützung

Diese Pfade werden durch Querschnittsmaßnahmen ergänzt – etwa Talentförderung oder die Finanzierung offener Software.

Das White Paper entwickelt darüber hinaus drei politische Interventionspfade entlang der Struktur des AI-Stacks:

  • Compute-Pfad: Aufbau öffentlicher Rechenkapazitäten, Sicherstellung des Zugangs für offene Projekte und Koordination nationaler sowie supranationaler Infrastrukturinitiativen (z. B. EU AI Factories)
  • Data-Pfad: Entwicklung hochwertiger Datensätze als digitale Gemeingüter, verwaltet durch gemeinwohlorientierte Governance-Modelle mit Schutzmechanismen gegen Missbrauch
  • Model-Pfad: Förderung eines Ökosystems von Open-Source-Modellen – sowohl leistungsfähiger „Capstone“-Modelle als auch spezialisierter kleinerer Modelle – mit langfristiger finanzieller und infrastruktureller Unterstützung

Diese Pfade werden durch Querschnittsmaßnahmen ergänzt – etwa Talentförderung oder die Finanzierung offener Software.

Der „Gradient of Publicness“

Zur Bewertung und Steuerung von KI-Initiativen stellt das White Paper ein strategisches Instrument vor: den Gradient of Publicness. Mit diesem Rahmenwerk lassen sich KI-Initiativen systematisch bewerten – basierend auf Offenheit, Governance-Strukturen und Gemeinwohlorientierung.

Der „Gradient of Publicness“ ermöglicht es politischen Entscheidungsträger:innen, bestehende und neue Vorhaben entlang eines Spektrums von privat bis öffentlich einzuordnen und konkrete Schritte zur Erhöhung des öffentlichen Nutzens abzuleiten – sei es durch die Förderung offener Beiträge privater Akteure oder durch den Aufbau vollständig öffentlicher KI-Infrastrukturen wie Alia in Spanien.

Die Zukunft liegt in unserer Hand

Die Entwicklung von KI folgt keinem Naturgesetz – sie ist das Ergebnis politischer Entscheidungen: darüber, wie Infrastruktur aufgebaut, Finanzierung verteilt, Zugang geregelt und Verantwortung organisiert wird. Wenn bestehende Trends anhalten, wird KI weiterhin in privater Hand konzentriert bleiben – mit eingeschränkten Möglichkeiten öffentlicher Mitgestaltung und Kontrolle.

Public AI bietet eine realistische und notwendige Alternative. Doch sie entsteht nicht von selbst. Sie verlangt strategische Investitionen, institutionelle Koordination und politischen Gestaltungswillen.

Wir hoffen, dass dieses White Paper Impulse für eine wachsende internationale Debatte liefert – eine Debatte, die KI nicht als rein technologische Konkurrenz, sondern als öffentliche Aufgabe versteht.

Publikation