Wasserstoffwirtschaft

Wasserstoffwirtschaft – Chancen und Herausforderungen für die Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft

Für die Dekarbonisierung der Wirtschaft spielt Wasserstoff eine wichtige Rolle. Damit es zu einem umfassenden Einsatz von Wasserstoff kommt, müssen zahlreiche Voraussetzungen erfüllt werden. Das betrifft u. a. technologische Fortschritte, private und öffentliche Investitionen für den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur, den Ausbau erneuerbarer Energien, arbeitsmarkt-, bildungs- und sozialpolitische Maßnahmen sowie eine außenwirtschaftliche Flankierung.

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Dr. Thieß Petersen
Senior Advisor

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Wasserstoff ist ein Energieträger, bei dessen Nutzung keine Treibhausgasemissionen entstehen. Allerdings kommt Wasserstoff in der Natur nur in Verbindung mit anderen Stoffen vor. Um ihn zu isolieren, muss Energie aufgewendet werden. Aus der Kombination von verschiedenen Ausgangsstoffen und unterschiedlichen Trennungsverfahren ergeben sich verschiedene Wasserstofftypen. Klimaneutral ist dabei letztendlich nur Wasserstoff, der dadurch gewonnen wird, dass Wasser unter Hinzufügung von erneuerbarer Energie in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Der so gewonnene Wasserstoff wird als grüner Wasserstoff bezeichnet.

Voraussetzungen einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft

Von zentraler Bedeutung für einen Ausbau der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland sind drei Aspekte: Erstens eine ausreichende Menge an erneuerbarer Energie, zweitens eine leistungsfähige, möglichst emissionsarme Wasserstoffinfrastruktur und drittens technologische Fortschritte bei den Verfahren zur Herstellung von grünem Wasserstoff, der momentan noch so hohe Produktionskosten hat, dass er gegenüber fossilen Brennstoffen nicht wettbewerbsfähig ist.

Für die deutsche Wirtschaftspolitik ergeben sich daraus drei konkrete Handlungsansätze:

  1. Um die Wasserstoffwirtschaft preislich wettbewerbsfähiger zu machen, sollten Preisverzerrungen zulasten wasserstoffbasierter Energie abgeschafft werden. Das betrifft den Abbau von Subventionen für fossile Energien und die Einpreisung der negativen externen Effekte, die Treibhausgasemissionen hervorrufen. Dies ist auch ordnungspolitisch geboten, denn eine funktionierende Marktwirtschaft verlangt, dass diese gesamtgesellschaftlichen Zusatzkosten in den Marktpreisen enthalten sind.
  2. Zur Flankierung der Aktivitäten privater Wirtschaftsakteure sind unterstützende wirtschaftspolitische Maßnahmen erforderlich. Das betrifft vor allem die staatliche Förderung der erforderlichen öffentlichen Wasserstofftransportinfrastruktur, den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Intensivierung der öffentlichen Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, die Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Sozialpolitik sowie eine außenwirtschaftliche Flankierung.
  3. Eine große Herausforderung beim Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur besteht darin, dass alle Infrastrukturelemente aufeinander abgestimmt werden müssen. Das beginnt bei der Wasserstofferzeugung und betrifft alle weiteren Bereiche – Speicherung, Transport und Nutzung des Wasserstoffs bis hin zur dauerhaften Speicherung von Kohlenstoff. Um die daraus resultierenden Abstimmungsprobleme in den Griff zu bekommen, sollte der Staat eine koordinierende Rolle übernehmen und eine sektor- und akteursübergreifende gesamtwirtschaftliche Wasserstoffstrategie vorantreiben – idealerweise in enger Abstimmung mit einer entsprechenden Strategie auf Ebene der EU.

Internationale Aspekte der Wasserstoffindustrie

Da erneuerbare Energien zentral für die Bereitstellung von klimaneutralem Wasserstoff sind, haben sonnen- und windreiche Regionen einen Preisvorteil bei der Herstellung von grünem Wasserstoff. Prognosen erwarten, dass Deutschland bis 2050 rund 75 Prozent des jährlichen Wasserstoffbedarfs durch Importe decken wird.

Auch wenn geografisch bzw. klimatisch günstige Rahmenbedingungen Schwellen- und Entwicklungsländer des globalen Südens zu einem attraktiven Ort für die Produktion von grünem Wasserstoff machen, sollten zumindest in den nächsten Jahren die Erwartungen an die Höhe der Importmengen begrenzt bleiben. Neben Finanzierungsproblemen sind auch realwirtschaftliche Engpässe zu berücksichtigen, also fehlende Produktionskapazitäten vor Ort. Auf absehbare Zeit können aus den Schwellen- und Entwicklungsländern also – wenn überhaupt – nur begrenzte Wasserstoffimporte erwartet werden.