Stahlindustrie

Wie die Grundstoffindustrie in Deutschland klimaneutral werden kann

Bis zum Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral sein. Zentrale wirtschaftspolitische Instrumente wie die Bepreisung von Treibhausgasemissionen sind jedoch mit vielfältigen ökonomischen Folgewirkungen verbunden – insbesondere für Unternehmen mit einer emissionsintensiven Produktion und einer hohen außenwirtschaftlichen Exposition. Im Fokus stehen vor allem die Unternehmen der Grundstoffchemie, Zement- und Primärstahlproduktion, welche für mehr als 70% der deutschen Industrieemissionen verantwortlich sind. 

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Daniel Posch
Project Manager
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Dr. Marcus Wortmann
Senior Expert

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Der Industriestandort Deutschland steht unter massivem Druck. Störungen der globalen Lieferketten sowie die Energiepreis- und Kostenexplosion haben insbesondere den energieintensiven Grundstoffindustrien zugesetzt. Auch wenn sich die Energiekrise zunächst abzumildern scheint, nimmt der Druck an anderer Stelle stetig zu: Um die Klimaziele zu erreichen, sollen nach dem Willen der EU die bislang weitgehend frei zugeteilten CO2-Zertifikate für die größten Industrieemittenten in der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie abschmelzen.

Mit welcher Strategie die Wirtschaftspolitik eine Transformation der Grundstoffindustrien unterstützen könnte, wird zwar derzeit rege diskutiert. Wie genau und in welcher Kombination nationale und europäische Instrumente dabei aber zusammenwirken, ist jedoch bislang nicht zusammenhängend analysiert worden. Mit einer realitätsnahen Modellsimulation verschiedener Politikszenarien versucht die vorliegende Studie, passgenaue Politik-Mixe für die schnellstmögliche und kosteneffizienteste Transformation der drei Grundstoffindustrien zu identifizieren.

Was kann die deutsche Wirtschaftspolitik tun?

Im Dezember 2022 einigte sich die EU zwar auch auf die Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus zum Schutz der heimischen Industrie vor emissionsintensiven Importen. Doch insbesondere die Primärstahl- und Grundstoffchemieproduktion verlieren durch die europäische CO2-Bepreisung zunächst weiter an globaler Wettbewerbsfähigkeit. Und das, während parallel dazu die USA eine massive Subventionierung der Dekarbonisierung der dort produzierenden Unternehmen planen. Das Bundeswirtschaftsministerium will die inländische Industrietransformation deshalb mit Hilfe von sogenannten Klimaschutzverträgen (Carbon Contracts for Difference) unterstützen, mit denen der Staat kompensierende Kostenzuschüsse für transformierende Unternehmen gewährt.

Doch wie hoch müssen diese Subventionen wirklich ausfallen, um den kostspieligen Technologiewechsel zu stemmen und für wie lange sollten die Hilfen greifen? Wie kann dieses Instrument mit anderen ordnungsrechtlichen Vorgaben und Entwicklungstrends zusammenpassen? Für den richtigen Policy Mix mangelt es an verlässlichen Prognosen.

Neue Studie zeigt erstmals kombinierte Politikwirkungen

Um herauszufinden, wie eine möglichst schnelle und volkswirtschaftlich kostenoptimale Transformation der Grundstoffindustrien und ihr strategisch wichtiger Fortbestand in Deutschland sichergestellt werden kann, hat die Bertelsmann Stiftung die Prognos AG mit einer realitätsnahen Modellsimulation von verschiedenen Politikszenarien für die deutsche Grundstoffchemie sowie die Stahl- und Zementindustrie beauftragt.

Die erstmals in diesem Umfang mit einem agentenbasieren Ansatz ermittelten Studienergebnisse machen klar, dass es hierbei um eine klimapolitische Herkulesaufgabe geht, für die es keine „one size fits all”-Lösung geben kann.
Es bedarf einer industriespezifischen politischen Unterstützung, denn die technologischen Erfordernisse, Investitionsbedarfe und Kostenstrukturen zwischen fossiler und klimafreundlicher Produktionstechnik sowie die Handelsintensität variieren je nach Industrie deutlich. 
Zwar kann die schnellstmögliche und volkswirtschaftlich kosteneffizienteste Transformation hin zu einer CO2-neutralen Industrieproduktion in allen Fällen durch den Einsatz staatlicher Subventionen erreicht werden. Dauer und Höhe der Subventionierung sind dabei jedoch anhand des Kostennachteils der klimafreundlichen Technologie branchenspezifisch anzupassen. In der Grundstoffchemie und der Primärstahlproduktion bedarf es zusätzlich den Schutz des Inlandsmarktes durch den Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM). Das Verfahren soll globale Wettbewerbs-Nachteile von Unternehmen in der EU mit hohen CO2-Kosten entgegenwirken, indem auch Importe mit einem vergleichbaren CO2-Preis belegt werden.

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