Im Vergleich zur Gesamtzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten gibt es immer weniger Auszubildende. Das ist ablesbar an der Ausbildungsquote, die anzeigt, wieviel Auszubildende auf je 100 Beschäftigte kommen. Bundesweit ist die Quote von 6,4 Prozent im Jahr 2006 auf 5,1 Prozent im Jahr 2015 gesunken. In dem genannten Zeitraum ist die Zahl der Beschäftigten gewachsen und die der Auszubildenden gesunken. Besonders drastisch ist die Entwicklung in den östlichen Bundesländern. 1999 war dort die Ausbildungsquote noch höher als im Westen, doch seit 2006 hat sie sich halbiert. In den westdeutschen Ländern hingegen ging die Ausbildungsquote lediglich ähnlich dem bundesweiten Durchschnitt zurück.
Ausbildungsangebot
Zu einem vollwertigen Berufsabschluss gibt es zwei Wege: entweder über eine duale Ausbildung oder über eine Ausbildung im Schulberufssystem. Für die individuellen Perspektiven der Jugendlichen wie auch für den Bedarf der Wirtschaft an Fachkräftenachwuchs ist wichtig, dass genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen. Die Perspektiven für Ausbildungssuchende haben sich in den vergangenen Jahren in Deutschland verbessert.
Angebote in der dualen Ausbildung
Die duale Ausbildung ist im Kern ein Marktsystem. Wie viele Schulabgänger einen Ausbildungsvertrag im dualen System unterschreiben, ist vom Angebot der Betriebe an Ausbildungsplätzen und von der Nachfrage der Jugendlichen abhängig. Wie sich der Ausbildungsmarkt entwickelt, lässt sich unter anderem an der Angebots-Nachfrage-Relation (ANR) ablesen. Sie gibt an, wie viele Ausbildungsplätze pro 100 Ausbildungsbewerbern angeboten werden. Ist die Relation unter 100 stehen rechnerisch weniger Ausbildungsplätze als Bewerber zur Verfügung und Jugendliche haben es schwer einen Platz zu finden. Liegt der Wert über 100 % Stehen mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung als es Bewerber gibt und es wird für Betriebe schwer, jeden Ausbildungsplatz zu besetzen.
Für Ausbildungsbewerber haben sich die Chancen bundesweit verbessert. Kamen in Deutschland 2007 nur 85 Ausbildungsplätze auf 100 Bewerber, sind es 2016 bereits 94. Dennoch kann noch nicht von einer ausgeglichenen Situation auf dem Ausbildungsmarkt gesprochen werden. Die Verbesserung für den einzelnen Bewerber ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Nachfrage nach Ausbildung noch schneller sank als das Angebot: 2016 wurden bundesweit 12 Prozent weniger Ausbildungsplätze angeboten als noch 2007.
Betriebe und Jugendliche finden nicht zusammen
Selbst wenn Angebot und Nachfrage auf dem Ausbildungsmarkt ausgeglichen sind, können nicht alles Bewerber einen Ausbildungsplatz bekommen und auch nicht alle Betriebe ihre Stellen besetzen. Die Gegenüberstellung von unbesetzten Ausbildungsstellen und unvermittelten Bewerbern gibt Aufschluss über regionale oder berufliche Ungleichgewichte auf dem Ausbildungsmarkt: bei den unbesetzten Ausbildungsplätzen aus der Perspektive der Betriebe, bei den unvermittelten Bewerbern aus der Perspektive der ausbildungssuchenden Jugendlichen. Die Passungsprobleme auf dem Ausbildungsmarkt haben in den vergangenen Jahren zugenommen.
Aus Sicht der Jugendlichen haben die Ungleichgewichte zwischen 2007 und 2016 abgenommen. Der Anteil der unversorgten Bewerber ist in diesem Zeitraum in allen Bundesländern gesunken, mit Ausnahme des Saarlands, Hamburgs und Schleswig-Holsteins. Der Anteil der Ausbildungsstellen, für die Betriebe keine passenden Bewerber finden konnten, hat sich dagegen im gleichen Zeitraum in allen Bundesländern erhöht. Allerdings gibt es in den meisten Bundesländern absolut und anteilig immer noch mehr unversorgte Bewerber als unbesetzte Stellen. Besonders groß sind die Passungsprobleme zwischen Ausbildungsbetrieben und Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg.
Angebote im Schulberufssystem
Das Schulberufssystem ist staatlich organisiert. Für die meisten Berufe hier ist mindestens ein mittlerer Schulabschluss erforderlich. Den größten Anteil im Schulberufssystem machen die nach Landesrecht geregelten Berufe im Erziehungs-, Gesundheits- und Sozialwesen aus. In den westlichen Bundesländern werden auch bis zu einem Drittel Assistenzberufe und zu einem geringeren Anteil Berufe nach Berufsbildungsgesetz (BBIG) und Handwerksordnung (HwO) im Schulberufssystem angeboten.
Welche Berufe vollzeitschulisch erlernt werden können, unterscheidet sich beträchtlich zwischen den Bundesländern. Im Osten hat sich das Berufsspektrum auf Gesundheits-, Pflege- und Erziehungsberufe verengt, die 90 Prozent des Gesamtangebots einnehmen. Technische und kaufmännische Assistenzberufe spielen so gut wie keine Rolle mehr. Auch wenn diese Verengung im Westen nicht so ausgeprägt ist, ist bundesweit die Tendenz einer Verschiebung in den Berufsfeldern des Schulberufssystems hin zu den personenbezogenen Dienstleistungsberufen zu beobachten. Dadurch gehen zunehmend schulische Alternativen zu den Ausbildungen im dualen System verloren.
Hintergrundinfo
Das Forschungsprojekt "Ländermonitor berufliche Bildung 2017" des soziologischen Forschungsinstituts Göttingen (SOFI – Prof. Baethge) und der Abteilung für Wirtschaftspädagogik und Personalentwicklung der Universität Göttingen (Prof. Seeber) wird von uns gefördert. Es untersucht die Situation in den drei Sektoren der beruflichen Bildung (duales System, Schulberufssystem und Übergangssystem) in den 16 Bundesländern vergleichend und im Zeitverlauf. Für das Projekt werteten die Wissenschaftler Daten des Bundesinstituts für Berufsbildung der Bundesagentur für Arbeit der statistischen Ämter des Bundes und der Länder sowie Dokumente zu Berufsbildungspolitik aus den Bundesländern aus. Schutz- und Asylsuchende, die seit 2015 nach Deutschland gekommen sind, sind in den vorliegenden Zahlen noch nicht enthalten. Ergänzender Hinweis: Am 13. Dezember hat das Bundesinstitut für Berufsbildung Zahlen zur Entwicklung im Teilbereich duale Ausbildung im Jahr 2017 vorgelegt. Diese sind im Ländermonitor noch nicht berücksichtigt.
Näheres zu dem Projekt und den beteiligten Instituten und Wissenschaftlern finden Sie hier.