Bei den bundesweit gut 30 Psychosozialen Zentren für Flüchtlinge und Folteropfer (PSZ) warteten gemäß dem Versorgungsbericht der BAfF 2015 rund 8.000 Patienten auf eine Behandlung. Nur 1.500 davon schafften es auf die offizielle Warteliste. Im Durchschnitt erhalten Patienten erst nach sieben Monaten einen Termin für das Erstgespräch; und die meisten müssen dafür weite Wege zurücklegen, weil das nächste Traumazentrum durchschnittlich 170 Kilometer entfernt ist.
Traumatisierte Flüchtlinge werden zu spät und oftmals gar nicht therapiert
Die psychotherapeutische Versorgung von Flüchtlingen ist in Deutschland unzureichend. Zu diesem Schluss kommt eine Expertise im Auftrag der Bertelsmann Stiftung. Dem hohen Anteil traumatisierter Menschen können die wenigen Einrichtungen kaum gerecht werden.
Zulassungshürden für muttersprachliche Psychotherapeuten
Nach der Erstbehandlung im PSZ bricht die Versorgungskette häufig ab, weil die reguläre Weiterbehandlung im Zentrum an der fehlenden Ermächtigung der im PSZ tätigen Psychotherapeuten durch die Kassenärztlichen Vereinigungen scheitert. Andererseits werden Zulassungshürden und Barrieren für die dringend benötigten muttersprachlichen Psychotherapeuten nicht abgebaut. So lehnt die Kassenseite den Vorschlag der Bundespsychotherapeutenkammer ab, für deren Zulassung Sonderbedarfsgründe geltend zu machen. Nur sechs Prozent der Patienten können somit von den PSZ an einen niedergelassenen Psychotherapeuten weiter vermittelt werden. Auch die Übernahme von Dolmetscherkosten für psychotherapeutische Behandlungen ist nicht umfassend geregelt.
30 % der Geflüchteten haben psychische Erkrankungen
Studien zufolge leiden zwischen 30 und 40 Prozent der Geflüchteten unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch andere psychische Erkrankungen wie Depressionen oder Angststörungen sind in dieser Bevölkerungsgruppe weiter verbreitet als in der Allgemeinbevölkerung. Unser Fazit: Die Prozesse und Strukturen der psychotherapeutischen Versorgung müssen angesichts der Flüchtlingskrise auf den Prüfstand gestellt werden.
Neben einer besseren und verlässlichen Finanzierung der Traumazentren müsse die Zulassung von geeigneten Psychotherapeuten im Regelsystem erleichtert werden, so Mohn. Zudem sollten innovative Ansätze für Beratung und therapeutische Behandlung – etwa durch die Nutzung neuer Medien – verstärkt erprobt und implementiert werden.