Bundesstandards für Chancengerechtigkeit

7 Fragen und 7 Antworten der Bertelsmann Stiftung zur Personalausstattung in KiTas

Ansprechpartner:innen

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Anette Stein
Director
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Kathrin Bock-Famulla
Senior Expert Frühkindliche Bildung, Educational Governance und Bildungsfinanzierung

Inhalt

1. Status quo: Wie ist der derzeitige Zustand der pädagogischen Personalausstattung in deutschen KiTas?

Die Personalschlüssel in deutschen KiTas sind von Bundesland zu Bundesland höchst unterschiedlich. Der Personalressourceneinsatz lag am 01.03.2015 in Gruppen für Kinder unter drei Jahren (Krippengruppen) bundesweit bei 1 : 4,3. Allerdings besteht ein deutliches Ost-West-Gefälle: Während in den ostdeutschen Krippengruppen eine Erzieherin durchschnittlich für 6,1 Kinder zuständig ist, liegt der Wert im Westen bei 3,6 Kindern. Ähnlich groß sind die Unterschiede auf Länderebene auch für Kinder ab drei Jahren. Statistisch liegt in dieser Altersgruppe der Personalschlüssel im Westen bei 1 : 8,6 und im Osten bei 1 : 12,3.

2. Qualitätsausbau: Was empfiehlt die Bertelmann Stiftung, damit alle KiTa-Kinder in Deutschland vergleichbare Bildungs- und Entwicklungschancen erhalten?

Damit allen Kindern unabhängig von ihrem Wohnort vergleichbare Bildungschancen geboten werden, empfiehlt die Bertelsmann Stiftung, bundesweit einheitliche Qualitätsstandards für die strukturellen Rahmenbedingungen der KiTas einzuführen. Als Qualitätsstandard für Personalschlüssel schlägt sie bei der Betreuung von Kindern unter drei Jahren den Wert 1 : 3 sowie für die Altersgruppe der Kindergartenkinder (Kinder ab drei Jahren bis zur Einschulung) den Wert 1 : 7,5 vor. Neben bundeseinheitlichen Standards für Personalschlüssel (differenziert nach den Anteilen für die mittelbare pädagogische Arbeitszeit sowie die Fachkraft-Kind-Relation) sollten auch Zeitbudgets für Leitungsaufgaben sowie Qualitätskriterien für Fort- und Weiterbildungen, Fach-/Praxisberatung sowie Mittagsverpflegung festgelegt werden.

3. Zusätzlicher Personal- und Finanzbedarf: Wie viel zusätzliches pädagogisches Personal ist erforderlich, um die Personalschlüsselempfehlungen der Bertelsmann Stiftung bundesweit umzusetzen, und welche zusätzlichen Personalkosten entstehen?

Nach Abschätzungen der Bertelsmann Stiftung sind zusätzlich rund 107.000 Fachkräfte (Vollzeitkräfte) erforderlich, um die empfohlenen Personalschlüssel umzusetzen. Für diese Personalressourcen entsteht ein zusätzlicher jährlicher Finanzbedarf von rund 4,8 Milliarden Euro bundesweit. Die Personalkosten sind auf der Grundlage des TVöD SuE (Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst – Sozial- und Erziehungsdienst) berechnet worden und nehmen für jedes Bundesland eine Verteilung der Qualifikationsniveaus an, wie sie gegenwärtig bei dem bereits beschäftigten pädagogischen Personal besteht. 

4. Finanzbedarf insgesamt: Wie hoch sind die jährlichen Personalkosten insgesamt, wenn die pädagogischen Personalschlüssel bundesweit gemäß den Empfehlungen der Bertelsmann Stiftung umgesetzt würden?

Nach den Abschätzungen der Bertelsmann Stiftung fallen gegenwärtig jährlich rund 16,6 Milliarden Euro für die pädagogischen Personalkosten der KiTas bundesweit an. Bei der Berechnung der Personalkosten ist der TVöD SuE zugrunde gelegt, zudem ist die Verteilung der Qualifikationsniveaus des gegenwärtig beschäftigten pädagogischen Personals in jedem Bundesland berücksichtigt worden. Für den zusätzlichen Personalbedarf zur Realisierung der Personalschlüsselempfehlungen der Bertelmann Stiftung sind jährlich rund 4,8 Milliarden Euro erforderlich. Insgesamt müssten in Deutschland demnach für das pädagogische Personal jährlich rund 21,4 Milliarden Euro Personalkosten finanziert werden.

5. Standardbasierte Finanzierungsbeteiligung des Bundes: Wie sollen diese Personalkosten finanziert werden?

Die Finanzierung der pädagogischen Personalkosten für die Realisierung der empfohlenen Personalschlüssel erfordert eine gewaltige Kraftanstrengung. Diese lohnt sich aber, denn die KiTa-Qualität ist entscheidend für ein „gutes“ Aufwachsen und „faire“ Bildungschancen aller Kinder. Ohne ein stärkeres finanzielles Engagement des Bundes in der frühkindlichen Bildung sind diese Ausgaben allerdings für die meisten Bundesländer und Kommunen kaum zu stemmen. Die Bertelsmann Stiftung empfiehlt deshalb festzulegen, für welchen bundesweit einheitlichen Standard der Bund welche Unterstützung leistet.

6. Qualitätsorientierte Finanzierung des Bundes: Was ist die Idee der standardbasierten Finanzierungsbeteiligung des Bundes?

Zentrale Idee der standardbasierten Finanzierungsbeteiligung des Bundes ist zunächst die Einigung von Politik und Praxis auf bundeseinheitliche Standards, wie beispielsweise Personalschlüssel. Nach einer Festlegung verbindlicher Personalschlüssel kann ermittelt werden, wie viel Personal insgesamt erforderlich ist, um diesen Standard in jedem Bundesland realisieren zu können. Im nächsten Schritt können die Kosten kalkuliert werden, die in jedem Bundesland für diesen Standard entstehen, um auf dieser Basis die Finanzierungsbeteiligung des Bundes bestimmen zu können.

7. Welche Vorteile bietet eine standardbasierte Finanzierungsbeteiligung des Bundes?

Mit der vorgeschlagenen standardbasierten Finanzierungsbeteiligung des Bundes kann sehr gezielt der Ausbau genau definierter Kernbereiche der Strukturqualität von KiTas gefördert werden. Diese Ausgestaltungsform der Finanzsteuerung kann systematisch den bundesweiten Qualitätsausbau von KiTas unterstützen, so dass strukturelle Qualitätsunterschiede zwischen den Bundesländern abgebaut werden können. Darüber hinaus wird der Kostenbedarf für die jeweils definierten Qualitätsstandards transparent. Die Finanzierungsbeteiligung des Bundes in Relation zu dem Gesamtfinanzierungsbedarf kann identifiziert werden; zugleich ist es möglich, auch die erforderliche Finanzierungsbeteiligung von Ländern und Kommunen zu bestimmen. Damit werden die Anforderungen an alle beteiligten Akteure für den Qualitätsausbau transparent, und es werden faktenbasierte Grundlagen für politische Verständigungsprozesse geschaffen. Eine Umsetzungskontrolle der Standards auf Länderebene kann im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfestatistik erfolgen, die eine vorhandene – und bei Bedarf erweiterbare – Struktur bietet.