Effizientere, konsistentere und fairere Rekrutierungsprozesse dank Algorithmen?
Dabei birgt der Einsatz algorithmischer Systeme die Chance auf effizientere, konsistentere und fairere Rekrutierungsprozesse und kann Personaler:innen wertvolle Zeit verschaffen, sich auf die persönliche Interaktion mit vielversprechenden Kandidat:innen zu konzentrieren, argumentieren Carla Hustedt und Tobias Knobloch in ihrem Policy Paper, das im Rahmen des Kooperationsprojekts "Algorithmen fürs Gemeinwohl"der Stiftung Neue Verantwortung und uns entstanden ist. Das Policy Paper basiert auf den Erkenntnissen eines intersektoralen Expert:innenworkshops zum Thema "Robo Recruiting“, bei dem Entwickler:innen, Personalmanager:innen, Wissenschaftler:innen, Vertreter:innen von Arbeitgebern und des öffentlichen Sektors sowie Akteure der Zivilgesellschaft in der Stiftung Neue Verantwortung zusammen kamen, um über die Chancen und Risiken von Automatisierung im Recruiting zu diskutieren.
Der Workshop und das Policy Paper konzentrieren sich auf solche Systeme, die das Matching, also die Passung von Mitarbeiter:innen und Stellenangeboten, verbessern sollen. Es richtet sich an Interessierte aus dem Personalwesen, die sich mit algorithmischen Systeme in ihrem Arbeitsbereich bekannt machen wollen, ebenso wie an Personen, die sich in ihrer Arbeit auf Algorithmen, Künstliche Intelligenz (KI) und Big Data fokussieren und nach praktischen Anwendungsbeispielen und sektorspezifischen Herausforderungen suchen.
Die Kehrseite der Effizienz: Erhöhtes Schadenspotenial und Skalierung diskriminierender Muster
Algorithmen sind effizienter als Menschen und skalieren im Guten wie im Schlechten. Das Schadenspotential automatisierter Prozesse ist daher grundsätzlich höher als bei analogen Prozessen. Diskriminierende Muster können durch algorithmische Systeme reproduziert und potenziert werden. Algorithmische Systeme spiegeln Wertevorstellungen der Personen wider, die über ihren Einsatz entscheiden, Daten sammeln, Systeme programmieren und anwenden.
Die Autor:innen präsentieren im Policy Paper daher ein Portfolio an Lösungsansätzen, die angegangen werden müssen, damit die Systeme zu mehr Teilhabe für alle führen: Von der Einbindung von Betriebsrät:innen und Datenschutzbeauftragten in die Entwicklung der Systeme, über das explizite Testen von Datensätzen auf diskriminierende Verzerrungen und die externe Evaluation der Gesamtsysteme, bis hin zur Entwicklung von Vergleichsportalen für algorithmische Personalauswahlsoftware.
Mensch und Maschine zusammen denken
Beim Einsatz algorithmischer Systeme in der Personalgewinnung sollten neben Fragen von Recht und Gesetz und ökonomisch-unternehmerischen Erwägungen auch ethische Aspekte berücksichtigt werden. Dabei müssen auch gesamtgesellschaftliche Auswirkungen in den Blick genommen werden. Um eine gemeinwohlorientierte Nutzung der Systeme zu fördern, wird es essenziell sein, dass wir auch die Grenzen der Technologie erkennen, Software komplementär zu den menschlichen Stärken bzw. Schwächen einsetzen und sie als Anlass nutzen, um festgefahrene Strukturen und Prozesse zu hinterfragen. Fragen wie "Was macht eine:n guten Mitarbeiter:in aus?" oder "Für welche Werte steht mein Unternehmen?" müssen für den Einsatz algorithmischer Systeme neu und sehr viel genauer beantwortet werden, als dies bislang nötig war. Diese für maschinelle Prozesse nötige Präzision lässt sich auch als Chance für mehr Menschlichkeit im Personalwesen begreifen.