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Prüfverfahren macht Qualität von DiGA transparent

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gewinnen in der Versorgung an Bedeutung, sei es in der Behandlung chronischer Erkrankungen, bei psychischen Belastungen oder zur Prävention. Doch wie gut sind diese Anwendungen wirklich? Unsere Bewertung digitaler Gesundheitsanwendungen zeigt, dass die medizinische Qualität von DiGA und Unterschiede in ihrer Evidenzlage systematisch und transparent dargestellt werden können. Dies ist ein entscheidender Schritt, um Patientinnen und Patienten sowie der Ärzteschaft und anderen Stakeholdern Orientierung zu bieten.

DiGA haben großes Potenzial, Versorgungslücken zu schließen und in hybriden Modellen die Behandlung zu unterstützen. Zwar werden alle erstattungsfähigen DiGA einer Prüfung durch das BfArM unterzogen, doch wie lassen sich Unterschiede in der fachlichen Fundierung und publizierten Evidenz erkennen?

Unser Ziel ist es, eine objektive und unabhängige Bewertung der medizinischen Qualität von DiGA auf einen Blick zu ermöglichen. Insbesondere bei Ärztinnen und Ärzten, die DiGA verschreiben können, besteht ein dringender Bedarf an qualitätsgesicherten Informationen. Auch Patientinnen und Patienten, die DiGA anwenden möchten, benötigen klare und verständliche Orientierungshilfen. Deshalb setzen wir auf umfassende Transparenz und eine differenzierte Darstellung der medizinischen Qualität und publizierten Evidenz.

Unser Prüfansatz

Die BSt Gesundheit gGmbH wurde in der Entwicklung der Methodik unterstützt und beraten vom Gutachten-Board Medizin (GBM), das die Methode initial (mit-)entwickelt hat und im weiteren Prozess als eine Art Kontrollgremium für deren Absicherung und Weiterentwicklung sorgte. Die Mitglieder erstellen selbst keine Gutachten, sondern begleiteten den Begutachtungsprozess.

Dem GBM gehören folgende Personen an:

  • Jun.-Prof. Dr. Maike Henningsen, Juniorprofessur für Digitale Medizin, Universität Witten / Herdecke, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe
  • Jun.-Prof. Dr. Stefanie Jungmann, Juniorprofessur für Klinische Psychologie & Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universität Mainz
  • Prof. Dr. Jochen Klucken, Professur für Digital Medicine, Universität Luxemburg, Facharzt für Neurologie
  • Univ.-Prof. Dr. Sebastian Kuhn, Professur für Digitale Medizin, Universität Bielefeld, Facharzt für Orthopädie & Unfallchirurgie (Vorsitzender GBM)
  • Sabine Maur, Praxis für Verhaltenstherapie, Mainz, Psychologische Psychotherapeutin
  • Prof. Dr. Martin Möckel, Ärztlicher Leiter Notfallmedizin / zentrale Notaufnahmen und Chest Pain Units Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum, Professor für kardiovaskuläre Prozessforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Kardiologie und Internistische Intensivmedizin; ZWB Notfallmedizin und Klinische Notfall- und Akutmedizin
  • Dr. Olaf Schmidt, Pneumologische Gemeinschaftspraxis, Koblenz, Facharzt für Innere Medizin
  • Prof. Dr. Christoph Schöbel, Professur für Schlaf- und Telemedizin, Universität Duisburg-Essen, Facharzt für Innere Medizin
  • Dr. Robin Weidemann, Geschäftsleitung Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, Facharzt für Innere Medizin

Für die Bewertung der DiGA hat unser Gutachten-Board Medizin einen mehrstufigen Begutachtungsprozess entwickelt, der zwei zentrale Dimensionen betrachtet:

  1. Die medizinisch-fachliche Fundierung – Sind die Konzepte und Inhalte der DiGA evidenzbasiert und wissenschaftlich fundiert?
  2. Die Qualität der publizierten Evidenz – Gibt es qualitativ hochwertige Studien, die die Wirksamkeit der DiGA belegen?

Die Prüfung erfolgte, indem jede DiGA von zwei externen Fachexperten begutachtet wurde und die Gutachten wiederum von mindestens zwei weiteren externen Fachexperten ausgewertet und zusammengefasst wurden, um die Gesamtbewertung festzulegen.

Dieser Ansatz ermöglicht eine differenzierte Betrachtung der Qualität und zeigt Stärken wie Schwächen der DiGA auf. Das zugrundeliegende beschreibt den Bewertungsprozess.

Was wurde geprüft?

Nach Abschluss der Pilotphase wurden neun DiGA in vier Indikationsbereichen begutachtet. Alle Anwendungen wurden in der medizinisch-fachlichen Fundierung, der Qualität der publizierten Evidenz und der Gesamtbewertung (0 bis 3 Sterne) bewertet. Die Bewertungen illustrieren, dass besonders die medizinisch-fachliche Fundierung bei den meisten Anwendungen hoch ausfällt. Im Bereich der publizierten Evidenz wurde bei 7 von 9 DiGA eine mittlere Bewertung vergeben. An üblichen Standards der medizinischen Evidenz gemessen, liegt für viele DiGA (noch) keine ausreichende Zahl hochqualitativer Studien vor, um eine uneingeschränkte Empfehlung aussprechen zu können. Zu jeder DiGA wurde ein ausführlicher Ergebnisbericht veröffentlicht (s.u.). 

Schlussfolgerungen

Unsere Prüfung belegt, dass es möglich ist, die Qualität von DiGA transparent und vergleichend darzustellen. Dennoch wurde deutlich, dass der Zugang zu zielgruppenspezifisch aufbereiteten Informationen über die Qualität von DiGA verbessert werden muss – hilfreich wäre eine frei zugängliche Plattform für fundierte DiGA-Informationen und Testzugänge. Eine klare, medizinische Fundierung sowie plausible Evidenz sind entscheidend. Unabhängige Vergleichsstudien könnten helfen, die Forschung zu DiGA zu stärken und Interessenkonflikte zu minimieren. In der Praxis können hybride Modelle digitale Tools mit medizinischen Dienstleistungen kombinieren, was durch entsprechende Prüfsystematik und Erstattungsfähigkeit gefördert werden kann. Um die Anwendung von DiGA zu fördern, sollten Universitätskliniken, Fachgesellschaften und andere mit Fortbildungen betraute Stakeholder curriculare Inhalte zu DiGA integrieren. Des Weiteren sollten auch Regulatoren und Kostenträger in der Lage sein, den gesamten Lebenszyklus digitaler Gesundheitsanwendungen zu begleiten, um die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards sicherzustellen.

Fazit und Methode