Die vorliegende Expertise bietet eine systematische und differenzierte Analyse dieser antisemitischen Erscheinungsformen in Deutschland. Sie zeigt auf, wie sich antisemitische Narrative in unterschiedlichen Milieus – von rechtsextremen bis islamistisch und postkolonial geprägten – manifestieren und welche ideologischen Funktionen sie erfüllen. Dabei wird Antisemitismus nicht als isoliertes Vorurteil verstanden, sondern als Ausdruck kollektiver Identitätsbildung, in der sich gesellschaftliche Gruppen durch die Abwertung „der Juden“ selbst vergewissern.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der gegenwärtigen Antisemitismusprävention. Die Expertise nimmt vielfach bewährte pädagogische und zivilgesellschaftliche Ansätze in den Blick und verweist auf die Gefahren, die aus politisch-medial-rechtlicher Polarisierung, unklarer Begrifflichkeiten oder verkürzter Israelkritik resultieren. Sie plädiert für eine vertiefte historische Auseinandersetzung, Ambiguitätstoleranz und Selbstreflexion als Grundlage wirksamer Prävention.
Die Publikation ergänzt die laufenden Studien der Bertelsmann Stiftung zur gegenseitigen Wahrnehmung zwischen Deutschen und Israelis um eine zentrale analytische Perspektive. Wie unsere Studie „Deutschland und Israel heute. Zwischen Stabilität und Spannung“ gezeigt hat, ist Antisemitismus ein kritischer Stresstest für unsere politische Kultur, unser historisches Verantwortungsbewusstsein und unsere Fähigkeit zu kritischer Solidarität mit Israel.