Jemand hält ein Smartphone in der Hand, man sieht verschiedene Apps

Woran lässt sich die medizinische Qualität einer digitalen Gesundheitsanwendung festmachen?

Mit der „App auf Rezept“ wurde das ärztliche Behandlungsspektrum im Oktober 2020 um zahlreiche digitale Hilfsmittel erweitert. Doch noch sind digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) weit davon entfernt, ein selbstverständlicher Teil des Versorgungsalltags zu sein. Das liegt auch daran, dass Ärztinnen und Ärzte sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten bei der Verordnung mit einer zentralen Fragstellung konfrontiert sind: Woran lässt sich die medizinische Qualität einer DiGA festmachen? Und welche konkreten Vorteile bietet eine DiGA? Gemeinsam mit einem Gutachten-Board Medizin, bestehend aus digitalaffinen Gesundheitsfachleuten, haben wir daher eine Methode zur medizinischen Begutachtung von DiGA entwickelt.

Für die Auswahl und Nutzung einer DiGA stellt die medizinische Qualität einen zentralen Paramater dar. Diese aus medizinischer Perspektive zu bewerten, bedarf noch der Anpassung gängiger Methoden, wie sie für Arzneimittel oder klassische Medizinprodukte gelten. Bislang haben sich aber noch keine allgemein anerkannten und nachhaltigen Standards für die DiGA-Bewertung etabliert.

Entwicklung eines mehrstufigen Begutachtungsprozesses
Im Projekt „Trusted-Health-Apps” haben die Bertelsmann Stiftung und ihre Tochtergesellschaft Weisse Liste gemeinsam mit dem dafür eingerichteten Gutachten-Board Medizin (GBM) ein mehrstufiges Verfahren zur Feststellung der medizinischen Güte von DiGA entwickelt (s. Abbildung).

In der nun weitgehend abgeschlossenen Pilotphase wurde die Methode erprobt und in einem Dokument umfassend beschrieben. Vor dem Hintergrund der Dynamik, die die Entwicklung im Feld kennzeichnet, ist das Verfahren jedoch so angelegt, dass es anpassungsoffen und handhabbar bleibt. Dementsprechend kann das Dokument im Zuge der Weiterentwicklung der Methode kontinuierlich angepasst werden.

Zielsetzung Qualitätstransparenz
Ziel der Begutachtung ist eine unabhängige, möglichst objektive und aussagekräftige DiGA-Bewertung, in die externe Fachexpertinnen und Fachexperten in unterschiedlichen Rollen eingebunden sind.

Zwei Leitfragen bilden dabei den Rahmen:

  • Inwieweit beruht die Anwendung und ihr Wirkversprechen auf dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens im Fachgebiet? 
  • Sind die angestrebten positiven Versorgungseffekte der Anwendung nachgewiesen und wie gut ist die Qualität dieser Nachweise?

Perspektivisch wird eine enge Zusammenarbeit mit medizinischen Fachgesellschaften angestrebt.

Das Projekt „Trusted-Health-Apps"
Seit 2019 befasst sich das Projekt mit der Frage, wie die Qualität von DiGA transparent gemacht werden kann. Übergeordnetes Ziel ist es, nutzenstiftende DiGA in den Versorgungsalltag zu integrieren und so die Versorgung zu verbessern. Vor dem Hintergrund der im Projekt gewonnen praktischen Erfahrung wollen die Projektverantwortlichen und die Mitglieder des Gutachten-Board Medizin Impulse zur Weiterentwicklung von Qualitätsstandards geben. Zudem sollen verschiedene Stakeholder konkrete Hinweise für die Qualitätsentwicklung von DiGA sowie für die Generierung von Evidenz über die intendierten positiven Versorgungseffekte erhalten.

Die Mitglieder des Gutachten-Board Medizin
Das Gutachten-Board Medizin (GBM) besteht aus ärztlichen und psychologischen Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen. Aktuell gehören dem GBM folgende Personen an:

Die Mitglieder des Gutachterboards

Jun.-Prof. Dr. Maike Henningsen

Juniorprofessur für Digitale Medizin, Universität Witten/Herdecke, Fachärztin für Gynäkologie und Geburtshilfe

Jun.-Prof. Dr. Stefanie Jungmann

Juniorprofessur für Klinische Psychologie & Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universität Mainz

Prof. Dr. Jochen Klucken

Professur für Digital Medicine, Universität Luxemburg, Facharzt für Neurologie

Prof. Dr. Sebastian Kuhn

Professur für Digitale Medizin, Universität Bielefeld, Facharzt für Orthopädie & Unfallchirurgie (Vorsitzender GBM)

Dr. Johanna Ludwig

Unfallkrankenhaus Berlin, Fachärztin für Orthopädie & Unfallchirurgie

Sabine Maur

Praxis für Verhaltenstherapie, Mainz, Psychologische Psychotherapeutin

Prof. Dr. Martin Möckel

Ärztlicher Leiter Notfallmedizin/zentrale Notaufnahmen und Chest Pain Units Campus Charité Mitte und Campus Virchow-Klinikum, Professor für kardiovaskuläre Prozessforschung, Charité – Universitätsmedizin Berlin, Facharzt für Innere Medizin, Nephrologie, Kardiologie und Internistische Intensivmedizin; ZWB Notfallmedizin und Klinische Notfall- und Akutmedizin

Dr. Olaf Schmidt

Pneumologische Gemeinschaftspraxis, Koblenz, Facharzt für Innere Medizin

Prof. Dr. Christoph Schöbel

Professur für Schlaf- und Telemedizin, Universität Duisburg-Essen, Facharzt für Innere Medizin

Dr. Robin Weidemann

Geschäftsleitung Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Dresden, Facharzt für Innere Medizin