Diese optimistischen Ergebnisse sollten jedoch nicht täuschen. Beide Rednerinnen warnten vor diversen klaren Risiken und Bedrohungen. Die amerikanische Demokratie war schon immer stark von großen, wertebasierten Erzählungen abhängig und erlebt derzeit eine Anfechtung dieser Erzählungen. Das “Skelett der Institutionen hält zwar noch, aber das Knochenmark erodiert", betonte Cathryn Clüver Ashbrook und wies darauf hin, dass die so genannten Wahlverweigerer und die Medien Nihilismus und Relativismus in den öffentlichen Diskurs einbringen und damit die Glaubwürdigkeit des Systems untergraben.
Auch die Stabilität des US-Wahlsystems ist erschüttert. Die Zeit bis zu den Zwischenwahlen wird in Erinnerung bleiben durch aktives Gerrymandering, Filibuster, rechtliche Anfechtungen der Wahlergebnisse, den Zustrom von "dunklem Geld" (Kryptogeld) in den Wahlkampf - ein neues Spektrum von Herausforderungen für die US-Wahldemokratie.
Schließlich fanden diese Zwischenwahlen in einer Atmosphäre nie dagewesener Polarisierung statt. Der gesellschaftliche Diskurs wird geprägt von Kulturkriegen, wachsender Feindseligkeit zwischen gesellschaftlichen Gruppen und dem Kampf zwischen zwei Vorstellungen davon, was es bedeutet, die Demokratie zu schützen: die Einhaltung der Regeln oder die Bereitschaft, imaginäre "gestohlene Wahlen" mit offen getragenen Waffen zu verteidigen.
Der Missbrauch institutioneller Schlupflöcher, die Anfechtung von Grundnormen und die oft absichtlich herbeigeführte kulturelle und gesellschaftliche Entfremdung und Polarisierung - das "Menü der Herausforderungen" für die US-Demokratie bleibt vielfältig.